track 7

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Disc 5
Track 7 -  Long Way Down
» We built it up so high and now I'm falling «
ZAYN
im fünften Jahr nach der Trennung von One Direction

Gestern hatte ich Gigi versprochen, so lange wach bleiben, bis sie von der Fashion Week in ihrem Hotelzimmer angekommen war, damit sie mich anrufen und noch eine Weile mit mir reden könnte. Auch wenn es unglaublich schwer war, hatte ich Atemzug für Atemzug hatte wirklich mein Bestes gegeben, mich wachzuhalten. Schließlich war Gigi dieses Mal diejenige von uns beiden, der es nicht gut ging und ich hatte alles dafür tun wollen, ihr gebrochenes Herz wieder ein kleines bisschen zu reparieren.

Aber vierzehn Stunden Zeitunterschied waren einfach zu viel gewesen und irgendwann war ich dann tatsächlich mit meinem Handy zwischen den Fingern eingeschlafen. Und als ob das nicht genug wäre. Hatte ich Idiot auch noch vergessen, den Klingelton auf laut zu stellen und das hatte wiederum dazu geführt, dass ich zu vier verpassten Anrufen und exakt drei ungelesenen Nachrichten von Gigi aufgewacht war.

Zayn?

02:17

... alles okay bei dir?

02:32

Weißt du, nur weil du meinen Schmerz nicht sehen kannst, heißt das nicht, dass er nicht da ist.

03:11

Beschämt ließ ich meinen Kopf in meine Arme sinken und zog meine Haare zwischen meine Fingerspitzen, um sie aus meiner Stirn zu halten. Mit jeder Bewegung grub ich mich dabei tiefer in die Federn unserer dicken Winterdecke. Obwohl es schon fast Mittag war, hatte ich heute noch keinen einzigen Schritt aus dem Bett gesetzt. Dafür fühlte ich mich viel zu schuldig. Immerhin wusste ich von allen Menschen am besten, wie sehr Gigi in den letzten Wochen mit sich zu kämpfen hatte. Sie war überarbeitet, die halbe Welt von mir entfernt und gerissen von all den Meinungen, die jeder, der sie nicht einmal kannte, über sie hatte. Dass sie sich am liebsten unter diese Winterdecke verkriechen und den Schmerz wegträumen wollte. Zumindest die nächsten drei Monate lang. Denn dann wollte sie sich endgültig aus dem Rampenlicht zurückziehen und zusammen mit mir ein einigermaßen normales Privatleben führen. Soweit das dann eben möglich wäre.

Gegen meinen Willen riss ich mich zusammen und hievte mich aus dem Bett. Ich wand mich durch die Schichten der Bettdecke, meine Zehenspitzen stolperten über den kalten Parkettboden. Mein Körper fühlte sich völlig ausgelaugt an. Als hätte er das einzige, das ihn am Leben gehalten hatte, verloren.

Aber sie ist doch gar nicht weg, redete ich mir zu. Gigi war keine Frau, die alles aufgeben würde, wenn es einmal schwierig wurde und das war mir auch mehr als bewusst. Schließlich hätte ich sie ansonsten bereits verloren, vor wir beide überhaupt erst begonnen hatten. Gedankenverloren schob ich meine Hände in die Seitentaschen meiner Jogginghose und ging durch das Schlafzimmer zur Küchenzeile, um mich dort zu waschen. Mein Gesicht in unserem Badezimmerspiegel war das Letzte, was ich momentan sehen wollte. Schon alleine deswegen nicht, weil ich automatisch das Bild von Gigi vor mir haben würde, wie sie jeden Morgen ihre Arme um meine Hüften schlang und mich mit müden Augen anlächeln würde. Die Küchenspüle würde es schon tun.

Mit einer groben Handbewegung drehte ich die Leitung auf. Ich ließ das kalte Wasser über meine warme Haut laugen und verteilte es auf meinem Gesicht. Die Spitzen meiner Haare wurden ein wenig nass, aber das fiel mir gar nicht so wirklich auf. Die mussten sowieso bald geschnitten werden. Später. Irgendwann.

Alles, an das ich dachte war, tief ein- und auszuatmen. Meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bekommen und mir einzureden, dass es ihr schon gut ginge. Aber egal, wie sehr ich das versuchte, es wirbelte mich nur noch mehr durcheinander als es ich beruhigte.

Das Wasser lief an meinen Fingern entlang und ich sah dabei zu, wie es an den Kanten meines Eherings abperlte. Mein Oberkörper spiegelte sich mindestens ein Dutzend Mal in den Tröpfchen.

Nur weil du den Schmerz nicht sehen kannst, heißt das nicht, dass er nicht da ist.

Aber verdammt, wie ich ihn jetzt derart glasklar sehen konnte.

Mein Herz fühlte sich an, als würde es mir jeden Moment aus der Brust platzen, mein Körper, der sich bis gerade eben einfach nur leblos angefühlt hatte, füllte sich mit einem Mal in jeder Ader mit Energie. Ich musste irgendwas machen. Selbst wenn es nur etwas Belangloses wäre, ich konnte nicht weiter herumstehen oder mich zurück ins Bett legen. In meinem Rausch stellte ich den Wasserhahn wieder ab, trocknete meine Hände im Vorbeigehen unordentlich an den Handtüchern am Tresen und joggte zurück in unser Schlafzimmer, wo ich eine Schublade nach der nächsten aus der Kommode hervorzog. Hilflos wühlte ich durch meinen Stapel an unsortierter Kleidung. Irgendwann zog ich mir schließlich eine schwarze Jeans und ein weiteres dieser einfachen weißen T-Shirts, von denen ich viel zu viele hatte, an. Und darüber noch den Kapuzenpullover von gestern.

Ich wollte gerade die Schublade wieder zudrücken, als meine Finger an einem kleinen Stück Papier hängen blieben, das sich zwischen den Stoffen verloren hatte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen zog ich es hervor. Es war rosa und mit geschwungenen, großen Buchstaben beschriften. Es gibt nur eine, die ich kannte, die so schrieb und das war Gigi.

Ich hab deinen Pulli mitgenommen. Den großen schwarzen, du weißt schon. Entschuldigung oder so.

Daneben hatte sie noch ein kleines Herz gezeichnet und damit das meinem noch einmal die Messerspitze ganz tief reingerammt. Mit dem Zettel in den Händen ließ ich mich zurück in die Bettdecke sinken. In all den Wochen war mir nie aufgefallen, dass der Pullover weg gewesen war. Alles, was ich vermisst hatte, war es Gigi darin durch die Wohnung laufen zu sehen.

"Was machst du bloß mit mir?", flüsterte ich zu mir selbst, wobei ich die Notiz zwischen meinen Schoß sinken ließ. Währenddessen sich Gigi dafür entschuldigt hatte, meinen Lieblingspulli mitgenommen zu haben, schaffte ich es nicht einmal, ihr zurückzuschreiben. Dieses Mal konnte ich die Sache nicht einfach mit einem Anruf oder einem Strauß Lilien wiedergutzumachen. Oder einem klischeehaft kitschigen Song.

Sie verdiente Liebesbriefe, Schmetterlinge im Bauch und all die anderen romantischen Dinge, die ich ihr immer geben wollte, aber in denen ich nicht wirklich gut war. Vor allem, wenn sie nicht hier war, um mich zu inspirieren, wie sie es sonst immer tat. Sie war so etwas wie die Muse meines Lebens.

Aber vielleicht war die Inspiration gar nicht so weit weg, wie es den Anschein hatte. Vielleicht hatte sie genau hier ein Stückchen davon zurückgelassen. Genau zwischen meinen Fingern auf diesem kleinen, winzigen Zettel. Ein unbewusstes Lächeln huschte über meine Lippen, als ich ihn sanft in meine Hosentasche schob und erneut vom Bett aufstand.

Meine Füße fanden den Weg in unser Wohnzimmer. Zwischen den Kissen lag noch ein Stückchen ihres süßen Duftes. Ohne meinen Blick davon abzuwenden, ging ich an unserer Couch vorbei zu den Regalen daneben. Mit einem tiefen Atemzug legte ich meine Hände auf die Griffe und zog sie auf. Ich war erstaunt, wie sauber die Fächer aufgeräumt waren. Das war definitiv nicht mein Werk gewesen.

Irgendwo da unten mussten sich die Überbleibsel und Erinnerungen unserer Hochzeit befinden und das ungeschriebene Kartenpapier, das wir nie bedruckt und weggeschickt hatten, weil wir zu vorsichtig gewesen waren, wen wir eingeladen hatten. Die ersten kitschigen Liebeserklärungen, die sie hier von mir geschrieben bekommen würde und die sie hoffentlich wieder zu mir zurückführen würden.

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now