66. Teil

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Ich wusste nicht wie lange ich schon hier lag. Auf meinem Bett. Der Schlaf fand mich nicht. Ich bekam die Augen nicht zu. Mein Kopf war voll. Heute war ein anstrengender Tag gewesen.
Seitdem ich hier in dieser Stadt bin, finde ich keine Ruhe. Vielleicht sollte ich wirklich gehen. Als ich in Berlin gewohnt hatte, war ich glücklich. Es gab Frieden in der Wohnung meiner Tante. Meine Familie fehlte mir so sehr! Hier habe ich niemanden, an dem ich mich festhalten kann! Hier finde ich kein Halt!
Ich setzte mich auf die Bettkante und nahm das Bild meiner Eltern in die Hand. Wie glücklich sie aussahen. Wären sie bloß bei mir ...

Mein Kopf war überfüllt. Ich kann das alles nicht mehr verarbeiten. Buraks Worte waren wie in meinem Kopf eingraviert. Langsam frage ich mich, was er für mich empfindet. Was meinte er mit, dass er sich in meinen Augen verliert? Hatten wir uns so sehr aneinander verbunden? Wo führte das alles hin? Ich konnte nicht ahnen, was in der Zukunft passieren könnte. Sogar, was morgen passieren kann. So durcheinander war mein Leben gerade.
Burak, was hast du bloß mit mir gemacht? Was hast du mit uns gemacht?

Burak
Ich konnte nicht mehr atmen. Die Atemzüge blieben in meinem Hals hängen. Mein Kopf war nicht fähig logisch zu denken. Ich war durcheinander. Ich wusste nicht, wohin ich sollte. Denn nirgendwo fand ich einen Ausweg. Ich irrte in den Straßen rum. Mit der Hoffnung irgendwo Ruhe zu finden.
Innerlich fühlte ich mich nur noch leer. Denn heute ich jemanden verloren. Kader.
Die Enttäuschung in ihren Augen hat mich kaputt gemacht. Ich habe sie verloren ...
Ich lachte, jedoch vor Wut. Danach folgten Tränen. Die Tränen der Hoffnungslosigkeit.

Die Straßen waren leer. Wie meine Seele.
Irgendwann fand ich dann den Weg in eine Bar. Wie an den alten Tagen. Ohne mich umzuschauen ging ich Richtung Theke.
Der Barkeeper fragte nach, was ich gerne hätte.
„Gib mir einfach irgendwas, das meine Gedanken unterdrückt.", sagte ich nur und setzte mich hin.
Ich hatte das Zeitgefühl verloren. Wie viel Uhr war es? 01:07 zeigte mein Handy an. Ich bemerkte, dass mich Can mehrmals angerufen hatte.
Vielleicht würde er mir jetzt gut tun.
Doch ich war zu durcheinander zum Reden. Ich wollte nur für ein paar Stunden abschalten.
Der Barkeeper servierte mir den Drink. In einem Zug trank ich es aus.
Das machst du super Burak. Ich brach mein Versprechen nie wieder mehr zu trinken. Wann konnte ich mich überhaupt an Versprechen halten?

Nach dem fünften Glas hörte ich auf. Ich fing an doppelt und verschwommen zu sehen. Ich bezahlte und stand wieder auf. Alles drehte sich um mich. Kaum fand ich Halt.
„Ich weiß was du brauchst.", hörte ich neben mir.
Als ich mich umdrehte, sah ich eine junge Frau.
„Und was?", fragte ich.
„Ich habe dich schon seitdem du gekommen bist im Auge. Erzähl, wer hat dir das angetan?", meinte sie.
Was das ernst gemeint? Ich lachte auf.
„Ich brauche ganz sicherlich nicht dich.", sagte ich kalt und machte mich fort.
Ich brauche sicherlich nicht sie. Sie hat mich bestimmt nur angesprochen, weil sie bemerkt hat, dass ich Geld habe.

Draußen angekommen zog ich tief die Luft ein. Ein Nieselregen hatte angefangen. Wo hatte ich mein Auto geparkt? Mein Kopf drohte zu platzen.
Orientierungslos schaute ich mich um.
War mein Schmerz gelindert? Nein. Hatte ich die Gedanken in meinem Kopf vergessen? Nein. Was passierte bloß mit mir? Ich fühlte mich verloren.
„Burak!", hörte ich jemanden rufen.
Abrupt drehte ich mich um.

Can
Ich hatte Burak endlich gefunden! Er schaute sich um und erstarrte, als er mich entdeckte.
„Vay, kardeşim gelmiş! (Mein Bruder ist gekommen!)", überraschte er sich lachend.
„Bu halin de ne? (Wie siehst du denn aus?)", fragte ich aufgebracht.
Ich hatte Burak lange nicht so schlimm gesehen!
„Yerin dibine de girsem bulur musun beni? (Würdest du mich auch finden, wenn ich im Erdboden wäre?)", fragte er.
„Evet! Kes sesini ve bin şuraya! (Ja! Sei still und steige ein!)", zog ich ihn hinter mich her.

Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt