Dem Schicksal zum Trotz (2)

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Schatten schlängeln sich aus Damons Handflächen. Margret und Eleanor treten in den Kreis. „Ich will keine Einmischung", ruft Damon den übrigen Wächtern zu, die sich daraufhin in den Schatten bei der Tür zurückziehen. Nur Constanze steht noch hinter mir. „Die beiden gehören mir allein."

Ich habe mittlerweile schon einige Duelle von Schattenwächtern gesehen. Mächtige Sturzwellen aus Magie. Ich habe erlebt wie Eleanor mehrmals fast die Kontrolle verloren hätte, gefangen in einem schwarzen Wirbelsturm, der sie verzehrt hat. Aber dieses Duell vor mir ist anders.

Auf der einen Seite steht Damon, der die Schatten nur so aus sich herausströmen lässt, mit wutverzerrtem Gesicht, als hätte er plötzlich alle Schleusen geöffnet. Auf der anderen Seite sind die Murray Schwestern, die Schilde beschwören, offensichtlich ganz mit Verteidigung beschäftigt, ohne Bestrebung selbst anzugreifen. Die Gegner umkreisen sich, während sie kämpfen, lauern wie Wölfe, aber immer mit gleichem Abstand.

Weder Eleanor noch Margret greifen an. Sie lassen Damons Attacken ins Leere laufen, blocken sie ab. Jede ihrer Bewegungen ist ruhig und kontrolliert. Ganz im Gegensatz zu Damon. Die Gelassenheit der Schwestern scheint ihn nur noch rasender zu machen. Ich weiß, dass er stark ist, aber die Masse an Schatten, die da gerade aus ihm herausflutet, die ihn sogar zittern lässt, hat nichts mehr mit Training oder Talent zu tun. Er brennt aus, verliert die Kontrolle, gefangen in Hass und Rache, wie damals Eleanor in der Festung. Je ruhiger die Murrays sind, desto wütender wird er. Und genau das ist vermutlich ihre Strategie.

Damon im Duell besiegen ist schwer. Aber ihn sich selbst besiegen lassen, ihn schwächen, bis er unter der eigenen Macht zusammenbricht, das ist eine echte Möglichkeit. Wenn man ihn nur lange genug reizt.

Vermutlich haben sich Eleanor und Margret ihre Enthüllung genau deswegen bis zur letzten Sekunde aufgehoben. Der Verrat sollte wehtun. Er sollte Damon in seinem Ego treffen, ihn so verwunden, dass seine Emotionen überkochen wie Eleanors nach seinem Angriff auf Demetra. Auf diese Weise können sie das Ritual verhindern und Damon obendrein noch für alle Zeiten ausschalten.

Mittlerweile haben die Kontrahenten Plätze getauscht. Margret und Eleanor stehen jetzt mit dem Rücken zum Altar, Damon zur Tür gewandt. Er kann sich kaum noch auf den Beinen halten, seine Arme zittern und sinken immer wieder nach unten.

Gleich. Ihr habt es gleich geschafft. Mittlerweile lehne ich mich förmlich in meine Fesseln, drehe und winde mich, um frei zu kommen. Wie gerne wäre ich jetzt bei ihnen, um an ihrer Seite zu kämpfen. Ich rüttle an den Schattenbändern aber nichts passiert. Constanze hat mich zwar losgelassen und-

Moment. Sie hat mich losgelassen? Ich drehe den Kopf und sehe sie. Neben mir. Die Hand voller Schatten auf Eleanors Herz gerichtet.

Und dann passiert alles auf einmal.

„Eleanor!" Mein Schrei hallt durch die Kapelle, kurz denke ich, dass sogar die blauen Fackeln davon erzittern. „Pass auf!"

Margret hebt den Blick. Als sie Constanze sieht weiten sich ihre Augen. Sie schiebt sich vor Eleanor, die Hand, die vorher einen Schild gegen Damon beschworen hat, in einer Geste der Abwehr auf Constanze gerichtet. Constanze feuert ihre Schatten. Zeitgleich lässt Eleanor schreiend die Schilde fallen.

Constanzes Angriff wird von Margret zurückgeschleudert, die Wucht bringt sie und Eleanor ins Taumeln. Für einen Augenblick ist alle Aufmerksamkeit auf Constanze gerichtet.

Einen Moment, den Damon nutzt und einen Schattendolch in Margrets Seite treibt.

Sie erstarrt, mitten in der Bewegung. Langsam senkt sie den Kopf, sieht an sich hinunter, bis zu dem schwarzen Loch in ihrem Umhang. Sie tastet danach, drückt die Finger in die Wunde. Als Margret sie wieder wegnimmt ist ihre Hand rot vor Blut. Der Anblick scheint sie in die Realität zurückzuholen. Schwankend greift sie nach dem Altar hinter sich, hält sich an ihm fest, während sie zu Boden sinkt und ihre Hand schmiert feucht glänzendes Blut über den Stein.

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