track 11

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Disc 5
Track 11-  Love You Goodbye
» unforgettable together held the whole world in our hands,
unexplainable the love that only we could understand «
NIALL
im fünften Jahr nach der Trennung von One Direction

Bereits durch die Art, wie Emma heute angezogen war, konnte ich spüren, wie sich die Welt um uns herum veränderte. Zwar hatte ich es noch nicht ganz zugelassen, aber das kleinste Anzeichen davon erreichte mich mehr als genug. Ihr honigblondes Haar, das sie ordentlich gelockt und halb hochgesteckt hatte, der dünne Lidstrich unter ihren getuschten Wimpern und das unschuldige Sommerkleid über dem Hemd unserer alten Schuluniform. Und dann waren da noch ihre abgetragenen Doc Martens, die Emma noch immer so sehr liebte wie am ersten Tag.

"Du siehst wirklich schön aus", meinte ich zu ihr, während ich mich weiter gegen die Lehne des kalten Metallstuhls fallen ließ. Ich blickte kaum zu ihr auf, als ich es sagte. Es fühlte sich so falsch an. Alles fühlte sich so falsch an. Aber es ließ ihre Mundwinkel ein wenig in die Höhe zucken, und das wiederum brachte mein Herz zum Schlagen. "Oh, danke, Niall. Das bedeutet mir wirklich sehr viel. Besonders heute", antwortete sie. Ihre Stimme von dem vielen Weinen wahnsinnig rau und heiser.

"Ich meine es ernst. Du sagst immer, wie viel Zeit und Energie es dich kostet und wie sehr es dich stresst, wenn du dich fertig machen musst. Aber das brauchst du nicht. Du bist genug so wie du bist. Und noch viel mehr als das." Sie nahm einen tiefen Atemzug, "vielleicht hast du damit ja auch sogar recht", erwiderte sie, "manchmal habe ich nur das Gefühl, dass ich gar nicht mehr weiß, dass ich einen Körper habe. Es ist ... es gibt irgendwie nicht mehr viel, wofür ich mich hübsch machen muss. Als gäbe es ohnehin nur noch meinen Verstand und mich."

Für nichts außer Krankenhausbesuche.

Ihre Augen wanderten von mir zurück durch den Korridor. Ich folgte ihrem Blick, und alles, worauf ich starrte, war wieder reine Traurigkeit. Die nackten weißen Wände, die metallenen Stuhlreihen und die Krankenschwestern mit ihren Mundschutzmasken. Je öfter ich hierher kam, desto deprimierter wirkte das Ganze auf mich. Womöglich lag es aber auch einfach daran, dass sich mit jedem unserer Besuche Noahs Zustand drastisch verschlechtert hatte.

Zwischen all dem stach allein Emmas gelbe Plastikhaarspange hervor. Nachdenklich legte ich meinen Kopf zur Seite und ließ meinen Blick darüber gleiten. "Ist das nicht die, die du verloren hast, als wir so vierzehn oder fünfzehn waren? Oder sieht die einfach nur genauso aus?", fragte ich sie. Im selben Moment schaute sie wieder zu mir hoch, ihre warmen Augen glitten über mein Gesicht und ihre Fingerspitzen über die Spange. "Das ist tatsächlich die von damals. Meine Mum hat sie gefunden, als sie meine Sachen für den Umzug gepackt hat. Mitten in den Sachen, in denen ich schon so oft danach gesucht hatte. Und dann lag sie da. Einfach so. All die Jahre war sie direkt vor meiner Nase gewesen und ich hatte sie einfach nicht gesehen."

"Wincott!"

Gleichzeitig drehten sie und ich unsere Köpfe voneinander weg nach rechts. Zwischen der Tür zu Noahs Zimmer und dem Flur stand eine Krankenschwester. Ihre kalten Augen durchbohrten Emma regelrecht. Ich nahm wahr, wie Emma ihren Zopf zurechtzog und unter dem Stuhl nach ihrer Tasche griff. Sie hängte sie sich über die Schulter, stand auf und folgte der Krankenschwester mit starrem Blick wortlos in den Raum.

Die nächsten zwanzig Minuten verbrachte ich entweder damit, auf meine schlecht gebundenen Schnürsenkel zu starren oder den Flur auf und ab zu gehen. Bei jedem Schritt hallte das Quietschen meiner Schuhe durch den ganzen Korridor. Doch das bekam ich gar nicht so wirklich mit. Meine Gedanken waren dafür viel zu sehr damit beschäftigt, sich auszumalen, was Emma wohl gerade hinter dieser Tür durchmachte. Ob sie wieder neben Noah am Bett sitzen und seine Hand halten würde oder ob sie zu ihm unter die Decke gekrochen war, um ein letztes Mal neben ihm zu schlafen.

Zunächst hörte ich sie gar nicht zurückkommen. Ich bemerkte nur, wie sie neben mir stehen blieb und scharf einatmete. "Niall?" Obwohl Emmas Stimme kaum zu hören war, bekam ich sofort Gänsehaut. Kurzerhand stand ich ebenfalls auf und stellte mich direkt vor sie. Sie hatte den Kopf gen Boden gesenkt und die Arme verzweifelt um ihren Bauch geschlungen. "Die Besuchszeit ist vorbei. Also zumindest meine", sagte sie.

Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. "Wie meinst du das? Du hast doch noch locker eine halbe Stunde. Du warst doch nicht länger als fünfzehn Minuten bei ihm?", fragte ich, woraufhin sie schmerzhaft ihr Gesicht verzog und ich mir vor Beschämung auf die Lippen biss. "Ja, ich weiß. Aber ich habe die restliche Zeit für jemand anderen aufgehoben", antwortete sie, "für dich." - "Für mich?" Nun schaute sie allmählich zu mir auf. "Ja, für dich. Für seinen besten Freund, den Jungen, der ihm das Gitarrenspielen beigebracht hat, der ihn bei sich wohnen lassen hat, als er nicht wusste, wohin, und der ihm verziehen hat, als selbst er nicht einmal selbst sich verzeihen konnte. Ich fände es wirklich schön, wenn du dich von ihm verabschieden würdest. Klar, ich kann dich nicht dazu zwingen, falls du es gar nicht möchtest, und noch weniger möchte ich, dass du es tun würdest, nur weil du mir damit einen Gefallen tun möchtest. Aber er hat doch sonst niemanden mehr."

Ihre Worte trafen mich direkt ins Herz. Emma war seine Welt gewesen. Ich schloss die Augen und holte tief Luft. "Na gut. Aber ich möchte, dass du mit mir kommst. Ich möchte nur, dass du die letzte Person bist, mit der er zusammen ist. Ich mag sein bester Freund gewesen sein, aber du warst die Liebe seines Lebens und die Mutter seiner Tochter." Sie zweifelte einen Moment lang. Ich konnte an ihren Augen erkennen, wie sie mit ihrem Gewissen kämpfte. "Ich will wirklich nicht stören", meinte sie. "Das tust du nie", sagte ich zurück.

Sie wiegte den Kopf hin und her und nickte dann schließlich. "Ja, okay." Mehr brachte sie nicht heraus, aber wie konnte ich ihr das übel nehmen. An ihrer Stelle hätte ich wahrscheinlich nicht einmal mehr die Kraft gefunden, überhaupt noch zu stehen. So Emma war wahrscheinlich der stärkste Mensch, den ich je getroffen habe. Ich dachte, ich wäre stark gewesen. Aber sie hat mir jeden Tag gezeigt, was wahre Stärke ist. Vermutlich würde sie nie damit aufhören, mich Tag für Tag aufs Neue zu beeindrucken.

Die Tür fiel hinter uns zu.

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now