76. Teil

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Kader

Langsam öffnete ich meine Augen. Es war schon Morgen geworden. Sofort schloss ich die Augen zu, als ich die Sonnenstrahlen ins Gesicht bekam. Irgend ein Geräusch hatte mich geweckt, sonst wäre ich nicht wach geworden.
„Kader.", hörte ich neben mir.
Ich drehte mich zur anderen Seite und zog die Bettdecke höher.
„Kader?", hörte ich erneut und jemand fuhr durch meine Haare.
Wie viel Uhr war es? Ich wollte noch schlafen!
„Daha çok erken! (Es ist noch zu früh!)", gab ich müde von mir.
Genervt wollte ich die Hand wegnehmen, doch verstand dann, wer gekommen war. Es war Burak!
„Burak!", riss ich mich vom Schlaf.
Schockiert drehte mich zu ihm. War das ein Traum? Nein, er stand wirklich in meinem Zimmer!
„Wie es scheint bist du kein Frühaufsteher.", bemerkte er und fing an zu lachen.
„Was machst du hier? Seit wann bist du hier?", fragte ich überrascht.
„Um acht Uhr bin ich hier gekommen und seit zehn Minuten bin ich in deinem Zimmer. Soll ich wieder gehen? Du siehst nicht erfreut aus mich zu sehen.", meinte er und setzte sich auf die Bettkante.
„Nein, bleibe hier. Ich... war nur überrascht! Ich habe mich erschrocken.", sagte ich.
Moment mal. Wie sah ich gerade aus! Ich hatte bestimmt angeschwollene Augen und zerzauste Haare.
„Schau mich nicht an! Ich sehe gerade sicherlich schlimm aus!", sicherte ich und stand auf.
Mein Pyjama war gerade auch nicht schön. Ich hatte ein T-Shirt mit dem Gesicht von Mickey Mouse an und eine karierte Pyjamahose.
„Sen her zaman güzelsin, bunu bilsen iyi olur. (Du bist immer schön, es wäre gut, wenn du das wüsstest.)", meinte Burak und umarmte mich von hinten. Mein Herz machte Sprünge.
„N'apıyorsun? Yalancı, patates gibi görünüyorum şu an. (Was machst du? Lüger, ich sehe gerade wie eine Kartoffel aus.)", sagte ich und musste lachen.
Ich schaute mir unser Spiegelbild an und musste bei dem Anblick lachen. Burak sah perfekt gestylt aus und ich war in meinem Schlaf-Look.
„Alış küçük süprizlerime. Aşağıda bekliyorum seni. (Gewöhne dich an meine kleinen Überraschungen. Ich warte unten auf dich.)", sagte er und löste sich wieder von mir.
„Tamam, geliyorum. (Okay, ich komme.)"

Ich hatte mich so überrascht, als ich plötzlich Burak gesehen habe. Damit hätte ich nicht gerechnet. Er ist verrückt. Wer kommt schon morgens wie ein Einbrecher in meine Wohnung?  Und dann weckt er mich noch auf. Ich hatte noch etwas geträumt, doch ich habe es schon vergessen.
Im Badezimmer machte ich mich schnell fertig. Danach zog ich mich um. In Jeans und T-Shirt verließ ich mein Zimmer.
Wo war Burak hingegangen?
„Burak?", rief ich und suchte nach ihn.
Ich hörte Geräusche aus der Küche. Was machte er dort?

Als ich die Küche betrat, traute ich meinen Augen nicht. Er hatte den Frühstück vorbereitet!
„Ich glaub's nicht! Hast du das alles selber vorbereitet?", fragte ich und näherte mich ihm.
„Ja, ich hatte dir gesagt, dass du dich an meine kleine Überraschungen gewöhnen sollst.", gab er sicher von sich und nahm meine Hände in seine.
Ein Blick auf den Esstisch verriet, dass er sehr vieles vorbereitet hatte.
„Sicher, dass nur wir zwei essen werden? Damit könnte eine ganze Fußballmannschaft satt werden.", fragte ich.
„Mensch Kader! Du zerstört gerade voll unser Moment.", meinte er lachend.
„Tut mir leid, ich bin ein Eisbrocken was Liebe angeht.", entschuldigte ich mich und nahm Platz.
„Warte ab, der Eisbrocken wird noch schmelzen.", sicherte er und setzte sich auch hin.
Wer weiß, vielleicht schafft er das. Dabei war ich mir sogar sicher.
„Na dann, schauen wir mal, was Herr Burak alles vorbereitet hat.", begann ich mein Teller zu füllen. Von kleinen Pfannkuchen zu Rührei, Marmeladen, Brote - alles Mögliche war da.

Während ich mein Tee trank, versuchte ich mich an mein Traum zu erinnern. Abschnitte fielen mir ein. Träume dauern immer ganz kurz, doch fühlen sich ewig lange an.
Ich war auf einer Wiese. Eine Menschenmenge war vor mir zu sehen. Plötzlich wurde es dunkel und schwarze Wolken hatten den Himmel bedeckt. Es fing an zu regnen. Der Regen wurde immer stärker. Die Tropfen veränderten sich auf einmal zu Steinen. Panik brach aus und die Menschen versuchten schreiend zu fliehen. Während ich hilflos nach einem Fluchtort suchte, packte mich plötzlich jemand am Arm und zog mich weg. Das war eine Frau Mitte dreißig. 
„Folge mir Kader, ich werde dir helfen.", sagte sie und begann mich wegzuführen.
Irgendwann blieben wir stehen und die Sonne schien wieder. Lächelnd schaute mich die Frau an.
Jetzt erinnerte ich mich daran, wer die Frau war! Sie war meine Mutter...

Das VersprechenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt