92. Teil

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Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Erstarrt schaute ich zur Terrasse rüber. Vielleicht war da niemand gewesen. Vielleicht hat nur ein Zweig, der durch das Unwetter gefallen ist Krach gemacht?
Ich löste mich abrupt aus der Starre und ging zu den Rollläden. Ich ließ sie runter. So fühlte ich mich sicherer. Kurz blickte ich zu Burak und überlegte mir, ob ich ihn aufwecken sollte. Zweifel plagten mich.
Nein, er hat bestimmt die ganze Nacht gearbeitet. Ich würde ihn ungern wecken. Alles ist gut Kader. Du bist neben Burak in Sicherheit.
Mit mulmigem Gefühl ging ich wieder in mein Zimmer hoch. Ich legte mich wieder auf mein Bett und versuchte einzuschlafen. Doch meine Augen protestierten. Was, wenn wir wieder verfolgt werden? Eren hat unzählige Bilder von mir machen lassen. Was, wenn er wieder gekommen ist?

In der Nacht war ich irgendwie eingeschlafen, dass ich um sieben Uhr aufwachte.
War Burak schon aufgewacht? Ich wälzte mich aus meinem Bett raus und ging ins Badezimmer.
Schnell bereitete ich mich vor und wollte runter in die Küche gehen, als mir ein kleines Detail auffiel. Auf meiner Kommode neben dem Bett lag auf einmal ein kleines Notiz.
Verwirrt setzte ich mich in Bewegung und nahm das kleine Stück Papier in die Hand.
24.08. konnte ich ablesen.
Was war das? Das wurde mit dem Computer abgetippt. Das wäre das Datum von morgen... Vielleicht habe ich es mir beim Arbeiten aufgeschrieben, damit ich die Präsentation nicht vergesse.
Ich legte den Zettel wieder weg und stand auf. Gedankenversunken ging ich die Treppen runter.
„Burak?", rief ich.
Zunächst kam keine Antwort. Schlief er noch? Als ich unten ankam sah ich, dass die Couch leer war. Die Decke lag sorgfältig gefaltet auf dem Tisch. Hatte er sich schon aus dem Staub gemacht?
„Burak?", rief ich erneut durch die Wohnung und lief herum.
Aber vergeben, er war nicht mehr da. Wieso war er so früh gegangen? Wann war er überhaupt aufgewacht? Ist er etwa in der Nacht schon gegangen?
Verwundert holte ich mein Handy aus meiner Hosentasche und wählte Buraks Nummer.
Während ich wartete, dass er abnahm, lief ich auf und ab. Es klingelte und klingelte, aber keiner ging ran.
Seltsam... Vielleicht musste er in der Früh wo hin. Vielleicht hat er ein Meeting.

Nachdem ich ein paar Bisse gegessen hatte, machte ich mich mit meiner Tasche fort.
Mit schneller Geschwindigkeit fuhr ich zum Unternehmen. Etwas stimmte hier nicht. Das fühlte ich. Warum war Burak so spurlos verschwunden? Er hätte mir eine Nachricht hinterlassen können. Meine innere Stimme sagte mir, dass etwas falsch lief.
Seit der Nacht verfolgte mich das Gefühl. Mein Hals schnürte sich auf einmal zu. Tief schnappte ich nach Luft und öffnete das Fenster. Mir ging es nicht gut. Ich musste mit Burak reden. Und zwar so schnell es ging.
Schneller wie gewohnt kam ich bei der Arbeit an. Ich parkte in die erste Parklücke, die ich fand und sprang aus meinem Auto raus.
Bevor ich in mein Büro ging, ging ich hoch zum 30. Stockwerk. Ich hoffte Burak in seinem Büro zu finden. Während ich mich mit schnellen Schritten fortbewegte, kam mir plötzlich Batuhan entgegen. Ich war froh ihn zu sehen.
„Hast du Burak gesehen?", fragte ich gleich.
Verwirrt sah er mich an.
„Dir auch einen guten Morgen Kader. Was ist los?", gab er besorgt von sich.
„Ich weiß nicht, er war gestern Nacht noch bei mir und ist heute morgen spurlos gegangen. Meine Anrufe nimmt er auch nicht an.", erklärte ich.
„Vielleicht hat er etwas Wichtiges vor? Er ist ein beschäftigter Geschäftsmann.", meinte Batuhan.
„Ich habe ein schlechtes Gefühl in mir... Ich muss mit ihn reden!", sicherte ich.
Meine Stimme wurde immer schwächer. Ein Kloß hatte sich in meinem Hals abgesetzt. Ich schluckte und atmete tief nach Luft.
„Hey, beruhig dich mal! Was soll schon passiert sein? Mach dir nicht gleich Sorgen. Ich rufe dich an, wenn ich ihn sehe, okay?", versuchte er mich zu beruhigen und packte mich sanft an den Schultern.
Er suchte nach meinem Blick. Mein Kopf war nur bei Burak. Verzweifelt ruhte mein Blick auf dem Boden.
„Okay, habe ich dir gesagt. Er wird schon nicht im Erdboden versunken sein... Außer er ist ein Maulwurf, aber darüber müssen wir uns keine Gedanken machen.", meinte er.
Mit seiner letzten Aussage brachte er mich zum Lächeln.
„Oh Batuhan, du kannst mich wirklich immer zum Lachen bringen."
„Ist doch gut. Dein lachendes Gesicht zu sehen ist viel besser als dein verzweifeltes Gesicht zu sehen. Ich muss jetzt aber leiden gehen.", sagte er und löste seine Hände wieder von mir.
Dabei fiel mir auf, dass er ein Hemd und eine Anzugshose anhatte.
„Batuhan?", überraschte ich mich.
„Ja?", wandte er sich zu mir.
„Du hast ja heute Hemd und Anzug an."
„Ach, ja. Und steht es mir? Ich fühle mich jetzt wie ein echter Geschäftsmann.", meinte er lachend.
„Bist du das schon nicht? Du arbeitest schon seit Monaten hier."
„Frag nicht... Ich mag Anzüge nicht, das weißt du ja. Ich frage mich, wie mein Bruder jeden Tag in so was rumlaufen kann."
„Ja, das weiß ich gut. Naja, so schlimm ist Business Kleidung auch nicht. Gewöhne dich daran, in Jeans und Poloshirt kannst du nicht mehr lange arbeiten."
„Ich habe heute mein erstes Meeting mit den Geschäftspartnern, was ich selber organisiert habe. Dafür musste ich mich so anziehen. Wünsch mir Glück."
„Oh, dann hoffe ich, dass alles gut läuft. Aber ich habe keine Zweifel, wird schon klappen.", sicherte ich.
Wir verabschiedeten uns voneinander und Batuhan ging wieder. Wie es scheint ist Burak auch nicht hier. Seufzend drehte ich mich um und ging in mein Büro.

Das VersprechenWhere stories live. Discover now