Kapitel 14

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Elijah

"Bist du endlich fertig, Elijah?", ruft mein Vater von unten. Ich lasse einen genervten Seufzer verlauten. "Gib mir noch eine Minute", ich knöpfe mein Hemd weiter zu. Er hat mit mir fast den ganzen Tag darüber diskutiert und um endlich meine Ruhe zu haben, habe ich nach einiger Zeit zugestimmt. Schließlich habe ich echt keine Lust den ganzen Tag zu diskutieren.

Ich verstehe echt nicht, warum ich mich für dieses Essen schick machen soll. Es ist doch nur ein Besuch im Restaurant und mehr nicht. Eltern müssen immer unnötig Panik schieben.

Schnell schlüpfe ich in ein Paar schwarzer Schuhe und ziehe meinen Gürtel enger. Die Hose ist nämlich nicht wirklich meine Größe. Ein letzter Blick in den Spiegel verleitet mich dazu mir noch einmal durch die Haare zu fahren, bevor ich mein Zimmer verlasse.

Ziemlich gemächlich laufe ich die Treppe hinunter und bemühe mich nicht gleich wieder umzudrehen.

Nicht, dass ich Angst davor habe mit dieser Familie essen zu gehen, aber ich habe einfach keine Lust. Wenn mein Vater erst mal verliebt ist, ist es wie eine Droge, die durch einen Körper rauscht. Dann vergisst er mich und alles, was ihm wichtig war und hat nur noch Augen für sie. Und falls es nicht so ist, wird er trotzdem verlangen, dass ich mich mit denen gut verstehe. Doch das ist das Letzte, was ich will. Schon jetzt kann ich sagen, dass es nie wieder so sein wird, wie vorher, wenn ihre Beziehung funktioniert. Außerdem hat Dad's Flamme eine Tochter und das Letzte, was ich mir wünsche, ist eine Schwester.

"Da bist du ja endlich", aus dem Augenwinkel sehe ich seinen erwartungsvollen Blick. Es war mal wieder so klar, dass er von mir gutes Benehmen verlangen wird. Leider ist das nur gar nicht mein Ding. "Ja, endlich", mein Ton ist hart und emotionslos.

"Großartig", er scheint gar nicht gemerkt zu haben, dass ich gar nicht glücklich über das bin, was er vorhat: "Dann mal los." Die Aufzugtüren öffnen sich, woraufhin wir gemeinsam eintreten.

Meine Finger schließen sich um das metallene Geländer, welches für die älteren Leute hier im Haus an der Wand des Aufzuges angebaut wurde. Ich nutze das unnachgiebige Material, um endlich etwas Druck abzulassen. Warum musste mein Vater sich schon wieder eine neue Frau anschaffen? Reichen ihm die Menschen, die er schon hat, denn nicht?

Die Fahrt zum Restaurant dauert eine gefühlte Ewigkeit, in der mein Vater und ich still nebeneinander sitzen und kein Wort wechseln. Scheinbar ist ihm aufgefallen, dass ich dem kommenden Ereignis nicht sonderlich freudig entgegenfiebere. Ihm das allerdings direkt ins Gesicht zu sagen, habe ich bisher noch nicht gewagt. Er scheint sich wirklich zu freuen und selbst, wenn es mir nicht so geht, muss ich ihm seine Laune ja nicht schon vor Beginn des Treffens zerstören. Das wäre selbst für meine Verhältnisse echt mies.

Entspannt lenkt er das Auto auf den Parkplatz hinter der Pizzeria, in die wir heute gehen, drosselt das Tempo und würgt den Motor unbeholfen ab. Manchmal frage ich mich wirklich, wo er das Fahren gelernt hat.

Bevor wir allerdings aussteigen, dreht er auf seinem Sitz zu mir herum: "Bitte sei gleich freundlich zu Hayley und ihrer Tochter, Elijah." Widerstrebend seufze ich: "Ich werde es versuchen. Versprechen kann ich es aber nicht." "Na gut, das reicht mir", er schnallt sich ab und steigt aus, bevor ich nochmal die Chance habe etwas darauf zu erwidern.

Ein letztes Mal atme tief durch und tue es ihm dann aber gleich. Wie das Treffen verlaufen wird, kann ich bisher noch gar nicht einschätzen. Entweder wird es ganz in Ordnung oder die totale Hölle.

Skeptisch mustere ich das Pizzahaus. "Was ist das denn für eine Frau, wenn sie in diesen Laden will", urteile ich skeptisch. Mein Vater wirft meinen einen prüfenden Blick zu: "Ich habe dieses Lokal vorgeschlagen." "Warum das denn?", mein Ton ist ein wenig abfällig, als ich den Laden mustere. "Ich wollte eben mal was Neues ausprobieren", er zuckt gleichgültig mit den Schultern. "Das bleibt aber kein Dauerzustand, oder?", ich klinge skeptisch. "Sei nicht so zynisch, Sohn", rügt er mich: "Du hast versprochen freundlich zu sein." "Ich weiß", räume ich ein: "Aber erst, wenn wir im Restaurant drinnen sind."

Ohne ein weiteres Wort packt er mich am Arm und zieht mich mit sich ins Innere des Restaurants. War ja klar, dass er mich mal wieder beim Wort nimmt. Also stößt er einfach die Schwingtüren auf und stürmt hinein. So stehe ich innerhalb von wenigen Sekunden im Restaurant zwischen einigen anderen Gästen und würde am liebsten im Erdboden versinken. Was hat mir mein Vater da nur eingebrockt?

Da ich aber versprochen habe mich zu benehmen – oder es eher gesagt zu versuchen – frage ich gespielt erfreut: "Ist deine Freundin denn schon da?" Ich beobachte ihn dabei, wie er seinen Blick durch den Raum schweifen lässt. Merkwürdigerweise ist es ziemlich aufschlussreich zu beobachten wie sich sein Gesichtsausdruck verändert. Erst ist er ziemlich neutral, als er sie allerdings nicht zu finden scheint, sinkt seine Laune ein wenig. Doch dann heben sich seine Mundwinkel auf einmal und seine Augen beginnen regelrecht zu leuchten.

Ein wenig verwirrt von seiner Reaktion, folge ich seinem Blick. Eine dunkelhaarige Frau winkt ihm, ebenfalls lächelnd, zu. Sie scheint etwa in seinem Alter zu sein.

Sofort muss ich mir selbst eingestehen, dass sie sehr nett aussieht und sich wirklich zu freuen scheint, meinen Vater zu sehen. Dadurch sammelt sie bei mir direkt ein paar Extrapunkte, aber zugeben würde ich das niemals.

Neben Dad's Freundin scheint ihre Tochter zu stehen. Sobald ich sie erblicke, wandern eine meiner Augenbrauen in die Höhe. Denn obwohl sie mir den Rücken zu dreht, kommt sie mir ein wenig bekannt vor. Es kommt mir einfach so vor, als würde ich die Art wie ihr das schwarze Haar über die Schultern fällt und die Proportionen ihres Körpers kennen. Und dann dreht sie sich unerwartet um. "Oh mein Gott", ist das Einzige, was ich sagen kann, als sich unsere Blicke treffen. Fast augenblicklich sinkt mir mein Herz in die Hose. Im Ernst? Warum hasst mich mein Leben so sehr!

East Kids - Tessa & Elijah | ✔️Where stories live. Discover now