track 17

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Disc 2
Track 17 - Still The One
» I remember all the times and all the words we said «
ZAYN
im zweiten Jahr nach der Trennung von One Direction


Etwa zwei Monate war es mittlerweile her, dass Gigi und ich uns verlobt hatten. Umgeben von unzähligen Sternen und perfekter, als ich es mir je hätte vorstellen können. Alles hatte gepasst. Wir hatten gepasst. Bis mein Kopf begonnen hatte, lauter zu sprechen als mein Herz und meine Knie dadurch mit jedem Tag etwas weicher geworden waren.

Und dann waren wir dagestanden. Voreinander, nebeneinander. Alles, nur nicht miteinander. Von Sekunde zu Sekunde hatte ich langsam aber sicher mitansehen müssen, wie unsere schillernde Blase, zerplatzte. Wie sie den Kopf geschüttelt und mich beiseite gedrängt hatte, weil sie nicht fassen hatte können, dass ich ins Zweifeln geraten war. Es war das letzte Mal gewesen, dass wir einander seither gesehen hatten.

Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich sie vermisste. Es war, als hätte man mir mit einem Dolch mitten ins Herz getroffen, der mit jedem Versuch, ihn herauszureißen, es nur noch weiter zerbohrte. Unbewusst legte ich eine Hand auf meine linke Brust.

Mir war durchaus bewusst, dass ich an der Situation selbst Schuld war. Es hatte nicht einmal einen einzigen Grund gegeben, anzuzweifeln, dass Gigi nicht die Richtige war und dennoch war mir mit einem Mal alles zu viel geworden. Die Nächte hatte ich damit verbracht, neben ihr Löcher in die Decke zu starren, und die Morgen darauf war ich so müde gewesen, dass ich es nicht geschafft hatte, ihr zu sagen, was in mir vorging.

Ich senkte den Kopf und atmete tief durch. Mit den Fingerspitzen fuhr ich vorsichtig über die Blätter der Schnittblumen, wobei das Papier ein wenig raschelte - Lilien, Tulpen und Hortensien. Für Rosen war kein Platz mehr gewesen, denn ansonsten wäre das Bouquet so groß geworden, dass das Band auseinandergeplatzt wäre. Allmählich ließ ich meine Hand wieder sinken und streckte sie stattdessen zum Klingelschild aus.

Eine einzelne Schneeflocke rieselte auf eine der Lilien. Ich schaute von dem Bouquet auf in den Himmel und tatsächlich hatte es begonnen, zu schneien. Ich schmunzelte, drückte dabei den Blumenstrauß fester gegen meine Brust und sog die kalte Luft ein. Seit Langem fühlte ich mich für einen kurzen Augenblick von meinen Sorgen befreit. Ich ließ meinen Blick wieder zurück auf die Lilie gleiten, doch mittlerweile war die Schneeflocke schon geschmolzen und rann nun in einer Wasserspur den Halm hinab.

„Hallo?"

Die Stimme aus der Gegensprechanlage riss mich zurück ins Geschehen. Mein Kopf schnellte hoch und ich stolperte nach vor. Ich lehnte mich mit einer Hand gegen die kalte Mauer. „Gigi?", flüsterte ich hastig in das Mikrofon. Ich war unglaublich nervös. Das Blut rauschte in meinen Ohren und ich kaute angespannt auf meiner Unterlippe herum.

„Oh, Zayn, bist du's ?" Mit zusammengezogenen Augenbrauen trat ich einen Schritt zurück. Meine Hand streifte die Mauer entlang, bis sie schließlich leblos von meinem Körper gen Boden hing. Perplex starrte ich auf den Lautsprecher. Das eben war nicht Gigis Stimme gewesen, sondern die eines Mannes und die ich auf Anhieb niemanden zuordnen konnte. Er hingegen schien von mir durchaus Bescheid zu wissen. Mehrmals schüttelte ich den Kopf hin und her, das Bouquet fiel mir dabei beinahe aus dem Arm.

Es verstrichen Sekunden, in denen nicht mehr als Geflüster aus dem Lautsprecher zu hören war. Ich fasste mir mit meiner freien Hand an den Nacken und zog dort die Haut so lange zwischen die Finger, bis sie sich nahezu taub anfühlte. Mittlerweile fielen die Schneeflocken wie in Strömen nieder. Eine Brise Wind wirbelte sie durcheinander und ließ sie in der Luft tanzen, doch das nahm ich gar nicht so wirklich wahr. Alles, was ich in diesem Moment vor meinen Augen sah, war die Vorstellung, wie Gigi einem anderen Mann ihr Herz in die Hände legte.

Die Sprechanlage ging aus. Kein Geflüster, keine vagen Geräusche aus dem Hintergrund mehr. Unbewusst hielt ich den Atem an, stürzte wieder nach vor, drückte etliche Male auf die Klingel und ließ erst dann ab, als ich Gigis Stimme hörte. „Wir kommen zu dir runter, bleib du einfach da, wo du bist. Gib uns drei Minuten, ja?", meinte sie in genau demselben liebevollen Ton, wie ihn im Gedächtnis hatte. Ich umfuhr mit dem Zeigefinger die Kanten des Klingelschildes entlang und musste meine Tränen zurückhalten, währenddessen ich eilig nickte. „Ich werde warten."

Ich schloss meine Augen, ließ die Luft aus meinen Lungen strömen und mich mit dem Rücken gegen das kalte Gemäuer fallen. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Haare durch den herabrieselnden Schnee mir triefend ins Gesicht hingen. Feine Wasserlinien liefen meine Schläfen entlang und anschließend über meine Lippen. Hin und wieder meinte ich, dazwischen auch Salz schmecken zu können. Ich kniff meine Augen etwas fester zusammen.

„Weißt du eigentlich, wie verdammt schwer es ist, sauer auf dich zu sein?", riss mich wenig später eine Stimme abrupt aus meinen Gedanken. Eine Stimme, die ich schon viel zu lange nicht mehr gehört und mich wie auf Entzug fühlen hatte lassen. Ohne jegliche Vorwarnung oder Rücksichtnahme. Ich spürte, wie ihr warmer Atem an meiner Haut kitzelte und sog ihren Geruch auf, der so intensiv war, dass er die Blumen beinahe vergessen machte.

Langsam öffnete ich die Lider und unsere Blicke trafen sich. Gigis Augen schimmerten ganz glasig, doch ihre Lippen formten sich zu einem sanften Lächeln. Zu ein- und demselben gottverdammten Lächeln, das mich vom ersten Tag an hatte schwach werden lassen. Mit den Grübchen an den Wangen und den Fältchen um der Nasenspitze. Die Haare hingen unfrisiert in ihr Gesicht, wobei ihre Stirn von der Kapuze ihres Pullovers abgeschirmt wurde. „Oh Gott, habe ich dich vermisst", flüsterte ich.

So sehr ich es auch wollte, schaffte ich es nicht, sie zu umarmen. Nicht so wie damals, indem sie ihre Arme so fest um meine Hüfte schlang, dass ich ihr Herz gegen meine Brust hämmern spüren konnte. Stattdessen schaute ich über ihre Schulter hinweg zu der Eingangstür, an der ein Mann lehnte. Er war relativ dunkel gekleidet und gerade dabei, mit vorgebeugter Hand ein Feuerzeug zu entfachen, um daraufhin die Zigarette, die zwischen seinen Zähnen steckte, anzuzünden. Unwillentlich blieb mein Blick an ihm hängen. Es fühlte sich an, als würde sich mein Magen jeden Moment umdrehen.

Gigi schien das offensichtlich zu bemerken, denn sie drehte den Kopf nach hinten in Richtung des Mannes. Keinen Atemzug später verdrehte sie genervt die Augen und fuhr sich mit einer Handfläche über die Stirn. „Ich hab dir doch tausendmal gesagt, dass Zayn versucht, mit dem Rauchen aufzuhören. Ein bisschen Respekt wäre da vielleicht ganz angebracht!", rief sie ihm zu. Er streckte die glühende Zigarette von sich weg und blies eine Rauchschwade in die Luft, wodurch ich sein Gesicht noch weniger erkennen konnte. „Hast du etwas gesagt?", kam es danach trocken von ihm zurück. „Jetzt tu nicht so. Du hast mich schon verstanden."

Sie verzog die Mundwinkel, als sie sich erneut zu mir umdrehte. „Es tut mir leid", meinte sie, „aber du weißt ja, wie Anwar ist. Durch und durch ein Sturkopf." Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen, „Anwar? Dein Bruder Anwar?" „Natürlich. Wer denn sonst?", lachte sie und drehte sich noch einmal zu ihm um, „ja okay, vielleicht hat er sich ein wenig verändert, seitdem du ihn das letzte Mal gesehen hast. Ein wenig extrem." Nachdenklich verschränkte sie die Hände unter dem Kinn. „Warum fragst du denn?"

„Ach, nichts", antwortete ich lediglich, aber Gigi schien mir einen Schritt voraus zu sein. Sie legte den Kopf leicht schief und ließ ihre Augen über mein Gesicht gleiten. „Niemand könnte dich jemals ersetzen, Zayn. Ich war nie weg, weißt du. Wir haben uns vielleicht nicht gesehen und nicht miteinander geschrieben, aber es hat keinen Moment gegeben, in dem ich mir gewünscht habe, dass je etwas anders gekommen wäre. Und trotz allem, was wir schon gemeinsam durchgemacht haben, stehst du da, in einem Hemd, mit 'nem Strauß Blumen und darüber hinaus auf einem anderen Kontinent", sagte sie ruhig. Eine Weile lang stand ich einfach nur so da und sah sie an. „Weil ich nicht weiß, wie man es besser macht", gestand ich und senkte den Kopf , „der Mann zu sein, den du dir verdienst, meine ich." Ich sah, wie ihre Hand nach meiner suchte und sie sich ineinander verschränkten.

„Das bist du immer schon gewesen."

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now