Figureninterviews: Eleanor

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Manchmal, um meine Figuren besser kennenzulernen, führe ich ein fiktives Interview mit ihnen. Das hilft mir, ihre Psyche und ihre Motive besser zu verstehen. Kann ich jedem, der selbst schreibt nur empfehlen. Ich dachte, ich teile das Ergebnis mal mit euch. Das ganze ist natürlich nur Spaß. Eleanor macht den Anfang.

Ich: Danke, dass du hier bist und dir Zeit genommen hast.

Eleanor (trocken): Ich lebe in deinem Kopf. Wo sollte ich sonst sein?

Ich: Ja...fangen wir doch an. Erste Frage: Wie würdest du deinen Stil bezeichnen?

Eleanor: Stil?

Ich: Naja...deine Kleider sind ja eher so englisch-klassischer Akademiker...

Eleanor: Ich lebe in Oxford! Erwartest du, dass ich bauchfrei rumlaufe oder was?

Ich: Nächste Frage...Lieblingsbuch?

Eleanor: Zu viele, um hier alle zu nennen. 

Ich: Lieblingsgedicht? 

Eleanor: Im Moment Gethsemane von Mary Oliver. Aber ich mag auch die Texte von Tolkien sehr gerne. "Nicht alles, was Gold ist, glitzert. Nicht alle, die wandern sind verloren"...da liegt viel Weisheit drin. 

Ich: Lieblingslied?

Eleanor: Samuel Barbers Adagio for stings. Aber grundsätzlich überwiegend klassische Musik. 

Ich: Lieblingskunstwerk?

Eleanor: Michelangelo's Pieta. Und ein paar Statuen von Bernini. 

Ich: Was machst du in deiner Freizeit?

Eleanor: Lesen. Dasitzen und denken. Kochen. Das habe ich wohl von meinem Vater. Und ich mag es, neue Dinge zu lernen.

Ich: Gibt es einen Studiengegenstand, der dich besonders fasziniert?

Eleanor: Theologie. 

Ich: Tatsächlich? Warum?

Eleanor: Die Gottesfrage ist das letzte wahre Mysterium dieser Welt. Der letzte Schleier, hinter den wir nicht blicken können. Ich verstehe nicht, wie einen das kaltlassen kann.

Muss ich mich und mein Leben irgendwann vor dem verantworten, der es mir gegeben hat? Das sind keine trivialen Fragen. Letztlich entscheidet sich alles im Leben an der Frage: Gibt es einen Gott und wenn ja wie ist er?

Ich: Gibt es denn Dinge in deinem Leben, die du bereust?

Eleanor: Ja.

Ich: Was bereust davon am meisten?

Eleanor: Dass ich nicht für meine Schwester da war, als sie mich brauchte. Dass ich ihr nicht gezeigt habe, wie wichtig sie für mich ist. 

Ich: Hast du Angst vor dem Tod?

Eleanor: Ich glaube, kein Mensch kann diese Frage ehrlich verneinen. 

Ich: Hast du Schwächen?

Eleanor (lacht): Eine Menge. 

Ich: Zum Beispiel?

Eleanor: Meinen Stolz. Die Tendenz, auf andere herabzublicken. Meine Verführbarkeit, was Macht betrifft. Es fällt mir schwer, Nähe zuzulassen und den Menschen in meinem Umfeld zu zeigen, dass ich sie liebe. Oder zuzugeben, dass ich etwas nicht allein schaffe. Ich kann ziemlich stur sein. 

Ich: Und Stärken?

Eleanor: Ich glaube, ich bin ziemlich gut im kritisch denken. Mir macht niemand so schnell was vor. Und ich habe Menschenkenntnis, sagt man zumindest. 

Ich: Welche Werte sind dir wichtig?

Eleanor: Mut. Treue. Wahrhaftigkeit. Barmherzigkeit. Sophie Scholl hat mal gesagt: „Ein harter Geist, ein weiches Herz". Das würde ich so unterschreiben. Auch wenn ich es nicht besonders gut umsetze, muss ich gestehen.

Ich: Welche Eigenschaft bewunderst du in anderen?

Eleanor: Demut. Sich selbst zurücknehmen können, damit andere groß sein können.  Davor habe ich Respekt. 

Ich: Wenn du einen Wunsch frei hättest, was wäre er?

Eleanor: Dass meine Schwester mir vergibt. 

Ich: Was muss sich ändern, dass die Welt ein besserer Ort wird?

Eleanor: Ich. Die Antwort ist nicht von mir, sie haben schon viele berühmte Menschen vor mir gegeben. Aber das macht sie nicht weniger wahr.

Ich: Und zum Abschluss: Frühling oder Herbst?

Eleanor: Herbst. 

Ich: Wein oder Bier?

Eleanor: Whiskey.

Ich: Was hältst du davon, Whiskey mit Cola zu mischen?

Eleanor: Hast du einen Todeswunsch...?!

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