track 3

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Anmerkung 1: Die nächsten 5 Kapitel gehören zusammen und werden alle gleichzeitig hochgeladen. Also bitte nicht wundern, wenn erstmal ne Weile nichts und dann alles auf einmal kommt.

Anmerkung 2: Die Story wird im Laufe der nächsten Tage umbenannt - wahrscheinlich zu half blue skies.

Anmerkung 3: Es wird dann auch ein neues Cover geben, das sich vom jetzigen sehr unterscheidet. Also bitte nicht wundern :)

Disc 4
Track 3 - Where Do Broken Hearts Go
» mind is running in circles of you and me «
ZAYN
im vierten Jahr nach der Trennung von One Direction

Siebenundzwanzig Tage.

Nur noch siebenundzwanzig Tage.

Ich war nie die Art von Mensch gewesen, der die Tage herunterzählte, aber in letzter Zeit hatte ich mich immer wieder dabei ertappt. Es war nicht etwas Bewusstes. Wohl eher war es etwas, das mein Verstand von selbst zu tun begann, wenn er sich gerade nicht mit anderen Dingen zu beschäftigen hatte - was in letzter Zeit ziemlich oft der Fall war.

Siebenundzwanzig. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Lehne der Couch und rieb mir von den Wangen aufwärts über mein Gesicht. Egal, was ich machte, diese Zahl wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Besonders nicht, seitdem Gigi nicht mehr hier war. Sie war wie jedes Jahr auf den Weg nach Mailand, um dort die nächsten Tage auf der Fashion Week zu laufen. Mit dem Blick an die Wand versuchte ich, sie mir vorzustellen. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie sie aussah, wie sie ging und wie sie jeden dazu brachte, ihr nachzuschauen. Vielleicht trug sie gerade Dolce & Gabanna. Oder vielleicht sogar Versace.

Doch selbst die Vorstellung von ihr schaffte es nicht, mich abzulenken. Mit einem tiefen Seufzer blickte ich wieder auf meine Notizen herab. Obwohl ich mein zweites Album erst vor ein paar Wochen veröffentlicht hatte, hatte ich bereits mit der Arbeit an neuen Liedtexten begonnen. Das Schreiben von Songs war irgendwie das Einzige, das mich jedes Mal aufs Neue dazu brachte, herunterzufahren und mich voll und ganz auf das zu konzentrieren, was ich gerade machte. Es hatte etwas nahezu Suchtartiges an sich, herumzuprobieren, die eigenen Gefühle auszudrücken, indem man Sätze zusammenschraubte und -drehte und so Stück für Stück Zeilen konstellierte, von denen man im Nachhinein nicht fassen konnte, dass sie tatsächlich von einem selbst stammten.

Die Veröffentlichung meines neuen Albums war ziemlich still verlaufen. Da hatte es weder besondere Promotions noch irgendwelche großartigen Kooperationen gegeben. Alle schienen mit dem Album so wenig gerechnet zu haben, dass ich manchmal sogar Nachrichten bekommen hatte, in denen nachgefragt wurde, ob ich denn überhaupt noch Sänger war oder es inzwischen auf der Influencerschiene probierte. Verächtlich rollte ich mit den Augen. Natürlich war ich immer noch Sänger. Es war alles, was ich je gewollt hatte, und ich war es leid, dass andere an mir zweifelten, nur weil ich nicht der konventionelle Sänger war, von dem sie erwartet hatten, dass ich es bliebe.

Mir geht es nur nicht um die Aufmerksamkeit.

Das Papier war bereits an allen Seiten und Ecken geknickt. Kein Wunder, schließlich hatte ich auf nichts anderem als auf dem Stoff meiner Cargohose geschrieben. Ich versuchte, es mit meiner Hand wieder glattzustreichen, machte es stattdessen aber nur noch schlimmer. Ich zog meinen Oberschenkel etwas näher an mich heran, legte das Papier darauf und begann, all meine verworrenen Gedanken erneut niederzuschreiben.

Inzwischen sank die Sonne immer weiter dem Horizont entgegen. Obwohl es ein warmer Tag gewesen war, war es bereits in den frühen Morgenstunden bewölkt gewesen und zudem strömender Regen auf New York heruntergeschlagen. All das zusammen hatte die Stadt in goldenes Licht getaucht. Selbst in diesem Augenblick schienen noch ein paar wenige Sonnenstrahlen durch den wolkenverhangenen Himmel auf meine Haut.

Gedankenverloren begann ich auf dem Stöpsel meines Stifts herumzukauen. Es schwirrten derart viele Wortfetzen in meinem Kopf herum, dass ich nicht wusste, wie ich damit anfangen sollte, sie auszudrücken. So hatte ich mich seit Monaten nicht mehr gefühlt. Es war ein bisschen wie ein süßer Herzschmerz. Auch, wenn ich wusste, dass ich Gigi in ein paar Tagen wieder bei mir sein würden, driftete allein ihre Abwesenheit meinen Verstand weit genug auseinander, um all diese Emotionen zuzulassen. Und irgendwie mochte ich das. Ich mochte es, von all diesen verschiedenen Emotionen überwältigt zu werden, die durch meine Adern rauschten - zumindest so lange, wie alles in Ordnung war.

Die Brise vor meinem Fenster hat sich in Farbe verwandelt; Ich weiß, dass ich die Sonne wieder sehen werde; Die Blätter haben sich in einen Orangeton verfärbt; Antworten, die in mir selbst liegen werden.

Ein schwaches Lächeln huschte über meine Lippen. Diese Zeilen klangen zwar nicht annähernd so philosophisch, wie ich sie mir vorgestellt hatte, aber waren definitiv etwas, an dem ich arbeiten konnte. Wenn ich mich zeitig an die Arbeit machen würde, könnte ich den Entwurf noch fertig bekommen, bevor Gigi aus Mailand zurückkam. Ich hoffte wirklich, dass der Song ihr gefallen würde, immerhin war jeder einzelne Buchstabe davon von niemand anderem inspiriert als ihr.

Mittlerweile war das ganze Papier auf beiden Seiten mit Notizen und ein paar unbedeutenden Skizzen, die ich zwischenzeitlich unbewusst dorthin gekritzelt hatte, vollgeschrieben. Vermutlich wäre es das Beste, wenn ich mich morgen daran setzen und die verwertbaren Floskeln daraus zusammensuchen würde. Heute würde ich das jedenfalls nicht mehr schaffen.

Ich streckte meine Arme aus, strich mir mit beiden Händen meine verwuschelten Haare zurück und rutschte von der Couch. Als ich danach vom Wohnraum in den Küchenbereich ging, kam mir jeder Schritt unglaublich anstrengend vor. Meine Rückenmuskeln zerrten, meine Beine fühlten sich taub an. So wie nach einem dieser Langstreckenflüge, bei denen ich nie sonderlich mehr tat, als stundenlang auf meinem Platz zu sitzen und in den Himmel zu starren. Und genau das hatte ich im Grunde den ganzen Tag über getan. Nur dass ich anstatt in einem Flugzeug an meinem Lieblingsort gewesen war - in Gigis und meiner Wohnung.

Für mich gab es keinen schöneren Ort. Die ganze Wohnung strahlte nur so vor Großstadtatmosphäre. Sie hatte Backsteinwände und dunkle, glänzende Steinböden und im Kontrast dazu war sie mit ziemlich modernen und zugleich einfachen Möbeln eingerichtet. Wie zum Beispiel mit diesem schlichten Glastisch in der Mitte des Lofts und den zwei schalenförmigen Hockern auf jeder Seite. Immer wenn wir dort zum Frühstück saßen, schien der Sonnenaufgang direkt auf uns und wenn wir zu Abend aßen, konnten wir dabei zusehen, wie sie auf der gegenüberliegenden Seite unterging.

Es waren Momente wie diese, in denen mir bewusst wurde, wie gut das Leben eigentlich war. Momente wie diese, in denen ich meine Fingerspitzen über die Backsteinmauern gleiten ließ und mir klar wurde, dass dies die Wohnung war, die ich mit dem Mädchen teilte, das ich liebte. Momente, in denen ich anfing, so vieles zu schätzen, das ich sonst als selbstverständlich ansah. Momente, in denen sich mein zusammengeflicktes Herz anfühlte, als wäre es noch nie berührt worden.

Und vor allen Dingen waren es Momente, von denen ich niemals genug bekommen könnte.

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now