10 - Eine nasse Überraschung

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Am nächsten Morgen beschließe ich, Paula einen Besuch in der Klinik abzustatten. Durch Charlotte habe ich erfahren, dass sie zwei Nächte zur Beobachtung bleiben wird. Und da heute Sonnabend ist, kann ich relativ früh los. Was ich auch muss, denn danach habe ich noch Training. „Wohin des Weges?", fragt Papa verwirrt, der mit einer Tasse Kaffee in der Küche sitzt und Zeitung liest. „Zu Paula in die Klinik. Ich möchte mal mit ihr reden." Ich schnappe mir einen Apfel und will gerade zur Tür raus, als ich gegen jemanden laufe. Alex. „Warte, woher kommst du denn plötzlich?" Verwundert gucke ich ihn von unten an und sofort stechen mir seine starken Augenringe entgegen. „Von ein paar schönen Überstunden die ich mir mal gegönnt habe. Wollte nur noch schnell ein Glas Wasser trinken und dann ins Bett." Seine Stimme trieft nur so vor Ironie und so husche ich schnell an ihm vorbei. „Wo will sie denn so früh hin? Am Wochenende?", höre ich ihn noch verwundert fragen. „Zu Paula. Vielleicht bekommt sie ja etwas aus ihr heraus. Wenn schon von Phil nichts zu kriegen ist", antwortet Papa seufzend. Wenn die wüssten. Phil hat mich darum gebeten, den anderen erst mal nichts davon zu erzählen. Er möchte die ganze Sache erst retten.

In der Klinik gehe ich sofort auf die gynäkologische Station. „Oh, Fine? Möchtest du Paula besuchen?", kommt es von Schwester Birgit, die an der Schwesternkanzel sitzt. „Ja, wo liegt sie?" „Zimmer 55. Aber pass ein bisschen auf, ihre Laune ist nicht gerade prickelnd." Nickend drehe ich mich zum Gehen um.

Paula geht es wieder gut. Sie muss zwar noch eine Nacht bleiben und jetzt für eine bestimmte Zeit Hormone nehmen, aber allgemein ist alles gut mit ihr. Außer die Sache mit Phil, die ich aber gar nicht angesprochen habe, da ich diese mit ihm ganz allein wieder hinbekommen werde.

Wir haben uns ein bisschen verquatscht, denn nach einem Blick zur Uhr springe ich auf. „Tut mir leid Paula, aber ich muss los zum Training." „Seit wann hast du heute Training?" „Ich habe morgen doch einen Auftritt, darüber haben wir mal geredet." Sie schlägt sich eine Hand gegen die Stirn. „Habe ich voll vergessen. Na dann, viel Spaß."

Mit schnellen Schritten bahne ich mir einen Weg durch die Klinik, weiche hier und da Pflegern und Patienten aus und trete schließlich auf die nasse Straße. Das Wetter ist bezaubernd. Dunkler Himmel, nasse Straßen, starker Wind. Überall sind große Pfützen, in der Nacht hat es doll geregnet. Der Wind weht mir kalt ins Gesicht und so ziehe ich meinen Schal nur noch fester. Es ist ende Februar und arschkalt. Schnell gehe ich zur Bushaltestelle, die fünf Gehminuten von der Klinik entfernt ist. Durch Phils Problem mit Paula habe ich meinen Spiegel schon lange vergessen. Bis jetzt. Neben mir rast ein Auto mit hoher Geschwindigkeit an mir vorbei. Blöd nur, dass sich neben dem Bordstein tiefe Pfützen gebildet haben. Was ich nun sehr gut zu spüren bekomme. Meine Beine sind komplett nass, meine Jacke gibt nach kurzer Zeit auch auf. Kurz gesagt: ich bin klitschnass.

Mein kurzes Fluchen hat mich nun auch nicht trocken gemacht, weshalb ich noch schneller zur Haltestelle gehe. Mein Bus sollte in fünf Minute kommen, doch hier erwartet mich die nächste Überraschung. Er fällt aus, was ich nach besagten fünf Minuten langsam merke. Zitternd und mit klappernden Zähnen stehe ich da, warte und warte.

Nach geschlagenen 20 Minuten kommt der Bus, der mich direkt zur Turnhalle fährt. Zum Training komme ich jetzt zwar auch zu spät, aber immerhin kann ich da trockene Sachen anziehen. Mein Sportbeutel ist trocken geblieben. Den habe ich zum Glück auf der anderen Seite getragen, so hat mein Körper das Wasser für ihn abgefangen. Wie lieb.

Selbst der Bus ist nicht warm, zumindest fühlt sich das so an. Mein Körper ist schon längst viel zu kalt. Da kann ich ja nur hoffen, dass ich mir nichts einfangen werde. Hinter mir fängt in diesem Moment jemand an zu husten, und ich sehe praktisch die Erreger, wie sie sich freuen, mich, so ungeschützt wie ich gerade bin, angreifen zu können. Bei meiner Kälte müssten diese ein leichtes Spiel haben, mich zu infizieren. Alex' Worte schweben mir wieder durch den Kopf. Sieben Jahre Pech. Na ja, hoffentlich begrenzt sich das nur auf kurze Zeit. Ich muss über meine eigenen Gedanken den Kopf schütteln. Das ist alles Blödsinn. Und wenn ich jetzt denke, dass ich krank werde, dann werde ich das wirklich. Also einfach positiv denken, dann wird das schon.


7 Jahre Pech (Asds) |1/2|Where stories live. Discover now