Kapitel 81

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Mit dem Öffnen der Tore stürmte Lirio endlich ins Erdgeschoss. Binnen Sekunden wurde aus dem einseitigen Kampf Arrans gegen Mortes eine wilde Schlacht. Chaos brach aus. Das Erdgeschoss flutete sich mit Männern und im Lärm der Gefechte war nicht mehr zu unterscheiden welcher Schrei von Freund oder Feind kam. Es war selbst schwer genug herauszufinden, wer auf wessen Seite war. Ohne die Bandanas wären sie kaum zu unterscheiden und sicher fiel nicht nur ein Mann einer Verwechslung zum Opfer. Arran hatte keine Zeit dieser Tragik weitere Beachtung zu schenken. Endlich löste auch er sich von seinem Platz und rannte los. Wenn er hoch wollte, dann wurde es Zeit, das er hoch ging. Wieder rannte er von Säule zu Säule um kein Risiko einzugehen und Erleichterung überkam ihn, als er Rico, Leo und tatsächlich auch Rascal wiedertraf. Sie waren bereits hinter einer Säule kurz vor der Treppe. Dort wo die schlimmsten Gefechte geführt wurden. „Was jetzt?" Rief Rico über den Lärm hinweg. Sah kurz hinüber zu ihrem Ziel und dann wieder zu Arran. „Wir müssen höher." Erkannte der Rothaarige und Rascal lachte bitter. „Wie sollen wir da hoch kommen?" Leo zuckte einfach mit der Schulter. „Na kämpfen." Rascals Blick wurde ungläubig. „Das dauert ewig wenn wir uns von Stock zu Stock kämpfen!" Nachdenklich lugte Arran um ihre Säule herum und dann wieder zu seinen Männern. Rascal hatte Recht. Sie konnten hier nicht ewig bleiben und Mortes würde sich nur Stück für Stück zurückziehen. Vielleicht würde Lirio auch die Männer ausgehen bevor sie oben waren. Lirio hatte zahlreiche vor dem Hotel verloren. „Wir müssen an der Hauptgruppe vorbei. Sie können nicht das ganze Hotel gleichermaßen eingenommen haben. Dann wäre Tomás Versteck leer." Überlegte Arran langsam. Verschaffte sich mit dem Aussprechen Zeit. Dachte angestrengt nach. Es musste etwas geben. Die Aufzüge waren gläsern. Die Rampe würde irgendwann voller Mortes sein, die sie lachend abschlachten würden. „Und die Sicherheitstreppe?" Fragte Rico. Rascal schüttelte den Kopf. „Da die anderen drängen schon rein. Auch dort gibt es bereits Kämpfe. „Mission Impossible-mäßig die Häuserfront hoch?" Versuchte Rico die Stimmung zu heben. „Man würde uns sehen und einfach von Oben abschießen." Arran schüttelte den Kopf. „Aber in den Wäscheschächten nicht." Warf eine 5. Stimme ein. Ihrer aller Köpfe drehte sich und dort stand Brook. „Ein Zugang ist dorthinten. Das ist der beste Weg hoch. Außer natürlich ihr habt Angst abzurutschen. Ein Fehler und ihr seit Geschichte und jeder unter euch ebenfalls." Arran sah in die Richtung und dann zu Brook. Das war also Brooks Plan? „Wie viele hast du so schon hoch geschickt?" Fragte Arran und Brook grinste. „Genug. Nur über den klettert noch niemand hoch. Das ist eure Chance." Arran sah noch einmal in die Richtung, ehe er zu Brook sah. Ihre Augen trafen sich und ein seltsames Gefühl erfüllte ihn. Er überlegte, ob er Brook noch irgendetwas sagen sollte, doch Brook wandte sich einfach ab. „Verschwendet die Chance nicht." Dann rannte er weiter. Die Rampe hoch und bereit die Kämpfe die Rampe hoch zu koordinieren. „Sag mal. Er hat uns doch erkannt oder?" Fragte Rico plötzlich fassungslos. „Und dann hilft er uns? Sollte er nicht?" „Er ist auf unserer Seite. Das reicht doch." Sagte Arran schnell und wandte sich ab. „Na los. Nutzen wir unsere Chance." Rascal verzog das Gesicht. „Ich hab Höhenangst..." Brachte er endlich hervor und Leo lachte. „Kannst ja hier bleiben. Bei den anderen." Die anderen ihres Trupps. Sie waren irgendwo in den Kämpfen verloren gegangen. Wenn sie überlebten, würden sie hier unten die Chance nutzen Blanco zu erschießen. Aufgeteilt zwischen all den Männern und gut verteilt, hofften sie, das irgendwer die Aufgabe erfüllen konnte. Das war der Plan. Arran sah es Rascal an. Der Braunhaarige war zu Stolz, als das er jetzt vor seiner Angst einknicken wollte. Er wollte mit hoch. Er wollte an Arrans Seite bleiben. An seiner, Ricos und Leos. Er wollte das mit ihnen, mit seinen Freunden durchziehen. So setzte er sich als erster in Bewegung. „So schnell werdet ihr mich nicht los." Rico grinste. „Hast ja richtig Mumm in den Knochen, Sp-" „KSCH das ist hier echt nicht der richtige Ort dafür." Zischte Arran streng und langsam fiel das Lockere wieder von seinen Freunden ab. „Stimmt. Entschuldige." Arran nickte. „Los. Wir sind noch nicht fertig." Die Blicke wurden wieder ernst. Der Lärm der Gefechte wieder präsenter für sie. Jede Minute, die sie hier rumalberten war eine verschwendete um den Kampf zu beenden. Fiel Muro oben, würden sich vielleicht die restlichen Mortes ergeben. So rannten sie endlich alle los. Verschwanden in die Gänge hinein. Sofort wurde es ruhiger. Der Lärm wirkte ferner, als sie die kleine Metallklappe erreichten. Als sie diese aufschoben und hinein blickten. Alles was sie sahen, war Dunkelheit. „War klar." Brachte Rico genervt hervor. Ohne das Arran den Befehl gab, zogen sie alle ihre kleinen Taschenlampen hervor, schalteten sie ein und nahmen sie einfach in den Mund. Es war ein ekelhaftes Gefühl und doch besser als dort im Dunkeln höher zu klettern. Sie sahen sich unschlüssig an, ehe sich Arran dazu entschied, das er vorging und einfach ein Bein hochhob und in den Schacht schwang. Für einen Moment saß er auf der Kante und sah nachdenklich in die Dunkelheit. Jeweils einen Fuß an eine Wand und die Spannung nutzend die Hände zu platzieren. So langsam Hand und Fuß abwechselnd hochklettern. Das war wohl der einfachste Weg, wobei man wohl kaum von einfach reden konnte. „Was meint ihr. Wie viele Stockwerke sollten wir hoch?" Fragte Arran noch und sah den Schacht hinauf, als würde er dort irgendetwas sehen. Alles was er sah, war das der Schacht trotz seines Lichtes wieder in Dunkelheit verschwand. Rico huschte noch einmal Richtung Rampe. „Mindestens 5 oder 6 würde ich schätzen." Fünf oder Sechs hoch zu klettern ohne abzurutschen. Arran konnte sich angenehmere Tätigkeiten vorstellen, trotzdem schwang er endlich sein zweites Bein über die Kante und setzte die Füße an. Vermutlich würde er sich jetzt schon vom Leben verabschieden können, wenn er abrutschte und vom Erdgeschoss im Wäscheraum landete. Da half auch kein Stoff, der dort auf ihn wartete. Das war ein nett gemeinter Irrglaube. Auch er war kein Übermensch. Er hatte Angst und trotzdem ließ er los und nutze seine Körperspannung. Dann setzte er die Hände an. Spannte sich mit seinen Händen in den schmalen Gang und setzte die Füße höher, dann wieder seine Beine um die Hände höher zu setzen. Nach einigen Versuchen fand er Sicherheit und die Gewissheit, das es anstrengender war, als er gehofft hatte. Es würde alles von ihm verlangen, trotzdem machte er weiter. Das er den Boden nicht sah, beruhigte ihn nun doch. Es gab einem das Gefühl, als war dort gar kein Boden und kein schmerzhafter Tod, der auf sie wartete. Unter ihm tauchte ein neuer Lichtkegel auf. Gefolgt von einem Bein und dann dem zweiten. Rascals Kopf tauchte auf. Arran hätte ihm gern einen Spruch zugeworfen, doch er hatte noch immer die Lampe im Mund und so verkniff er sich seinen neckenden Kommentar und machte weiter. Auf Rascal folgte Leo und Rico bildete den Schluss. Er war kaum im Schacht, da schloss er die Wäscheklappe und sofort wurde es totenstill, als war der Kampf im Hotel nicht mehr ihr Problem. So stiegen sie Stück für Stück höher. Hörten nicht mehr, als ihre eigenen Geräusche. Arran war fast schockiert, als die erste Klappe elend weit weg wirkte. Mit der zweiten wurde es besser und ab der Dritten begannen seine Arme und der Rücken zu schmerzen. Trotzdem stieg er weiter. Er hörte unter sich ein Quietschen. Sofort sah er hinab und erkannte einen bleichen Rascal, der nur knapp über Leos Kopf gestoppt hatte. Seine Beine baumelten in der Luft und er hielt alles mit seinem Oberkörper allein. Sofort setzte er die Füße wieder an die Wand und blieb kurz dort. Atmete mit tiefen Atemzügen, als müsste er sich erst wieder sammeln. Arran war besorgt. Rascals Augen waren von Todesangst erfüllt. Sollte er Rascal bei der nächsten Klappe rauswerfen? Doch was dann? Er brauchte jeden Mann, den er oben finden konnte. Muro war sicher nicht unbewacht. Außerdem würde Rascal dann menschenseelen allein in einem Stockwerk voller Mortes stehen. Das wäre sein sicherer Tod. So machte Arran einfach weiter und wollte Rascal damit sagen, tu es auch. Tatsächlich. Rascal machte weiter und die anderen Beiden folgten ihm. Arran fluchte in sich hinein, als er die vierte Klappe erreichte. Alle seine Sinne sagten ihm, steig hier aus. Doch er wusste es war zu früh. Rico war kein Idiot und seiner Einschätzung konnte man vertrauen. So machte er weiter. Bei Klappe 5 brannte jeder Muskeln in Arrans Körper und Schweiß bildete sich auf seiner Haut. Er hatte Mühe die Taschenlampe bei seinem schweren atmen nicht aus dem Mund zu verlieren. Hier im Wäscheschacht war es nicht nur dunkel sondern auch unerträglich stickig und heiß. Vor allem, wenn man Schwerstarbeit erledigte. Immer wieder musste er halt machen und seine feuchten Hände an der Hose abschmieren. Trotzdem kämpfte er sich weiter bis er endlich die sechste Luge erblickte. Eine Erleichterung machte sich in ihm breit, obwohl er wusste, das er erst erleichtert sein sollte, wenn er wieder auf festem Boden stand. So quälte er sich die letzten Meter, bis er endlich die Klappe erreichte. Ungeduldig schob er das Metall auf und atmete erleichtert die frische Luft ein, aber nicht ohne die Kante zu packen. Er hielt sich oben und unten an der Klappe fest und löste mit einem mulmigen Gefühl seine Füße. Für Augenblicke hing er einzig und allein an seinen Armen, ehe er sich durch die Öffnung zwängte und auf dem Boden landete. Er stand mühsam auf und machte Platz, während er die Taschenlampe endlich aus dem Mund nahm und angewidert feststellte wie feucht sie vom Sabber war. Sofort schaltete er sie aus und stopfte sie einfach wieder in die Hosentasche zurück aus der sie kam. Eine Hosentasche von vielen. Dann hob er das Maschinengewehr und sicherte ihren Gang. Niemand hatte sie bemerkt und der Lärm der Schüsse hörte sich ferner an. Es war seltsam plötzlich wieder all das Geschehen wahrzunehmen, während man kurz davor einen Moment von Zeitlosigkeit erlebt hatte. Rascal kletterte auch endlich aus dem Schacht, doch entgegengesetzt zu Arran rollte er über den Boden und blieb alle Viere von sich gestreckt auf dem Boden liegen. Die Augen für einen Moment geschlossen, atmete er erleichtert ein und aus. Leo folgte ihm. Sah kurz auf einen Rascal, der völlig am Ende war, ehe er sich neben Arran stellte und den Gang ebenfalls sicherte. Er wirkte als einziger, als wäre das nichts gewesen. Zum Schluss tauchte Rico auf. Auch er nahm als allererstes die Taschenlampe aus seinem Mund. „Das mach ich kein zweites Mal." Brachte er flüsternd von sich und schüttelte seine Arme aus. Leo zuckte einfach nur mit den Schultern. „Ich fands cool." Rico sah auf und starrte Leo ungläubig an. Dann schüttelte er einfach den Kopf. „Unfassbar. Aber Rascal. Das war echt knapp." „Psst!" Zischte Arran. Sofort war das Geflüster Geschichte. In der Ferne sah Arran Mortes vorbeirennen. Abwärts. Sie hatten sie wohl nicht bemerkt, denn keiner stoppte. Endlich löste auch Rascal sich von seiner Starre und stand auf. Machte sich bereit, wie es Rico tat. Stockwerk 6 von 23. Sie hatten es noch lange nicht geschafft.


Sein roter Himmel - Su Cielo RojoWhere stories live. Discover now