track 7

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Disc 1
Track 7 - Tell Me a Lie
» tell me anything but don't you say he's what you're missing «
LIAM
im ersten Jahr nach der Trennung von One Direction

Der Himmel war orangerotgelb, als ich mich auf einen der Barhocker dieser trostlosen Kneipe fallen ließ. Die Lederbezüge waren abgenutzt, von den Wänden stieg morbider Geruch auf. Ich zog die Ärmel meines Hemdes etwas weiter über meine Handgelenke. Es war kalt, doch vielleicht würde genau das mich aus meinem Winterschlaf wecken.

Der Barkeeper war noch dabei, den Tresen mit Getränken und Gläsern aufzudecken. Außer uns beiden war ansonsten niemand hier. „Was darf's denn sein?", rief er mir zu, während er mit einem ungewaschenen Lappen über die Tresenfläche wischte. „Whiskey Bull", entgegnete ich entschlossen. Er nickte mir schwach zu und holte aus dem Kühlschrank eine bereits angeschraubte Flasche Alkohol hervor, an deren Innenseite sich schon zahlreiche Bläschen gebildet hatten.

Er schob das Glas zu mir hinüber und goss zu wenig Red Bull über zu viel Jack Daniels. Ich kramte einige Münzen aus meiner Hosentasche hervor. „Passt schon", meinte ich knapp, da ich nicht den Kopf dazu hatte, das Geld nachzuzählen und er das Trinkgeld bestimmt gut gebrauchten konnte. Gierig streckte der Barkeeper seine Finger danach aus und schlichtete, ohne sich bei mir zu bedanken, die Münzen in seine Geldtasche.

Ich wippte das Getränk in meinem Glas ein wenig hin und her, ehe ich es in einem Zug in meinen Magen kippte. Die Mischung war stark, aber mittlerweile war ich den Alkohol in meinem Blut gewöhnt. Ich gab dieselbe Bestellung ein zweites Mal auf.

Der nächste Whiskey floss gerade über meine Lippen, als ich die morsche Holztür hinter mir sich öffnen hörte. Sie knarrte, ein zweiter Gast trat in die Kneipe und der Barkeeper drehte die Stereoanlage auf. Die Musik war zwar nur leise gestellt, aber genau das untermalte das verruchte Flair dieser Bude noch mehr.

Schließlich sah ich aus den Augenwinkeln schlanke, nackte Frauenbeine auf dem Barhocker neben mir übereinanderschlagen. Der rote Rock warf tiefe Falten um ihre Oberschenkel, das Top war nicht mehr als ein Bustier und ihre braunen Haare hingen in leichten Wellen über ihre Brust. Sie passten perfekt zu ihren dunklen Augen und ihrer Stupsnase. Auch, wenn sie für die Jahreszeit viel zu knapp angezogen war, entsprach sie genau meinem Typ Frau.

Aus ihrer Umhängetasche fischte sie eine Packung Zigaretten hervor. „Könnte ich auch eine haben?", fragte ich. Überrascht sah sie zu mir auf, fackelte aber nicht lange und hielt mir die Schachtel unter die Nase. „Klar. Hier, bitte." Ich schenkte ihr ein dankbares Lächeln und zog eine der Zigaretten heraus. „Brauchst du auch Feuer?" Nickend verlagerte ich mein Gleichgewicht ein wenig nach hinten, um die prall gefüllte Packung Zigaretten und das Feuerzeug in meiner Hosentasche zu vertuschen.

Sie entfachte eine kleine Flamme und zündete den Tabak an. „Danke dir. Ich bin übrigens Liam", stellte ich mich vor und reichte ihr die Hand, doch sie hielt ihre weiter an ihrer Zigarette. „Ja, ich weiß", kam es zurück, während sie nun ebenfalls die Zigarette an ihre Lippen führte. Natürlich kannte sie mich. Auch wenn wir uns im Hinterland der Stadt befanden, blitzte ein Smartphone aus ihrer Tasche und der Gossip aus ihren Augen. „Ich nehme an, du erwartest dir jetzt, dass ich dir jetzt auch sage, wie ich heiße." Gleichgültig zuckte ich mit den Schultern, ein einfaches Nein wäre doch viel zu langweilig gewesen. Grinsend verdrehte sie die Augen. „Alles klar. Aber falls es dich doch interessieren sollte, ich heiße Josie."

Josie. Ob das ihr ganzer Name war? Vielleicht hieß sie Josephine, Jocelyn oder Josette, womöglich aber auch komplett anders. „Jetzt sag schon, was verschlägt jemanden wie dich an einen Ort wie diesen?", fuhr sie fort, ohne meine Antwort abzuwarten. Ihre Stimme war ruhig und ein klein wenig ironisch. „Meine Ex", erwiderte ich knapp und drückte die Zigarette fein säuberlich an der Kante des Tresens aus. Dort hatten bereits mehrere Brandlöcher ihre Spuren hinterlassen.

„Achso? Was hat sie denn angestellt?" Josie stützte ihren Kopf auf einem Arm ab und schaute mich neugierig an. „Sie hat mir noch gesagt, dass sie mich liebt, nur um dann zwei Wochen später in 'nem Club neben mir mit so 'nem anderen Typen rumzumachen." Ich setzte dazu an, meine Gefühle mit dem Rest des Whiskeys zu ertränken, aber Josie kam mir zuvor. Wie selbstverständlich nahm sie mir das Glas ab und exte es an meiner Stelle. Dabei zog der glitzernde Ring an ihrer linken Hand meine Aufmerksamkeit voll und ganz auf sich.

„Keine Sorge, ich bin nur verlobt." Ich schaute wieder zurück zu Josie, sie sah unschuldig von ihrem Glas auf. „Nur verlobt, ja?", wiederholte ich skeptisch und rutschte ein wenig von ihr weg.

Sie beugte sich über den Tresen, „Babe!" Daraufhin schaute der Barkeeper hörig auf und kam lächelnd auf uns zu. Perplex wanderten meine Augen zwischen den beiden hin und her. „Zweimal Beefeater mit Tonic für mich und unseren neuen Freund", bestellte sie, legte eine Hand um seinen Nacken und knutschte ihn ab, ehe er mit seinen verdreckten Händen erneut zwei Gläser aus der Spüle holte.

„Das ist er." Ihre Wangen liefen rot an und sie schielte verlegen beiseite. Noch immer war ich mir nicht komplett sicher, ob ich das ernst nehmen konnte. Während sie wirkte, als wäre sie aus einer Modezeitschrift ausgeschnitten und in den falschen Film gesetzt worden, war er eine schmächtige Hintergrundfigur mit ausgewaschener Kleidung und ohne Manieren. „Herzlichen Glückwunsch", sagte ich ein wenig unbeholfen. „Ach, danke dir, Liam." Die Farbe wich ihr allmählich aus dem Gesicht. „Mit ihm ist das Leben ein bisschen weniger scheiße, weißt du." Ihr Blick fiel ins Leere, als sie die nächste Zigarette zwischen ihre Zähne klemmte und anzündete.

„Ich weiß genau, was du meinst."

Seufzend griff ich nach dem Gin Tonic, den ihr Freund in zwei Sektgläser gefüllt hatte. Einen Preis hatte er dieses Mal nicht verlangt. Josie wartete, bis er am anderen Ende des Tresens damit beschäftigt war, ein paar Flaschen zu verräumen und wandte sich danach wieder mir zu. „Gestern Abend bin ich nach Hause gekommen und es ist schon eine andere neben ihm im Bett gelegen", erzählte sie trocken. Ich wusste nicht so ganz, welche Reaktion sie sich von mir erwartete. „Das tut mir leid, Josie", meinte ich daher, doch sie zuckte lediglich mit den Schultern. „Schon in Ordnung. Wir haben uns beide am Anfang darauf geeinigt, dass trotz unserer Beziehung jeder von uns beiden immer noch genügend Freiraum haben sollte. So wirklich haben wir den Begriff nie definiert."

Weggetreten balancierte sie ihre Zigarette zwischen Zeige- und Mittelfinger, die Glut war nur noch wenige Millimeter davon entfernt, ihre Haare in Brand zu setzen. Ich wollte ihr die Kippe abnehmen, doch auch dieses Mal war Josie mir einen Schritt voraus und schloss rechtzeitig ihre andere Hand um mein Handgelenk. „Liam", mahnte sie mich und zog die Augenbrauen zusammen. Danach ließ sie von mir ab, fuhr mit ihrem Daumen über meine Unterlippe und gewährte mir einen kurzen Zug von ihrer Zigarette.

Erst im Nachhinein bemerkte ich, wie Josie meine Hand langsam unter ihren Rock führte.

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now