70. Teil

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Eine Träne floss mir runter. Anstatt Wörter kamen mir Tränen ...

Ich schloss die Augen. Ich konnte mir das nicht mehr ansehen. Die schmerzerfüllten Blicke von Burak brachen mir das Herz. Als ich die Augen öffnete, war er plötzlich verschwunden.
Vor einigen Sekunden war er noch da. Sein Gesuch war geblieben, doch er war gegangen.
Ich wischte mir die Tränen weg. Ich nahm noch noch meine Tasche und machte mich so schnell ich konnte fort.
„Kader!", hörte ich noch Batuhan im Hintergrund rufen.
Er eilte hinter mir her.
„Jetzt nicht!", sagte ich nur und näherte mich der Haustüre.
Ich riss sie auf und warf noch einen letzten Blick auf Batuhan.
Ich lächelte ihn gebrochen an und ging raus. Die Türe hinter mir fiel zu. Tief atmete ich die Luft ein und unterdrückte die Schluchzer. Mein ganzer Körper war wie gelähmt von Buraks Worten ...

Nächster Morgen

„Guten Morgen!", grüßte mir eine Arbeitskollegin, als ich im Flur eintraf.
Ich grüßte ihr ebenfalls und ging Richtung Büro. Wie es scheint können wir die PCs immer noch nicht benutzen. Der Laptop von gestern stand noch auf meinem Tisch.
Darauf stand auf noch ein Ordner. Als ich näher trat, konnte ich ein Post it darauf erkennen.

Guten Morgen Frau Dereci,
Hier sind ein paar Daten drin, die sie zusammenfassen sollten. Am Mittag findet noch ein Meeting statt.

Herr Kozan

Aha, von Herr Kozan also. Super, als hätte ich schon nicht genug zu tun. Naja, ich werde es schon irgendwie schaffen ... Tief atmete ich durch und lud mein Laptop hoch. Die Arbeit konnte beginnen. Obwohl mein Kopf so voll war, versuchte ich mich trotzdem zu konzentrieren. Fehler darf ich mir nicht erlauben. Ich legte mein Handy zur Seite und schaute nach, ob ich Nachrichten bekommen hatte.
5 Anrufe von Batuhan und noch 3 Nachrichten von ihm. Später rufe ich ihn lieber an. Er hatte bestimmt Schuldgefühle nach der Diskussion gestern. Er war ja nicht der Schuldige. Und wieder war ich abgelenkt! Jetzt muss ich anfangen die Dokumente zu fertigen.

Mit dem Klopfen der Türe, riss ich mich vom Bildschirm.
„Ja!", rief ich.
Herr Kozan trat rein.
„Die Besprechung findet gleich statt, haben Sie die Arbeitsanweisungen gefertigt?", fragte er.
„Gleich, ich muss nur noch die letzte Zeile beenden und den Format überprüfen."
„Lassen Sie mich mal einen Blick darauf werfen.", meinte er und näherte sich.
Ich schrieb die letzten Sätze und speicherte danach das Dokument.
„Hier ist Ihnen ein Fehler entgangen.", wies er mich drauf und tippte es richtig ein.
Wir waren uns plötzlich so nah. Ich wollte zur Seite gehen, doch er hatte sich schon über mich gestürzt. Ich glaube das war ihm nicht klar, weil er so vertieft den Text überflog.

Es klopfte erneut an der Türe. Plötzlich sah ich Batuhan vor mir. Unmittelbar erstarrte ich. Er hatte die Arme aufeinander gekreuzt und schaute mich skeptisch an.
„Ehm, Herr Kozan ...", versuchte ich seine Aufmerksamkeit zu kriegen.
„Das Dokument ist gut so.", meinte er.
Ich druckte das Blatt schnell aus und ging zu Batuhan.
„Ich komme gleich Herr Kozan.", gab ich bescheid.
„Störe ich etwa dein Date?", fragte er.
„Batuhan, er hat nur die Datei überprüft!", versuchte ich klar zu machen.
„Leyla überprüft auch meine Dateien, aber nicht so!", meinte er mit zusammengezogenen Brauen.
„Was machst du außerdem hier? Du solltest zuhause bleiben!", überraschte ich mich.
„Wer hat den Schnösel hier eingestellt? Das ist keine Modelagentur.", meinte Batuhan.
Ich kniff mir das Lächeln weg.

„Wieso ignorierst du meine Anrufe Madame? Mein Kopf war die ganze Nacht bei euch Sturköpfen.", ärgerte er sich.
„Tut mir leid, ich hatte meine Ruhe gebraucht.", entschuldigte ich mich.
„Dann hättest du mir eine Nachricht schreiben können! Herr Burak hat mich auch ignoriert!"
Batuhan sah ziemlich gereizt aus. Wir haben den Armen gut genervt ...
„Wie gesagt, tut mir leid, Batu. Ich weiß, ich sollte dich nicht ignorieren."
Die zusammengezogenen Braue lösten sich wieder und ein Lächeln spiegelte sich auf seinem Gesicht.
„Ich hatte dir einen Schokoriegel mitgebracht, doch dein netter Arbeitskollege hat mir nicht gefallen. Soll ich es behalten?", fragte er und holte es aus seiner Jackentasche raus.
„Danke Batu, du kommst nie mit leeren Händen hier her!"
Er zögerte zuerst, doch reichte mir dann den Riegel. Er war wütend auf mich, doch seine Wut schien auch wieder vergangen zu sein.
Batuhans Handy fing an zu klingeln. Als er auf den Bildschirm blickte, seufzte er und packte sein Handy wieder weg.
„Vor wen fliehst du?", fragte ich mit zusammengezogenen Brauen.
„Mein Mutter hat mich angerufen. Sie hat wohl bemerkt, dass ich nicht mehr in meinem Zimmer bin und das Auto nicht in der Garage steht."
„Natürlich macht sie sich Sorgen! Sage ihr mindestens, dass du in Sicherheit bist. Ich muss jetzt zu einer Besprechung. Und du gehst dich ausruhen!", vereinbarte ich.
„Zuhause ist es langweilig! Ich habe keine Lust mehr mich auszuruhen!", weigerte er sich.
„Batuhan! Wenn ich gekommen bin, will ich dich nicht mehr hier sehen!", sagte ich zuletzt und machte mich fort.
Ach Batuhan, wieso musst du immer zu mir kommen? Lachend ging ich Richtung Aufzug.

Als es endlich 16 Uhr war, durfte ich die Arbeit verlassen. Heute war es ein anstrengender Tag gewesen. Und draußen war es auch sehr heiß. Es war Ende Juni. Eine stickige Luft war zu spüren. Ich war mir sicher, dass es später regnen würde.
Ich wollte so schnell wie möglich zuhause ankommen, doch davor musste ich noch einkaufen gehen. Mein Kühlschrank war so gut wie leer.
Nach dem Einkauf fuhr ich schnell nachhause und ging duschen.

Schon den ganzen Tag war mein Kopf bei Burak geblieben. Auch bei der Arbeit konnte ich mich nicht konzentrieren. Noch nie hatten mich die Worte einer Person so sehr zum Nachdenken gebracht. Noch nie liefen die Worte wie in Dauerschleife durch meinem Kopf.

Ich saß auf dem Sofa und schaute gedankenversunken raus. Es fing an zu gewittern. Die Sonne hatte sich hinter den dunklen Wolken versteckt.
Ich wusste nicht seit wann ich hier saß. Kurz schloss ich die Augen. Burak kam mir wieder in den Sinn.
Wer von uns hat hier einen Herz aus Stein? Du oder ich? Wenigstens bin ich mutig genug, um über meine Gefühle zu reden, während du alles unterdrückst!
Ich hielt es nicht mehr aus. Ich muss mit Burak reden!
Abrupt stand ich auf. Mit Handy und Autoschlüssel verließ ich die Wohnung.
Ich stieg in mein Auto ein und fuhr schnell los. Draußen hatte es angefangen zu regnen. Dicke Regentropfen prasselten gegen die Windschutzscheibe.
Trotz dessen ging ich nicht vom Gas runter und bog zur Autobahn ab. Ich drängelte mich durch die Autos, um so schnell wie möglich anzukommen.

Der Regen wurde immer schneller. Doch das hinderte mich nicht am Fahren. Nach zehn Minuten kam ich endlich an. Burak müsste zu Hause sein. Sein Auto stand vor der Garage. Ihr parkte schnell vor der Türe ein und ging los. In Sekunden wurde ich nass. Bei der Türe angekommen, klingelte ich.
Bitte mach die Türe auf! Bitte!
Erneut klingelte ich.
„Burak, mach die Türe auf!", rief ich.
Mit aller Kraft hämmerte ich gegen die Türe.
„Ich weiß, dass du zu Hause bist!", rief ich.
Wieso öffnete er mir nicht die Türe? Verzweifelt klingelte ich.
„Burak bitte!", bekam ich brüchig raus.
Meine Stimme wollte versagen. Tränen hatten sich in meinen Augen gefüllt.
Öffne die Türe! Tu mir das nicht an!
Ein Schluchzer erging mir. Ich muss unbedingt reden!

Im nächsten Moment ging die Haustüre auf.
Zwei kalte Augen sahen mich an. Verwirrt und gleichzeitig wütend schaute mich Burak an. Seine Braue waren zusammengezogen.
„Was suchst du hier?", fragte er gefühllos.
Das Blau in seinen Augen fror mich förmlich ein.
„Ich muss mit dir reden!", gab ich leise von mir und wollte rein gehen, doch er blockierte mir den Weg.
Ich fühlte mich plötzlich wie gelähmt. Jede Zelle in mir erstarrte.
„Reden?", wiederholte er und lachte auf.
Er sah so schlimm aus ... Als ob ein Fremder vor mir stehen würde.
„Ich habe mit dir nichts mehr zu reden. Und gehe jetzt bitte.", hörte ich auf einmal.
Was? Entsetzt blickte ich ihn an.
„Burak es ist-"
„Ich will dich nicht noch mehr verletzen. Gehe jetzt!", unterbrach er mich.
Sein Brustkorb erhob sich bei jedem Atemzug. Tief atmete er ein und aus. Wut und Schmerz zeichneten sein Gesicht aus. Schwer hielt ich meine Tränen zurück.
„Ich muss mit dir verdammt nochmal reden! Es tut mir leid!", versuchte ich klar zu machen.
„Wieso hörst du mir nicht einmal zu?", fragte Burak.
„Gehe jetzt, oder es wird schlimm enden!", wurde er wütender
Ich versuchte die Ruhe zu bewahren.
Eine Träne lief mir runter.
„Ich hasse dich!", schrie ich in an und packte ihn an den Armen.
„Ich hasse dich, dass du mich so verletzt!", fügte ich hinzu.
Ich blickte ihn das letzte mal an und drehte mich danach um. Diese kalten Blicke gingen mir nicht aus dem Kopf. Ein Stechen machte sich in meiner linken Brusthälfte spürbar. Die Worte hatten mir so wehgetan ...

Im nächsten Moment wurde ich ruckartig nach hinten gezogen. Auf einmal befand ich mich in Buraks Armen. Ich hielt die Luft an. Fest umklammerte er seine starken Arme um mich. Ich erwiderte seine Umarmung. Tief zog ich seinen Duft ein. Ein Gemisch aus seinem Parfüm und Weichspüler.
Er stand mir plötzlich so nah. Ich erkannte jedes Sprenkel in seinen Augen.
„Wehe du sagst noch einmal, dass du mich hasst! Dann bringe ich dich um!", sicherte er und nahm mein Gesicht in seine Hände.

1564 Wörter, 05.10.2018

Fortsetzung folgt

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