track 17

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Disc 1
Track 17 – Na Na Na
» we make up and we break up all the time «
LIAM
im ersten Jahr nach der Trennung von One Direction

Die Scheinwerfer gingen aus und der Sicherheitsmann öffnete die Türen zum Backstagebereich. Ein langer, heller Gang weitete sich vor mir aus, grelles Licht blendete mich von allen Seiten und Menschenmengen drängelten sich an mir vorbei. Einige von ihnen telefonierten gerade, andere wiederum schienen selbst nicht so genau zu wissen, wo sie hinliefen.

Egal, wo ich hinging, ich bekam schiefe Blicke zugeworfen, aber das war ich schon gewöhnt. So gut wie alle anderen hier waren mindestens zehn Jahre älter als ich und ich für sie nicht mehr als ein Teenieschwarm. Ich atmete tief durch und versuchte, meine Gedanken abzuschütteln. Ich sollte doch so stolz darauf sein, hier zu stehen. In letzter Zeit machte ich mir viel zu viele Gedanken darüber, was andere von mir hielten und es tat mir definitiv nicht gut.

„Liam!"

Ich schrak ein wenig zusammen, als ich plötzlich eine Hand auf meiner linken Schulter spürte. Augenblicklich schnellte mein Kopf auf und ich blicke direkt in die ausdruckslosen, grauen Augen der Moderatorin. Ihr unsauber aufgetragenes Make-up setzte sich mittlerweile in ihren Poren und Lachfalten ab und ein paar ihrer wasserstoffblonden Haare hatten sich im Gehäuse ihrer Brille verfangen. „Vielen Dank, dass du da warst", meinte sie und streckte mir ihre Hand entgegen, „es hat mich wirklich gefreut, dass wir dich heute bei uns haben durften. Vielleicht sieht man sich ja bald mal wieder. Wer weiß, was die Zukunft für dich noch so bringen wird." Wortlos willigte ich ihren Händeschlag ein. Diese Frau hatte die letzten dreißig Minuten jegliche Informationen aus meinem Gehirn gezehrt und es schien sie sichtlich zufriedenzustellen. Irgendwie hatte ich Interviews schon immer gehasst.

Ich reagierte mit nicht mehr als einem knappen Nicken, woraufhin sie die Augen verdrehte und sich kurzerhand auf dem Absatz ihrer Schuhe umdrehte. Dann stöckelte sie geradewegs zu ihren Kollegen, die ein paar Meter entfernt gerade ihre Pappkaffeebecher aneinanderstießen. Ihre Bluse rutschte ihr dabei aus dem Bund ihrer Chiffonhose. Unbewusst glitt mein Blick auf ihre nackte Hüfte. Auch wenn sie wirklich hübsch war, reizte sie mich nicht im Geringsten. Ich wusste nicht einmal mehr, wie sie hieß.

Allmählich verlor ich sie aus den Augen und drängelte mich weiter durch die Masse. Alles, was ich wollte, war raus - raus aus diesem Studio. Ich war froh, zu dem Interview nichts außer mich selbst mitgebracht zu haben, denn so musste ich nicht auch noch zur Garderobe gehen.

Wenige Minuten später fielen die schweren Türen hinter mir ins Schloss. Die frische Morgenluft strömte in meine Lunge, mit halb geschlossenen Lidern lehnte ich mich gegen die Wand hinter mir, währenddessen ich in meiner Hosentasche nach meiner Packung Zigaretten suchte. Mit dem Zeigefinger fuhr ich die Kanten der Schachtel entlang und zog danach die letzte Zigarette heraus, ehe ich die leere Packung wieder zurück in meine Hosentasche schob.

So sehr ich es auch wollte, es fiel mir unfassbar schwer, mich an das Leben eines Solokünstlers zu gewöhnen. Dafür hätte ich mich viel zu oft und viel zu gerne während des Interviews hinter dem Rücken meiner vier besten Freunde versteckt. Auch von den gemeinsamen Raucherpausen war nicht mehr übriggeblieben als ich, die Zigaretten und meine Gedanken.

Das Hupen eines Autos riss mich abrupt aus meinem Schwelgen. Ich hob meinen Blick und schaute auf ein Taxi, das am Straßenrand gehalten hatte. Mit zusammengezogenen Augenbrauen ließ ich die Zigarette sinken und starrte durch das herabgelassene Seitenfenster. Der Rauch staute sich dabei in meinen Lungen auf.

„Payne?", rief der Fahrer mir fragend zu und ich nickte. Irgendein Mitarbeiter hatte mich gerade eben noch darauf hingewiesen, dass ein Taxi auf meinen Namen bestellt worden war und doch hatte ich das bereits wieder vergessen. Ich warf meine Zigarette auf den Boden und trat sie aus, als mich von meinem Brustraum bis zu meinem Rachen ein immenses Gefühl an Druck überkam. Reflexartig räusperte ich mich mehrfach in die Faust. Ich hatte bei all der Nostalgie gar nicht daran gedacht, wieder aufzuatmen.

Der Zigarettenstummel war bereits ausgeglüht, als ich meine Hand auf die Beifahrertür legte. Belanglos riss ich diese auf, lächelte den Fahrer schwach an und schnallte den Gurt über meinen Oberkörper. „Wohin geht's denn?", fragte er mich daraufhin. Ich nahm einen tiefen Atemzug und warf einen leeren Blick durch die Windschutzscheibe. Es war erst kurz vor Mittag und doch waren mit dem Interview für heute alle Pläne durchgestrichen. Mit bedrückter Stimme sagte ich meine Adresse an.

Die Taxifahrt verlief schweigend, aber um ehrlich zu sein, kam mir das ganz recht. Ungefähr fünfzehn Minuten später waren wir dann vor meinem Wohnblock angekommen. Ich zog mein Portemonnaie aus der Hosentasche, um zu bezahlen, doch der Fahrer winkte ab und meinte, dass der Studiokonzern  für die Kosten aufkommen würde. Ach stimmt, da war ja was.

Rücksichtslos warf ich die Autotür hinter mir zu. Während ich zum Eingang ging, verloren sich meine Hände abermals in meiner Hosentasche, um nach einer weiteren Zigarette zu suchen. Stattdessen griffen sie jedoch nur auf die zusammengedrückte, aufgebrauchte Packung. Fluchend seufzte ich auf, doch sofern ich mich erinnern konnte, hatte ich auf meinem Nachttisch noch eine auf Reserve liegen.

Meine Beine trugen mich so schnell es ging die Stufen hinauf bis in die dritte Etage. Als ich in meine Wohnung trat, überkam mich der beißende Geruch von angebranntem Toast. Ich vergrub meine Nase zwischen Daumen und Zeigefinger und wandte mich in alle Richtungen um. Sowohl am Esstisch als auch auf der Theke stapelte sich benutztes Geschirr, die Bettwäsche war von der Couch verschwunden und aus dem Wasserhahn tropfte ein wenig Wasser. Das Geräusch machte mich so verrückt, dass ich nicht anders konnte, als auf das Spülbecken zuzustürmen und die Leitung abzustellen.

Unter einem tiefen Atemzug ließ ich ab und ging weiter zu meiner Schlafzimmertür, die ich vorsichtig mit den Fingerspitzen aufdrückte. Ich ließ meinen Blick durch den Raum gleiten. Ich musterte die Bettkante und schaute auf die Matratze, auf der ich neben meiner Bettwäsche die andere, die heute morgen noch auf der Couch gelegen war, sah. Aus dem unteren Ende der Decke schauten zwei blasse, unrasierte Füße hervor und auf dem weißen Kissen zeichneten sich blonde Haarspitzen ab. Es würde wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnen würde, dass Niall jetzt bei mir wohnte.

half blue skies | 𝐨𝐧𝐞 𝐝𝐢𝐫𝐞𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now