87. Teil

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Mein Körper fühlte sich wie betäubt an. Ich nahm nichts mehr um mich wahr.
Meine Schritte führten mich irgendwo hin, mein Verstand hatte mich schon längst verlassen. Mit trägen Schritten ging ich die Treppen runter.
Draußen angekommen blieb ich vor meinem Auto stehen und atmete tief die Luft ein. Can war auch erschüttert.
Die Antwort von Semih hatten mir jegliche Kräfte genommen.
Tief schluckte ich mir den Kloß runter und atmete tief die Luft ein. Ich schloss die Augen und stützte mich an meinem Auto. Es kochte in mir vor Wut. Doch mein Körper war zu nichts fähig. Ich ballte meine Hände zu Fäusten.
„Burak, sakin ol! (Burak, beruhige dich!)", bat Can und legte seine Hand auf meine Schulter.
„Nasıl sakin olayım! Söyle, nasıl? (Wie soll ich mich beruhigen! Sag mir, wie?)", wandte ich mich wutentbrannt zu ihm.
Aufgebracht fuhr ich mit der Hand über mein Gesicht.
„Benim bir şey yapmam lazım! Böyle boş duramam! (Ich muss etwas machen! Ich kann nicht so rumstehen!)", sicherte ich.
„Sakin ol! Dışarıdayız. Akşam konuşuruz, şimdi işe gitmem lazım. (Beruhige dich! Wir sind draußen. Reden wir am Abend, ich muss jetzt zur Arbeit.)", sagte Can.
Ich nickte und stieg in mein Auto ein.
Auf dem Nachhauseweg gingen mir unzählige Dinge durch den Kopf. Ich konnte mich nicht auf das Fahren konzentrieren. An einer Ampel angekommen, atmete ich mehrmals tief die Luft ein und trank bisschen Wasser. Am liebsten würde ich mir es über den Kopf schütten. Ich brauchte einen klaren Kopf.
Oh man... Kader wollte noch zu mir kommen! Ich hatte sie eingeladen. Das habe ich total vergessen.

In einer halben Stunden traf ich vor meiner Wohnung ein. Bevor ich rein ging, leerte ich den Briefkasten. Da war doch einiges drin.
Drinnen ließ ich mich müde auf der Couch nieder und schaute mir die Briefe, die ich erhalten hatte an.
Auf einem Umschlag war nicht der Versender ausgezeichnet. Verwirrt öffnete ich den Brief und schaute rein.
Auf einmal traf ich auf Fotos.
Ich erstarrte. Mein Herz hörte auf zu klopfen. Ich hielt die Luft an. Sah ich gerade richtig? Mit zittrigen Händel holte ich die Bilder aus dem Umschlag raus.
Sie waren von Kader! Meine Wut schoss wieder hoch! Es wurden wieder Fotos von meiner Kader gemacht! Wann wurden sie gemacht? Ich verliere noch den Verstand!
Ich konnte sie nicht beschützen...
Ein kleiner Zettel befand noch im Umschlag.
Du liebst sie sehr, nicht wahr? laß ich.

Kader

Um halb vier verließ ich meine Wohnung und machte mich auf dem Weg zu Burak. Ich freute mich ihn zu sehen, doch das Gespräch mit Ilkay hatte mich sehr zum Nachdenken gebracht. Die ganze Zeit schwirrten seine Worte in meinem Kopf. Ich muss mir die Geschichte von Buraks Sicht nochmal anhören. Heute werde ich ihn auf jeden Fall darauf ansprechen. Ich muss den Konflikt zwischen den beiden lösen, bevor es schlimmer wird. Ich habe Angst, dass Ilkay irgendwann unsere Wahrheit verrät. Das könnte ich mir nicht erlauben...
Als es so weit war, kam ich an. Ich war etwas pünktlicher als gedacht losgefahren, doch das müsste kein Problem sein.
Vor der Türe blieb ich kurz stehen und zog mein T-Shirt zurecht. Ich hatte mich nicht besonders schick angezogen. Zum T-Shirt hatte ich eine dünne Stoffhose an. Passend zum Wetter.
Ich klingelte und wartete, dass mir die Türe geöffnet wurde. Wo blieb Burak? Ungeduldig klingelte ich wieder.

Als mir die Tür endlich geöffnet wurde, erstarrte ich kurz. Denn Burak war oberkörperfrei. Wie verwurzelt blickte ich ihn an. Mein Herz fing auf einmal schneller an zu schlagen.
„Tut mir leid, war im Badezimmer und habe es spät gehört.", entschuldigte er sich und streifte sein T-Shirt über.
„Ich dachte mir schon wo du bleibst.", löste ich mich aus der Starre und betrat die Wohnung.
Lächelnd empfing er mich, doch das war ein mattes Lächeln. Und waren seine Augen leicht angeschwollen, oder kam es mir so vor?
„Ich hoffe du öffnest nur mir so die Türe. Sonst köpfe ich dich.", sagte ich und zog skeptisch eine Braue in die Höhe.
Daraufhin fing er an zu lachen. Was? Hatte ich nicht Recht?
„Da kannst du dir sicher sein, Madame Eifersüchtig.", beruhigte er mich und trat näher.
Das bin ich vielleicht. Okay, das war ich, wenn es um Menschen ging, die ich liebte.
Buraks Hände fanden Platz auf meiner Taille. Sein Geruch stieg mir die Nase hoch. Liebevoll blickte er mich an. Diese Zuneigung bring mein Herz zum Schmelzen.
Ja, seine Augen waren angeschwollen.
Ne oldu Burak? İyi görünmüyorsun. (Was ist passiert Burak? Du siehst nicht gut aus.)", zweifelte ich und nahm mein Gesicht in meine Hände.
Er schloss kurz ermüdet die Augen und umfasste meine Hände. Stumm blickte er mich zunächst an.
„Bahçeye gidelim mi? (Sollen wir in den Garten gehen?)", änderte er abrupt das Thema.
„Gidelim. (Gehen wir.)", sagte ich, als ich verstand, dass er nicht darüber reden wollte.
Zusammen gingen wir in den Garten. Wieso war Burak auf einmal so seltsam? Er war so ruhig. Ungewöhnlich ruhig. Als ob er jeder Zeit einschlafen könnte.

Das VersprechenHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin