82 - Der Aufprall ist hart

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Mein Körper hat Schlaf gebraucht. Erst gegen elf Uhr wache ich auf. Anni ist nicht mehr neben mir.
Ich drehe mich in meinem Bett auf die andere Seite - und gucke genau auf ein Bild von Tim und mir, welches auf meinem Nachttisch steht. Idiot.
Seufzend kippe ich das Bild um und stehe auf.
Wie soll ich ihm nur je wieder unter die Augen treten?
Anni und Phil finde ich schließlich im Garten, nachdem ich sie unten gesucht habe.
„Guten Morgen, bist ja auch mal wach." Phil lächelt mich an. Mitleidig.
„Ist hier sonst noch jemand?", frage ich.
„Alex hatte Nachtschicht, der schläft noch. Paula und Franco sind arbeiten und Toni ist bei Jamira, wo sonst."
„Aha. Habt ihr schon gegessen?"
Ein Nicken der beiden.
Na schön, dann esse ich eben allein.

Gegen aller Erwartungen komme ich mit einem Marmeladenbrot wieder zurück in den Garten.
Ich gucke in zwei völlig irritierte Gesichter. „Was?"
„Du isst Marmelade. Mit Zucker." Phil hört gar nicht mehr auf, auf mein Brot zu starren.
„Und? Irgenwie muss ich das Loch ja stopfen, welches Tim verursacht hat."
„Was machst du jetzt eigentlich wegen ihm?" 
Ich lege meinen Kopf schief, kaue auf meinem Brot herum und lasse meinen Blick auf Phil ruhen. Meine Augen verengen sich. „Lass mich überlegen... Ich werde so tun, als wäre nichts gewesen? Klingt ziemlich verlockend. Was würdest du denn machen, wenn du sehen würdest, wie Paula sich mit einem anderen Typen vergnügt? Weggucken und ihr viel Spaß wünschen?"
„Sorry, war eine doofe Frage", murmelt Phil und wendet seinen Blick ab.
„Ja, war sie. Schön, dass du das einsiehst." Ich merke, wie die Wut in mir ansteigt, sich immer mehr vermehrt. Wenn ich Tim sehe, wird der sich wirklich warm anziehen können.

Ich betrachte die paar Krümel, die auf  meinem Teller zurückgeblieben sind, ehe ich aufstehe, um ihn wieder in die Küche zu bringen. Kaum stehe ich, klingelt es.
„Ich gehe schon."
Nachdem der Teller in der Spüle gelandet ist, gehe ich zur Tür. Öffne sie. Und würde sie am liebsten sofort wieder zuknallen. Aber erst, wenn Tim auf der Schwelle steht. Dann tut es nämlich weh.
„Hey", sagt er schüchtern.
Oh, der Herr kann schüchtern sein. 
Mein Magen verknotet sich augenblicklich, meine Gedanken spielen Tischtennis. Weiß er, dass ich ihn gesehen habe? Wird er das von gestern leugnen? Ist er gekommen, um sich zu entschuldigen? Möchte er so tun, als wäre nichts?
Ich mache einen Schritt zur Seite, damit er ins Haus kommen und ich die Tür schließen kann. Das folgende Prozedere muss ja nicht die ganze Nachbarschaft mitbekommen.
„Was willst du hier?", frage ich schließlich.
„Mit dir reden. Ich... also gestern..." Er atmet tief durch, öffnet seinen Mund danach wieder. Doch ich lasse ihm keine Zeit. „Du hast Mist gebaut, ich weiß. Und falls du dich entschuldigen willst, dann kannst du wieder gehen."
Er starrt mich an. Okay, er hat mich gestern wirklich nicht gesehen. An seinem Hals machen sich hektische Flecken bemerkbar. „Ich kann dir das aber erklären."
„Ach ja? Kannst du das?" Meine Stimme wird lauter. Die Ruhe, die ich gerade noch hatte, wird von Wut überschattet. Gleich kann mich nichts mehr halten.
„Ja. Ich habe gestern mit den Jungs halt vielleicht etwas viel..."
Ich fahre ihm dazwischen. „Komm, hör auf. Du willst mir jetzt erzählen, dass du gestern etwas viel getrunken hast? Natürlich, das ist DIE Erklärung dafür, dass du Mia küsst. Da bin ich ja beruhigt, dass es durch den Alkohol kam! Denkst du ernsthaft, ich nehme das als Erklärung? Wie erbärmlich bist du? Hallo, du bist 16 Jahre alt! Und schon jetzt nicht gerade treu." Ich schnaube. Mein Gesicht glüht, ich muss rot sein wie sonst was.
Er kommt einen Schritt auf mich zu, doch ich weiche zurück.
„Fine, beruhige dich, bitte", fleht er schon fast. 
„Beruhigen? Ich soll mich beruhigen? Hackt's bei dir? Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich gestern gefühlt habe, als ich das gesehen habe! Du warst ja scheinbar so vertieft in diesen verdammten Kuss, dass du mich nicht mal bemerkt hast! Was ist bitte in deinem Kopf abgegangen?", schreie ich ihn an.
„Fine, es tut mir..."
„Nenn mich nicht Fine! Es gibt zwischen uns nichts mehr zu bereden. Nie wieder. Also verschwinde! Oder ich kann dir nicht versprechen, dass das hier noch glimpflich für dich ausgeht!"
„Aber ich..."
„Halt deine verdammte Fresse und verschwinde!"
„Lass uns doch..."
Und da ging alles mit mir durch. Ich konnte nichts dagegen tun. Meine Hand landete in seinem Gesicht. Doll. Ziemlich doll. Selbst meine Hand zwiebelt danach.

„Was ist denn hier los?" Phil steht plötzlich zwischen uns, holt mich wieder ins Hier und Jetzt, nachdem ich kurz wie benommen auf Tims Wange gestarrt habe.
„Der Typ hat das doch nicht anders verdient!", fauche ich Phil an.
Ich spüre Hände auf meinen Schultern. „Was zum...", murmelt Alex.
Ich widme ihm einen kurzen Blick. Er sieht noch total verschlafen aus.
„Fine, das hätte jetzt aber nicht sein müssen", tadelt Phil. „Kann ich mal gucken?" Er deutet auf Tims Wange, der mit den Schultern zuckt.
„Ich hab's ja schon verdient", gibt dieser klein bei.
Ach, ist doch noch etwas Hirn bei ihm vorhanden. Respekt.
„Ich hole dir mal was zum Kühlen", bestimmt Phil und dreht sich von Tim weg. 
„Genau, du hilfst ihm jetzt auch noch. Nachdem er mich so verletzt hat", keife ich Phil an und zeige ihm einen Vogel.
„Fine", warnt Phil. Was? Ist doch so.
„Was auch immer hier gerade abging, wir sollten mal gehen." Alex schiebt mich sanft ins Wohnzimmer.
„Und dich will ich nie wieder sehen!", brülle ich noch zu Tim, der jetzt verloren im Flur steht und auf Phil wartet.
Anni guckt mich erschrocken an, doch langsam bilden ihre Lippen ein Grinsen. „Dem hast du es aber richtig gegeben", flüstert sie triumphierend.
Ich winke ab, lasse mich auf die Couch fallen und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Mein Hals schnürt sich zu, meine Augen brennen, mein Atem zittert.

Nach Wut folgt Traurigkeit.

Und als sich die Haustür endgültig schließt, Tim zum letzten Mal dieses Haus verlassen hat, bricht alles zusammen. Ich bin auf dem Boden aufgekommen.

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Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)


7 Jahre Pech (Asds) |1/2|Where stories live. Discover now