Kapitel 42

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Elijah

Schnell steige ich aus dem Taxi und bezahle den Fahrer. Es hat leider ziemlich lange gedauert, bis ich herausgefunden habe, wo Tessa sich gerade auffällig, doch es lohnt sich. Als ich nun nämlich durch die Fenster der Bar starre, vor der mein Taxi angehalten hat, kann ich Tessa bereits sehen. Allerdings erschreckt mich ihr Zustand und ich bereue es überhaupt zugelassen zu haben, dass sie geht. Ich hätte sie aufhalten und auf sie aufpassen müssen.

Ich trete in die Bar hinein und bewege mich zielstrebig in die Richtung meiner Stiefschwester. Sie hat ihren Kopf in die Hände gestützt und scheint ihn ohne diese Stützen gar nicht mehr aufrecht halten zu können. Vor ihr stehen einige leere Gläser. Ich muss wirklich mit mir kämpfen, um mir nicht mit der flachen Hand gegen die Stirn zu schlagen. Was hat sie sich dabei gedacht?

Bei ihr angekommen, lasse ich mich auf einen Barhocker neben ihr fallen und betrachte sie forschend. Mehrere Strähnen haben sich aus ihrem Zopf gelöst und sie scheint mit sich zu kämpfen, um nicht jeden Moment einzuschlafen.

Sanft streiche ich ihr mit der Hand über den Rücken: "Hey, Tessa." Sie dreht ihren Kopf langsam und sieht mich an. Ihr Blick ist müde und wirkt verschleiert. Oh man, wie viel hat sie eigentlich getrunken? Das ist wirklich nicht gut für sie. Normalerweise würde ich ihr jetzt eine Standpauke halten, aber heute bin ich nachsichtig. Der Tag war für sie ziemlich anstrengend und da hätte ich wahrscheinlich an ihrer Stelle auch nicht anders reagiert.

"Elijah?", fragt sie und klingt dabei leicht beschwipst. Und obwohl ich weiß, dass das echt nicht lustig ist, bringt die Art, auf die sie fragt, mich zum Grinsen. Sie klingt fast wie ein kleines Kind. "Ja, ich bin jetzt da und bring dich nach Hause", versuche ich sie zu beruhigen. Der Blick des Barkeepers sagt mir, dass auch er sich um das Mädchen sorgt.

Dankbar nicke ich ihm zu und ziehe mein Portemonnaie aus der hinteren Hosentasche. Schnell ziehe ich einige Scheine heraus und schiebe sie ihm über den Tresen herüber ohne überhaupt zu fragen, ob Tessa schon bezahlt hat oder nicht. Daraufhin nickt er mir ebenfalls zu.

Ich stecke meine Geldbörse wieder weg und schiebe einen Arm dann unter Tessas Beine und lege die andere an ihren Rücken. Ohne auf ihren Protest zu hören, hebe ich sie im Brautstil hoch. Fast instinktiv legt Tessa ihren Arm um meine Schultern und drückt ihren Kopf an meine Brust.

Am liebsten würde ich ihr beruhigend durch das dunkle Haar streichen, doch leider brauche ich beide Hände, um sie nicht fallen zu lassen. Zwar ist sie nicht schwer, aber trotzdem versuche ich kein Risiko einzugehen.

Die Tür öffne ich umständlich mit meinem Ellenbogen und trete dann auf die Straße hinaus. Wie ich mir so ein Taxi rufen soll, weiß ich nicht. Deshalb laufe, auf der Suche nach einem der parkenden, gelben Fahrzeuge, über den Bürgersteig.

Und glücklicherweise scheint mein Schicksal es heute doch noch irgendwie gut mit mir zu meinen. Als ich nämlich um die nächste Ecke biege, steht dort ein Taxi und zu meinem Glück ist es auch noch frei. Ich schaffe es gerade so dem Fahrer zu bedeuten, dass ich einsteigen will, und er versteht tatsächlich, was ich von ihm will.

Als er sieht, dass ich Tessa auf dem Arm habe, lehnt der Fahrer sich nach hinten und öffnet mir eine der hinteren Türen. Mit einem freundlichen Lächeln drücke ich ihm meine Dankbarkeit aus und steige in das Fahrzeug.

Endlich im Inneren angekommen, lasse ich mich in einen Sitz sinken und schließe die Tür dann. Tessa hat mittlerweile die Augen geschlossen und macht fast den Eindruck, dass sie schläft. Deshalb lasse ich sie einfach weiterhin auf meinem Schoß sitzen und schnalle mich an. Sie soll ruhig schlafen. Das wird ihr guttun und vielleicht kann sie den Kater, der unausweichlich auf sie zukommen wird, so ein wenig schmälern.

Der Fahrer startet den Motor und fährt im Schritttempo los. Eine andere Geschwindigkeit ist in New York fast zu keiner Tageszeit möglich. Ich lehne mich gegen den Sitz und beobachte Tessa. Irgendwie ist sie ziemlich süß, wenn sie schläft. Sie wirkt so friedlich und von ihrem Temperament und ihrer Sturheit ist fast gar nichts mehr zu erkennen. Ob sie mir so allerdings besser gefällt weiß ich nicht. Schließlich ist es schon ziemlich anziehend, dass sie mir so hartnäckig widersteht.

East Kids - Tessa & Elijah | ✔️Where stories live. Discover now