22 - Der Schwindel siegt

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Die Klasse hockt schon hilflos um Leon herum, als ich mich endlich ordnen kann. Dann kommen die Anweisungen. „Anni, du holst Toni von der anderen Hälfte. Er kennt sich aus. Frau Meier, Sie rufen einen Rettungswagen. Und der Rest kommt jetzt bitte mit mir mit in die Umkleiden, wir können hier keine Unruhe gebrauchen." Ich drehe mich um und will gerade losgehen, bloß weg von hier, um nicht gesehen zu werden, doch Anni macht mir schnell einen Strich durch die Rechnung. „Fine! Du blutest ja", stellt sie aufgeregt fest. Meine Hand geht wie automatisch an meinen Hinterkopf und tatsächlich, ich blute. Jedoch nicht wirklich doll, das bekomme ich selber wieder in den Griff. „Du solltest vielleicht auch hier bleiben und dich vom Rettungsdienst angucken lassen. Das sah nicht gerade sanft aus", mischt sich auch Frau Meier ein, die das Telefonat gerade beendet hat. Etwas Panik steigt in mir auf. „Auf keinen Fall! Also ich meine, mit mir ist alles gut. Ich gehe dann mal zu den anderen und passe auf, dass sie keinen Unsinn machen." Mit diesen Worten verschwinde ich, bevor Anni noch Toni holt und er mich sieht. Aufpassen, dass meine Klasse keinen Unsinn macht. Wie dämlich ist das denn gerade von mir gewesen? Nach dieser kurzen Aufregung meldet sich mein Schwindel noch deutlicher zurück, mein Kopf fühlt sich an, als würde er jede Sekunde platzen. Wie ein nasser Sack lasse ich mich auf eine Bank in der Umkleidekabine fallen. „Du bist ganz schon blass, geht es dir wirklich gut?", fragt Alina besorgt, die neben mir sitzt. Ich nicke nur, doch merke sofort, dass sich die kleinste Bewegung meines Kopfes als doppelten Schmerz äußert. Das sollte ich vielleicht unterlassen.

Die Sirenen sind schon lange angekommen, die Schritte schnell an der Kabine vorbeigehuscht. Mir fällt es langsam schwer, meine Augen offenzuhalten. Während sich die anderen schon längst umgezogen haben, kämpfe ich gerade eher gegen die Bewusstlosigkeit an. Es war falsch von mir, nicht dazubleiben. Doch aus Fehlern lernt man bekanntlich und so weiß ich für das nächste Mal, mich einfach zu stellen. „Hey, Fine, wach bleiben!" Alina rüttelt an meinem Arm und sofort gehen meine Augen wieder auf. „Kann mal einer von euch jemanden vom Rettungsdienst hierher holen? Ihr geht es ja gar nicht gut", bemerkt Alina in die Runde. Doch bevor jemand reagieren kann, wird die Tür stürmisch aufgerissen. Ich springe auf, als ich erkenne, dass es sich um Paula handelt. Doch irgendwie steht sie zweimal hier. „Mensch, Fine! Was tust du denn?", fragt sie aufgebracht und stürzt auf mich zu. „Ich bin doch nur...." Weiter komme ich nicht, denn mein Schwindel hat gesiegt und es geschafft, mir den Boden unter den Füßen wegzureißen. Kraftlos kippe ich Paula vornüber in die Arme.

Paulas Sicht

Die RTWs sind gerade anderweitig im Einsatz, sodass Flo und ich vorerst allein zum Sportunfall in die Schule von Fine fahren. Laut Angaben soll der Schüler bewusstlos sein. Na dann mal auf.

„Oh, hey Toni. Was ist passiert?" Überrascht darüber, dass Toni neben dem Patienten aus Fines Klasse kniet, knie ich mich ebenfalls hin. Von Fine habe ich noch nichts gesehen und Anni wirkt neben mir auch alles andere als entspannt. Doch mein größtes Augenmerk liegt nun bei dem Patienten. Der Schüler stellt sich als Leon vor und ist schon wieder ansprechbar, was natürlich sofort etwas Anspannung von mir nimmt. Kurz nach uns kommen auch Jacky und Dustin mit der Trage hinzu. „Ich würde das alles gern im Auto machen. Es scheint ja hier jetzt nicht um jede Sekunde zu gehen", äußere ich mein weiteres Vorgehen. „Danke Toni, dass du dich so gut gekümmert hast." „Kein Problem, bis nachher", antwortet er und verschwindet wieder. Ich muss lächeln. Bis nachher. Ja, vielleicht bin ich in letzter Zeit so gut wie täglich bei Phil im Haus.

Nachdem ich noch kurz etwas mit der Lehrerin besprochen habe, will ich eigentlich hinter Flo, Jacky und Dustin her zum RTW, werde aber von Anni aufgehalten. „Paula?" Verwundert drehe ich mich um. „Was gibt's?" „Du solltest vielleicht auch kurz nach Fine gucken. Sie ist durch Leon ebenfalls hingefallen und mit dem Kopf ungebremst auf den Boden geschlagen. Ich würde sogar meinen, dass sie für den Bruchteil einer Sekunde bewusstlos war. Ihren Schwindel konnte sie auch nur sehr schlecht verstecken und sie hat am Hinterkopf geblutet." Meine Augen weiten sich. „Wo ist sie? Und wieso um Himmels willen ist sie dann nicht hier geblieben?" „In der Umkleide. Komm." Ich eile Anni hinterher und reiße stürmisch die Tür auf. Dort bleibe ich kurz stehen, muss aber nicht lange nach ihr suchen, denn sie springt schon von allein auf, als sie mich sieht. „Mensch, Fine! Was tust du denn?" Schon auf den ersten Blick sehe ich, dass es ihr einfach nur scheiße geht. Sofort eile ich auf sie zu. „Ich bin doch nur....", beginnt sie, sich zu rechtfertigen. Doch beim halben Satz stockt sie plötzlich und kippt mir genau in die Arme. Scheiße.

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Wieder etwas länger als gestern.
Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)


7 Jahre Pech (Asds) |1/2|Where stories live. Discover now