Kapitel 46.1

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Die Sonne war bereits dabei unter zu gehen, als Arran endlich alles für den Tag erledigt hatte. Um den Rest würden seine Männer kümmern. Es war seltsam, als er sein Zimmer verließ, als wäre es wirklich nicht mehr als ein Büro und zu ihrem Zimmer lief. Wie schon zuvor stand ein Bodyguard davor. Ein anderer, aber nicht minder desinteressiert an ihm und der Welt. Schon von außen konnte er Lachen hören und für einen Moment blieb er einfach vor der Tür stehen. Schloss die Augen und horchte in den Raum hinein. Das der Bodyguard ihn dabei beobachtete, ignorierte er einfach. Es spielte keine Rolle. Stattdessen lauschte er den vielen Stimmen. Naia sah wieder ihre Serie. Er wartete um sich selbst zu sammeln. Es war noch immer so seltsam, das sie hier war. Für Augenblicke stand er einfach dort um ihr unbeschwertes Lachen zu hören. Rico schien seine Arbeit gut gemacht zu haben. Er hörte zu, einfach nur, weil er wusste, sie würde aufhören zu lachen, sobald er klopfte. Doch schließlich hob er doch die Hand an die Tür und als das Pochen erklang, erstarb ihr Lachen sofort. Es musste ihr Angst machen. Sie musste sich fürchten wer hereinkam und so zögerte er nicht länger und öffnete einfach die Tür. Neben ihm erschallte der Fernseher, während seine Augen ihre fanden. Dort war tatsächlich Angst. Rico war aufgestanden mit einer Hand an seiner Waffe. Das musste Arran seinem schwarzhaarigen Kumpel lassen. Er nahm seinen Job ernst. War es, weil er noch immer an dieser scheinbaren Schuld festhielt? „Ich bins." Sagte er unnützerweise. Ihr Gesicht wirkte sofort erleichtert und Ricos löste seine verkrampfte Haltung. „Du bists." Antwortete Rico beruhigt und genauso unnütz. Sie gaben einfach nur das Offensichtliche wieder. Naia griff sofort nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus, während Arran die Tür schloss und endgültig eintrat. Für einen Moment war es eine seltsame Stimmung. Was sollten sie sich sagen? Was sollte jetzt passieren? Für einen Augenblick sah Naia traurig aus. Dachte sie das selbe wie er? Das es falsch oder scheinheilig wäre zu fragen, wie der Tag so war. Es fühlte sich fremd an, weil sie sich so lange nicht gesehen hatten und jetzt? Sie fürchtete sich vor ihm. Der Person, die den ganzen Tag Dinge geplant hatte die deutlich schlimmer waren als der Schuss auf diesen Mortes am Friedhof. „Rico. Du kannst gehen. Ich hoffe du hast ihr nichts falsches gesagt, sonst mach ich meine Drohung war." Rico stand noch immer am Sofa, doch jetzt richtete er sich ganz auf. „Ich bin doch nicht lebensmüde, Rojo." Rojo.. Naias Traurigkeit wurde für einen Moment leer, als versuchte sie sich nicht anmerken zu lassen, was der Name für sie bedeutete. Das sie ahnte, was er heute so tun musste. In dieses seltsame Schweigen hinein, setzte Rico sich in Bewegung. „Sie hat mit dem Abendessen gewartet." Flüsterte Rico Arran im vorbeigehen zu. Arran nickte leicht, ehe die Tür sich schon wieder öffnete. „Bis morgen." Verabschiedete sich Rico und nun stand auch Naia auf. „Bis morgen Rico." Das Holz fiel ins Schloss und mit einem Mal waren sie allein. Arran konnte es nicht benennen. Gestern war er hier gewesen um sie zu trösten. Was war heute? Sie wirkte als hätte sie sich gefangen. Sollte er gehen? Vor seinen Augen begann Naia sich zu bewegen. Als sie zu ihm sah, pochte sein Herz. Erinnerte sich an den Moment heute morgen. Doch sie lief einfach an ihm vorbei und ging zum Fenster. Er folgte ihr mit seinen Augen. Immer noch unschlüssig, wie er sich verhalten sollte. Sein Herzschlag irritierte ihn. Wäre sie jemand anderes. Irgendein Mädchen. Er hätte keinerlei skrupell die Angst zu ignorieren und sie zu verführen. Doch das dort war nicht irgend ein Mädchen. Das dort war Naia. So würde er niemals mit ihm umgehen wollen. Nicht sie. Nicht sein Himmel. Er würde warten, bis sie in ihm wieder diesen dummen Werewolf sah. Auch wenn es bedeutete, das er umsonst wartete. Was also sollte er jetzt sagen, während sein Körper etwas völlig anderes wollte? „Die Sonne geht unter." Brach Naia das Schweigen. „Ich mochte es immer den Sonnenuntergang vom Cafedach anzuschauen, aber von hier oben, sieht es noch viel besser aus." Er lächelte schwach, während er langsam näher trat. Einfach um sich zu beweisen, das sie jetzt kein Gift für ihn war. „Du hättest auch die Sonnenaufgänge geliebt, wenn du sie nicht immer verschlafen hättest." Antwortete er ihr mahnend und dort war tatsächlich ein Lächeln auf ihren Lippen. Kurz musterte er es, ehe er ebenfalls aus dem Fenster sah. Ein blutroter Himmel tauchte die Skyline der Stadt in Schwärze, während die Sonne langsam hinter den Häusern verschwand. Ein wunderschöner roter Himmel. Er hatte ihn so oft gesehen, doch mit einem mal, hatte er eine neue Bedeutung für ihn. „Weißt du, wie man dich hier nennt?" Fragte er plötzlich mit einem Schmunzeln und sie sah nachdenklich zu ihm hinauf. „Cielo?" Riet sie ins Schwarze hinein. Kein schlechter Tipp. Sie hatte immerhin gehört wie Blanco von ihr gesprochen hatte. „Fast. Rojos Cielo." Für einen Moment machte sein Herzschlag eine Pause, denn er offenbarte etwas peinliches. Etwas, das alles verriet, was er dachte. Doch was machte er sich vor. Sie wusste es doch eh. Zu seiner Überraschung begann sie zu kichern. „Das ist völlig falsch." Sie sagte es so amüsiert, das er sie ärgerlich anfunkelte. „Was daran ist bitte falsch?" „Wer sagt den Rot's Himmel? Sie sollten viel eher sagen: Su cielo rojo. Sein roter Himmel." Völlig verwirrt wiederholte er einfach ihre Worte. „Mein roter Himmel?" Er sagte es ohne sich bewusst zu sein, das er damit nur noch mehr offenbarte. „Si." „Was an dir ist denn rot?" Fragte er skeptisch. Sie sah kurz lächelnd zu ihm hinauf, ehe sie wieder aus dem Fenster blickte. Im Schein der untergehenden Sonne begann ihr blondes Haar orange zu leuchten und ihre Haut wirkte rötlich. Es war als hätte sie sich auf ihren Satz hin in rot getaucht. „Jeder sieht den Himmel den ganzen Tag. Manchmal ist er von Wolken verhangen, manchmal strahlt er leuchtend blau. Doch der Moment, wenn man den Himmel mit einem Hauch von Ehrfurcht beobachtet. Wenn man das Gefühl hat ein kleines einmaliges Wunder zu sehen, das ist immer dann, wenn der Himmel strahlend rot leuchtet. Dann kleben die Augen der Beobachter daran, als gäbe es nichts anderes." Sie sprach vom Himmel, doch in diesem Moment lagen seine Augen nur auf ihr. Sie hatte Recht. Ein blauer schlichter Himmel konnte ihr niemals gerecht werden. „Gangmitglieder sollen dich in aller Ruhe seinen roten Himmel nennen? Das ist etwas unrealistisch. Vielleicht sollen sie auch erstmal sinnvoll mit dir über dieses und jenes Problem diskutieren?" Sie sah zu ihm hinauf und dort lag wieder ihre Stärke. „Ich glaube es würde euch gut tun, wenn ihr das mal probiert. Ist auf jedenfall schöner als. Dein Schwanz ist so kurz wie mein Gang zu meinem scheiß Zimmer." Er sah sie buff an. Sie hatte einfach umgeschalten und erinnerte ihn wieder daran, das sie nicht mehr dieses kränkliche schwache Kind war. Auch sie hatte sich verändert. „Scheiß hab ich nicht gesagt." Selbst er hörte, wie keinlich er klang. „Wollen wir wetten, das du es gedacht hast?" Sie grinste ihm zu und er sah einfach von ihr weg und wieder zum Fenster hinaus. „Dann bin ich ja froh das du mit 16 nicht den magischen Vollmond genommen hast, weil man auch von ihm seine Augen nicht lösen kann. Tu luna llena. Ihr Vollmond. Das klingt sowas von uncool." Gott hoffentlich fing sie nicht an das aus Spaß zu sagen. „Ein Vollmond ist elegant und magisch. Kein Vollmond würde so mit seinen Freunden reden. Nein. Viel Fell, Krallen und Zähne, das passt besser zu dir." Er schloss seine Augen und für einen Moment stoppte jeder seiner Atemzüge. Sie hatte es nicht gesagt. Sie hatte es ernst gemeint. Sie würde ihn nicht Werewolf nennen, bevor sie das Lieben konnte, was er war. Es ließ ihn fühlen, wie es sein würde wirklich ein Werewolf zu sein. Es war wie ein Messer, das sein Herz durchbohrte, in einem so unbeschwerten Moment. Ihre Reaktion heute morgen und ihre Worte von seinem roten Himmel hatten ihn für den Augenblick vergessen lassen, wie sie wirklich fühlte. „Arran." Setzte Naia langsam an. Er spürte ihren Blick. Sie tat es wieder. Fokussiert starrte Arran aus dem Fenster. Die Sonne war untergegangen, doch ein kleiner roter Streifen war noch von dem wunderschönen roten Himmel übrig. War das das Fünkchen Hoffnung in seinem Herzen? „Wir sollten Essen bestellen. Ich kam noch nicht dazu. Hast du keinen Hunger?" Unterbrach Arran einfach, was auch immer Naia hätte fragen bzw. sagen wollen. Das Rot löste sich langsam auf und so wandte auch er den Blick ab. Blickte zu seiner alten Freundin herunter. Er sah den Widerwillen in ihren Augen, doch schließlich nickte sie. „Essen klingt gut." Es war besser so. Er wollte von ihr nicht für etwas getröstet werden, das er selbst verbockt hatte. Er hätte es haben können, wenn er nur die richtigen Entscheidungen getroffen hätte. Wäre er nicht so geblendet von Summers Tod in seinen eigenen Untergang gerannt. Seinen und ihren.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWhere stories live. Discover now