Kapitel 80

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Arran erreichte die Tür zum Treppenhaus. Vor ihm drängten bereits einige hindurch und als er ihnen folgte, erkannte er, das Mortes dort nicht auf sie wartete. Sie hatten das Treppenhaus aufgegeben um im Erdgeschoss auf sie alle zu warten. Oder war es, das Lirios auf dem Platz ins Hotel drängten und Mortes sonst umzingelt war? Was auch immer es war. Arran lief durch die Tür und die Treppen hinauf. Die Treppen führten ihn einmal im Kreis höher und mit jeder Treppenstufe wurden die Geräusche des Kampfes lauter. Am Zugang zum Treppenhaus stockte es. Eine Salve an Schüssen schien das Treppenhaus non stop zu beschießen, kaum das sich jemand in den Durchgang wagte. Lirios Männer hatten Respekt und Brook war nicht hier um sie anzutreiben. So ehrfürchtig Lirio gegenüber ihrem Boss auch war, sie waren auch Menschen mit Gefühlen und Arran sah die Angst auf ihren Gesichtern. Er biss die Zähne zusammen. Auch er hatte Respekt. Auch er spürte Angst, doch er wusste irgendjemand musste den ersten Schritt machen. Also drängte er sich durch die Leute hindurch und die letzten Stufen hinauf. Als erkannten sie, das er es wagen wollte, wichen sie zurück und machten ihm platz. Er würde hier nicht seine Zeit vergeuden. Er war gekommen um es zu beenden und nicht, um in Angst einzugehen. Mit ernstem Gesicht sprang er regelrecht an die Wand neben die Tür. Wieder erklangen Schüsse und Funken verkündeten, wo die Kugeln auf den Treppen aufgekommen waren. Löcher begannen sich bereits darin zu bilden. Egal wie der Kampf ausging, das Hotel würde danach nicht mehr das selbe sein. Es war seltsam. Arran hatte hier gelebt. Er hatte ihr seinen Rückzug gefunden. Es war sein zu Hause gewesen und jetzt musste er sein eigenes Zuhause angreifen um es für immer zu verlassen. Doch immerhin. Er war auf vertrautem Gelände. Er kannte jede Säule, jede Ecke, jede Kamera, die das Hotel zu bieten hatte. Er schloss die Augen und lauschte ins Erdgeschoss hinein. Sein Atem stoppte fast, weil er jede Stille und jede Konzentration brauchte, die er finden konnte. Sein Herzschlag wurde ruhiger, wieder hörte er die Schüsse. Er wusste Rico und Leo waren ihm gefolgt. Waren den Schüssen ausgewichen wie er es war. Er hörte schnelle Schritte, die neben ihm stoppten und erhörte das Maschinengewehr. Es waren mehrere, doch sie standen nicht direkt vor der Tür. Dort draußen war ein Schlachtfeld. Die Schützen, die ihren Durchgang blockierten, standen höher. Irgendwo die Treppen hoch und sie zielten gut. Endlich atmete Arran wieder. Nahm einen tiefen langen Atemzug. Öffnete seine Augen. Er könnte hier ewig stehen und auf ein Wunder warten, oder er würde das Wunder werden. Wenn dieses Schützen fielen, könnten sich Brooks Männern den anderen anschließen. Dann könnten sie Mortes nicht nur von außen anrennend angreifen, sondern endlich vom Inneren her überwältigen. Es war ein letzter Herzschlag bei dem er an Naia dachte. Er würde überleben. Er konnte das schaffen. Er musste das schaffen, den er wollte nicht, das sie ihn ein weiteres Mal verlor. Wenn, wäre es ein endgültiger Abschied und sie hatte das nicht verdient. Sie hatte so lange gewartet. Auf ihn. Er würde zu ihr zurück kehren und so sprang er los. In seinem Kopf sah er eine Säule auf die er zielte. Er hörte die Schüsse, er spürte wie etwas seinen Arm streifte, gefolgt von einem brennenden Schmerz. Er wirbelte trotzdem weiter und erreichte die Säule. Sofort stoppte er mit dem Rücken gegen die Säule gepresst. Die Waffe fest im Griff. In den Augenwinkeln sah er, das Rico ihm gefolgt war, aber nicht die rechte sondern die linke Säule anvisiert hatte. Es war ein beruhigendes Gefühl ihn an seiner Seite zu wissen. Sie hoben den Blick und sahen sich an. Ein Blick, der ihre stumme Frage enthielt. Bereit? Es war ein Grinsen, das sie sich schenkten und sie wussten, sie würden das durchziehen. Obwohl Arrans Adern vollgepumt waren mit Adrenalin, war er ruhig. Er sah wie Leo plötzlich durch die Tür rollte. Das war der Moment. Sofort sprang er auf und wirbelte zeitgleich mit Rico um die Säule herum und schoss. Er hatte sie gesehen. In einem Sekundbruchteil bevor er hinter der Säule verschwunden war. Er sah wie jemand in sich zusammensackte. Einer weniger. Erkannte er, ehe er weiter sprang. Hinter die nächste Säule sprintete. Schüsse folgten ihm, denen er mit einem Zick Zack Kurs auswich. Näher zu den Treppen hoch in den ersten Stock, der noch immer zum Grundgebäude des Hotels gehörte und wie eine Erweiterung des Erdgeschoss wirkte. Das Hotel offen und weiträumig wirken ließ. Nun konnte er Rico nicht mehr sehen. Nur Leo und er war erleichtert, das auch er es lebend geschafft hatte. Wenigstens bis hier her. Er lugte vorsichtig um die Säule herum. In der ferne konnte er Mortes sehen, die den Haupteingang mit allem verteidigten, das sie hatten. Jemand schrie einen lauten Befehl und sofort wandten sich zeitgleich mehrere um. Sahen in seine Richtung. Er würde also nicht der Held werden, der dem Rest den Weg freimachen würde. Er würde der Support sein, der Mortes zurückhielt. Leo rannte weiter. Wählte eine Säule ein Stück weiter ins Gebäude hinein. Wieder waren Schüsse zu hören und Arran hörte Leos zischen. Leo wollte ihn unterstützen und so würde es hoffentlich Rico sein, der die Heldentat vollbrachte. Arran sah Leo erst, als er sich um die Säule schwang und Richtung Haupteingang zielte. Irgendwo neben ihm sah er den Lauf eines Maschinengewehres. Leo. Sie schossen und einige Mortes hauchten ihr Leben aus. Sie waren leichte Ziele für Arran. Doch sofort wurde er wieder beschossen. Von zwei Seiten. Er wich schlagartig zurück und sah in einer anderen Säule die Kugel, die für seinen Kopf bestimmt gewesen war. Er hörte einen Schrei und sah wie jemand bei der Treppenhaustür zusammenbrach. Dieser Lirio hatte es nicht geschafft. Doch er war eine gute Ablenkung. Wieder tauchte Arran auf und schoss. Als er zurück wich, zog er eine Granate aus einer Hosentasche hervor. Er zögerte nicht. Zog den Stift heraus und warf. Wenn die Bleikugeln den Marmorboden nicht zerstört hatten, dann war es spätestens die Explosion, die das Hotel erschütterte. Arran hatte keine Wahl gehabt. Mortes drängten auf ihn zu. Außerdem war der ohrenbetäubende Lärm und die herumfliegenden Splitter die perfekte Gelegenheit gewesen. Weitere Lirios tauchten auf und begannen Säule für Säule einzunehmen. Wieder erschütterte einen Explosion das Hotel. Ein Piepen setzte in Arrans Ohren ein, doch er ignorierte das einfach. Er konnte das nicht allein Rico überlassen und so machte er an seiner Säule platz und sprintete Richtung Treppe. Er hörte durch das Pfeifen seiner Ohren hinweg Schreie ihm ersten Stock, gefolgt von lauten Befehlen. Mortes Befehlen. Brooks Männer mussten das Aufzugseile mittlerweile hoch in den ersten Stock geklettert sein und waren über einen anschließenden Lüftungsschacht hinter Mortes erschienen. Immer mehr von Brooks Männern begann das Erdgeschoss zu erstürmen. Genug, das Mortes am Eingang und jene auf den Treppen beschäftigt waren. Wie lange wollte Rico noch brauchen, schoss es Arran besorgt durch den Kopf. Sie mussten auch das Gitter vor dem Haupteingang endlich heben. Dann könnten die anderen Lirios endlich ins Innere drängen. Arran konnte seine Neugier nicht bremsen und tauchte kurz hinter seiner Säule auf. Wich aber den Schüssen sofort wieder dahinter aus. Er hatte genug gesehen. Rico war auf dem Weg Richtung Rezeption. Dort würde der Schalter sein. Die gläserne Front des Haupteinganges war bereits zersplittert. Nur noch das Rollgitter hielt Lirio vom Inneren fern. Auch wenn das Rollgitter hier und dort von den Wägen eingedrückt war. Es war eine gute Ablenkung gewesen von Brooks Aktion, doch hoffentlich würden sich die Gitter noch öffnen. „HALTET IHN AUF!" Brüllte es im ersten Stock. Sie hatten Rico bemerkt. Der geschrieene Befehl erklang in dem Moment, als die Rollgitter, wie die Tiefgaragentor, zu Rumpeln begannen. Wieder zog Arran eine Granate hervor und zog den Stift, nur um sie Richtung Haupteingang zu werfen. Sie mussten Mortes dort vertreiben. Immer wieder sprang Arran hervor und mit jedenmal sah er mehr, wie das Gitter sich öffnete. Das Ausmaß des Blutbades vor dem Hotel offenbarte. Arran hatte schon immer gekämpft und getötete. Er hatte die Abgründe der menschlichen Taten erlebt und doch, das hier war anders. Das hier war Krieg. Ein richtiger Krieg. Zwei Fronten, die erbittert um ein kleines Stück Erde kämpften. Wie viele Familien würden von all diesen Toten zurückgelassen werden? Wie viel Leid konnte eine einzige Nacht in Milestone hinterlassen? Arran wusste nur eines. Jeder noch so unscheinbare Tod, war einer zu viel und wenn er das stoppen wollte, dann musste er jetzt hoch. Dorthin wo sie Muro finden würden. In Blancos altem Büro.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWhere stories live. Discover now