track 11

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Disc 2
Track 11 - Back For You
» you don't have to worry, i'll be coming back for you «
NIALL
im zweiten Jahr nach der Trennung von One Direction


„Ich glaube, so ganz werde ich deine Welt nie verstehen."

Artie schlug hinter mir die Autotür zu und starrte auf die gläserne Fassade des Flughafens. In den Fensterscheiben spiegelte sich das Licht der aufgehenden Sonne, ein paar gestresste Passagiere drängten sich durch die Eingangstüren und Arties Autoschlüssel schepperten in seiner Hosentasche mindestens genauso aufgeregt wie mein Blut gerade durch meine Adern schoss.

Ich hievte meine Sporttasche hoch und warf sie mit einem Ruck über meine Schulter. Das Gewicht schnitt der Riemen in den Stoff meiner Jacke, mit jeder Bewegung, die ich machte, drückte es schwer gegen meinen Körper. Kurzerhand fuhr ich mit meiner anderen Hand unter den Riemen, um der Last auch nur ein kleines bisschen entgegenzuwirken. „Glaub mir, ich auch nicht. Ich hab's jahrelang versucht, aber im Endeffekt ist es nur komplizierter geworden. Irgendwann habe ich dann aufgegeben", meinte ich, während seine Augen noch immer die Glasfronten und die Menschen, die dahinter durch die Hallen hetzten, verfolgten.

Wider Erwarten wandte sich Artie zu mir, legte einen Arm um mich und schob mich vor sich hin mitten ins Flughafenchaos. An den Schaltern reichten die Warteschlagen bereits so weit zurück, dass ich deren Anfänge nicht mehr erkennen konnte. Ich legte den Zeigefinger auf den Bügel zwischen den Gläsern meiner Sonnenbrille und ließ sie aus meinen Haaren zurück auf meinen Nasenrücken fallen.

Indessen seufzte Artie neben mir auf. „Jetzt ernsthaft, Niall. Schon allein die Art, wie du dastehst. Mit gekrümmten Rücken, einer Sonnenbrille als wäre es Hochsommer und ein Pullover, in den du glatt zweimal reinpassen könntest." Er vergrub die Hände in der breiten Vordertasche seiner Latzhose, wobei er den Kopf von den Check-In-Schaltern zu mir drehte. Seine Augen funkelten mindestens genauso frech wie das Piercing an seiner Unterlippe, das er grinsend zwischen die Zähne zog.

Ich hingegen starrte weiterhin geradeaus. „Es geht mal eben nicht anders. Für mich ist das alles schon lange nichts Besonders mehr", erwiderte ich kaum hörbar, doch meinte jedes einzelne Wort so, wie ich es gesagt hatte. In meinem Kleiderschrank stapelte es sich mittlerweile nur so vor Klamotten, die derart schlicht waren, dass sie mich in der Masse untergehen ließen, und meine Hand schnappte jedes Mal aufs Neue bereits aus Reflex nach einer Sonnenbrille, bevor ich aus meiner Wohnung auf die offene Straße ging.

Das Grinsen in Arties Gesicht schwand und verfloss daraufhin zu einem mitfühlenden Lächeln. „Na, wenn das so ist. Dann werde ich mich aber nie wieder mit meinen Problemen nerven. An deiner Stelle wäre ich schon auf den Nordpol ausgewandert." Ich schüttelte mehrmals den Kopf, „du nervst nie."

Seine Mundwinkel zuckten ein Stück weiter nach oben. „Danke dir, Niall. Es wird wirklich leer ohne dich sein – ohne dich und deine unheimlich schlecht gestimmte Gitarre", lachte er und ich fuhr mir augenrollend mit einer Hand über das Gesicht. So ungern ich es mir auch eingestehen wollte, hatte Artie damit mehr als recht. Beim Umzug waren im Wagen einige Kartons aneinandergeschlagen und einer der Wirbel meiner Gitarre dadurch abgerochen. „Es ist nur ein Wochenende, Artie. Du wirst gar nicht erst bemerken, dass ich überhaupt weg war", sprach ich ihm zu, doch auch dieses Mal schien er einer anderen meinen zu sein.

„Du meinst, ein Wochenende, an dem du zweimal rund um den Globus fliegst."

Erneut schaute ich von ihm weg in die Leere. Ich schloss die Augen, fasste mit beiden Händen um den Riemen meiner Sporttasche und nahm einen tiefen Atemzug. „Ich hab' dir doch angeboten, dass du mitkommen kannst. Sogar noch heute Morgen, bevor wir losgefahren sind", versuchte ich mich aus der Sache herasuzuwinden. Mein schlechtes Gewissen klang bei jeder Silbe mit. „Und ich habe dir gesagt, dass das unmöglich geht, Niall." Artie zog die Hände aus der Vordertasche und verschränkte sie stattdessen vor der Brust. Er trat einen Schritt zurück, die Haare fielen ihm dadurch wie ungleich geschnittene Stirnfransen ins Gesicht.

Ich spürte seinen erwartungsvollen Blick auf meiner Haut, doch ich sagte nichts. Denn es gab nichts, womit ich mich rechtfertigen oder die Realität ein wenig verdrehen konnte. Mir waren mittlerweile schlicht und ergreifend die Entschuldigungen ausgegangen. Und ich schämte mich dafür unglaublich.

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now