Kapitel 61.1

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Sie waren nicht weit gefahren, als ihr Wagen schon wieder hielt. „Raus schnell!" Befahl Juan und riss die Seitentür auf, nur um heraus zu springen. Das könnte ihre Chance sein. Das wusste Arran. Das war die perfekte Chance, doch wieder drückte Naia seine Hand und er fluchte noch lauter in sich hinein, ehe er ausstieg. Draußen erwartete sie ein anderes Auto. Sie wechselten, damit sie nicht so leicht gefunden wurden. Raffiniert. Das musste auch Arran zugeben, während er in einen schlichten Ford Focus älteren Baujahres stieg. Naia nahm neben ihm auf der Rückbank platz. Nur Juan stieg zu ihnen ein. Er hatte die Tür kaum geschlossen, da blickte er über die Schulter zu ihnen. „Rojo, du hast noch immer eine Waffe in der Hand und ich bin der Einzige, der hier mitfährt. Ich hoffe das beweist dir, das wir nicht eure Feinde sind." Damit wandte er ihm einfach den Rücken zu und fuhr los. Mit einem Blick zurück, sah Arran, das die Männer sich auf mehrere Autos aufteilten und in alle Himmelsrichtungen davonfuhren. Die Wägen von Mortes ließen sie einfach mitten auf der Straße stehen. Arran hatte noch immer ein ungutes Gefühl, doch er setzte sich endlich richtig auf seinen Platz und beobachtete, wie Juan den Wagen startete und selbst aus Outerhill fuhr. Sein Weg führte ihn nicht hinein in den Stadtkern. Er fuhr aus der Stadt Richtung Gebirgszug. Jener, der Milestone im Westen einkesselte. Für einen Moment blickte Arran auf seine Waffe hinab. Es war tatsächlich ein seltsamer Zug Arran die Waffe überlassen zu haben. „Wenn du nicht unser Feind bist. Wer bist du dann? Wer ist Clavol?" Mit einem Mal hob er seine Waffe und richtete sie auf Juan. Er hatte genug davon ein Spielball der Großen und Wichtigen zu sein. Es war ihm egal warum Juan ihm die Waffe gegeben hatte. Es war nur ein Schuss vor Naia und sie könnten mit dem Auto davonfahren und nie wieder kommen. Juan setzte in aller Ruhe seinen Blinker und bog auf eine Seitenstraße ab. „Clavol. Weißt du für was Nelken stehen, Rojo?" Antwortete Juan mit einer Gegenfrage. Arran legte seinen Finger bereits auf den Abzug. Nur ein Schuss. Es könnte so einfach sein. Niemand würde sie je wieder finden. Stimmte das? Was war, wenn Tomás Wahn weit genug ging, das er Naia zu suchen begann. Was war, wenn Blanco Naias wert noch erkannt hatte und auch er sie haben wollte? Konnten sie jetzt wirklich fliehen? Würde er wirklich für Naias Sicherheit garantieren können? Er schluckte, als Naia seine Hand wieder fester drückte. „Weiße Nelken stehen für Treue." Überrascht sah Arran zu der Blonden hinab, während er Juan in den Augenwinkeln nicken sah. „Genau. Wir gaben uns selbst den Namen der Treuen. Sehr selbstüberzeugt, nicht wahr?" Kurz blickte Juan durch den Rückspiegel und sah auf die Waffe. Jene, die Arran noch immer auf ihn richtete. Eine ungeschickte Bodenwelle und Juans Kopf besäße ein Loch. „Und wem seit ihr treu?" Fragte Arran misstrauisch. Löste seinen Blick von Naia und sah den Bärtigen direkt an. Beobachtete ihn durch den Rückspiegel. „Marco." Es war nur ein einziges Wort und sofort verengten sich Arrans Augen. Er hörte wie Naia Luft einzog. „Wenn du mir jetzt erzählst er hat den Anschlag auch überlebt." Fing Arran an, doch Juan schüttelte den Kopf. „Das hat er leider nicht. Marco ist Tod. Genauso wie dein Vater Rojo. Rowan und Marco, sie haben es nicht geschafft. Leider." Das ergab einfach keinen Sinn für Arran. Was an Marco rechtfertigte Juans Verrat an Tomás? War hier einer verrückter als der andere? Er sollte schießen. „Wenn ihr Marco die Treue schwört, warum hintergeht ihr dann Tomás. Er wollte doch Rache an Blanco für die Tat damals. Oder nicht?" „Ja, das stimmt. Das will Tomás. Er möchte Rache für damals und für Blancos Verrat. Aber Blanco verriet ihn anders als ihr glaubt und Tomás hat es gewagt Celestia, nein Naia. Er wollte Marcos größten Schatz zu dem machen, dem Marco den Kampf erklärt hatte. Das konnten wir nicht zulassen." Den Kampf erklärt hatte? Arran begann verächtlich zu lachen. „Ihr wollt uns nicht helfen. Ihr wollt Naia selbst für euren Kampf. Nur das ihr eine andere Taktik versuchen wollt als Tomás." Arran wurde wütend über diese Worte. So sehr, das er Juan die Waffe an den Hinterkopf drückte. „Arran bitte!" Begann Naia besorgt, doch Arrans Blick wurde kalt. Sehr kalt. Er hatte genug davon. Egal, wo sie landeten. Jeder wollte Naia missbrauchen und sie zu etwas machen, das sie zerstörte. Er hatte es bereits zulassen müssen. Er würde es kein zweites Mal zu lassen. Nicht, wenn er die Waffe hatte, um das zu beenden. „Du kannst mich hier und jetzt erschießen. Dann könnt ihr fliehen, aber Tomás und Blanco. Sie sind beide rachsüchtig. Könnt ihr ihnen wirklich entkommen?" „Was wollt ihr daran ändern? Naias Talent nutzen um eure Verräter zu finden und dann die dritte Partei werden, die Milestone zerstört?" Fragte Arran eiskalt. Brachte es auf den Punkt. „Wenn du es so willst ja. Wir wollen Tomás und Blanco stürzen. Das war Marcos und Rowans Traum. Ein Milestone ohne Mafia. Ein Milestone, in dem ihre Kinder ohne Gefahren aufwachsen können. Wir wollen nicht, das Naia wie wir wird Rojo. Wir haben euch gerettet, damit sie das nicht noch einmal tun muss." „Sein Name ist Arran." Sagte Naia plötzlich und sowohl Arran als auch Juan sahen überrascht zu ihr. „Was?" Fragte Juan verwirrt. Arran sah eine Überzeugung auf Naias Gesicht. „Er heißt Arran, nicht Rojo. Rojo ist seine Vergangenheit. Ich glaube euch. Ihr wollt mich beschützen, aber dafür hofft ihr, das Rojo euch hilft. Weil er Blanco kennt. Ein Wissen, das euch fehlt." Arran sah überrascht zu Naia herab und dann in Juans ebenfalls überraschtes Gesicht. Schließlich lächelte der Mann ertappt. „Ja, das hoffen wir. Du bist ihm wirklich ähnlich." Sie wollten ihn? Sie wollten Rojo, weil er als ehemalige Farbe von Lirio ein Wissen hatte, das Clavol fehlte? Tomás hatte es durch Azul, doch Azul war nicht bei Clavol. War das die Chance, auf die Juan und seine Leute für Marco so lange gewartet hatten? „Du könntest jetzt schießen -" Kurz stockte Juan. Blickte zu Naia und dann wieder zu Arran zurück. „Arran. Ihr könntet versuchen, ihnen alleine zu entkommen. Oder du hilfst uns Milestone zu befreien und damit auch euch. Ihr dürft jederzeit gehen. Warum also, hört ihr euch nicht erst einmal an, was wir zu sagen haben?" Was sie zu sagen hatten? Es klang wie ein freundliches Angebot, doch Arran ahnte. Wenn sie es hörten, dann würden sie dort hinein geraten. Das hier war ihre Chance. Er wollte sie bei der erst besten Gelegenheit für immer von hier fort bringen. Das hatte er sich in der Zelle geschworen. Seine Augen lösten sich von Juan und legten sich auf Naia. Sie sah zu ihm hoch. In ihrem Blick lag Traurigkeit. „Du hast schon genug ertragen Arran. Ich will nicht, das du die Last auf dich nimmst. Aber das du zögerst. Das du nicht schießt. Es zeigt, das du es dir anhören willst. Nicht wahr?" Er wollte es sich anhören? Innerlich wog er all das immer wieder ab. Bleiben oder gehen. Wie waren die Chance zu fliehen. Wie waren sie zu kämpfen. Fakt war, solange Lirio und Mortes existierten, würde man ihre Spur verfolgen können. Um für immer zu verschwinden, würden Naia und er neue Pässe und neue Identitäten brauchen. Diejenigen, die ihm diese Pässe gaben, waren wiederum Leute irgendeines Syndikats. Allein bei dem Versuch so zu verschwinden, würde man sie finden, sollte man sie suchen. Und Arran schätzte die Chance gar nicht so klein ein, das Tomás und Blanco es versuchen würden. Im Grunde hatte Arran es schon damals im Hotel geahnt. Wenn er Naia retten wollte, dann brauchte er das Zeugenschutzprogramm des Militärs. Und um all das für Naia zu organisieren, brauchte er Zeit. Zeit, die er nicht hatte, wenn er jetzt direkt verschwand. „Ihr habt ein Versteck, nehm ich an?" Fragte Arran in die Stille hinein, die durch sein Abwägen entstanden war. Er sah wie Naias Gesicht noch trauriger wurde. Er sah wie Juan nickte. „Ja. Ihr könnt kommen und jederzeit gehen. Alles um was ich bitte, ist ein Gespräch." Ein Gespräch. Es klang so einfach.


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