Kapitel 47

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Tessa

Der Geschichtsunterricht ist so langweilig wie immer. Eigentlich mochte ich das Fach immer relativ gerne, aber mittlerweile ist es irgendwie nicht mehr spannend. Jede Stunde ist mit einem nassen Kaugummi zu vergleichen, der sich gefühlt unendlich lang zieht. Das sagt selbst unsere Lehrerin.

Also ziehe ich einen Bleistift aus meinem Etui und beginne den Tisch, an dem ich sitze, zu begutachten. Schon in den vorherigen Stunden habe ich darauf gekritzelt und begebe mich nun auf die Suche nach neuen Zeichnungen, die in der Zwischenzeit vielleicht dazu gekommen sind. Leider ist da aber nicht viel. Nur ein kleines Schaf, welches die Hausaufgaben von irgendwem frisst, und das typische 'Schule ist scheiße', was ich schon unzählige Mal selbst auf die unterschiedlichsten Oberflächen geschmiert habe.

Plötzlich trifft mich etwas Hartes von hinten. Automatisch heben sich meine Augenbrauen, bevor ich mit einem fragenden Blick herumfahre.

Dort sitzt ein Junge, den ich nicht sofort zuordnen kann. Er deutet mit seinem Zeigefinger auf den Boden, was mich dazu bringt den Kopf zu sinken, um zu schauen, worauf er mich aufmerksam zu machen scheint.

Hinter mir auf dem Boden liegt ein, zu einer Papierkugel zusammen geknülltes, Papier. Nachdem ich einigen Sekunden darüber nachgedacht habe, hebe ich die Kugel auf und drehe mich wieder nach vorne.

Zwar wurde ich schon oft mit Papierkügelchen abgeworfen oder angespuckt – wem ist das bitte noch nicht passiert -, aber wirklich selten stand dann auch etwas darauf. Wenn das also ein Scherz ist, wäre es echt scheiße.

Langsam knülle ich das Papier auseinander und beginne zu lesen, was darauf steht. Und tatsächlich ist es nicht leer. Stattdessen wurde ein unordentliches "Hey" darauf gekritzelt. Normalerweise würde ich sowas eigentlich nur genervt ignorieren, aber irgendwie ist mir heute gar nicht danach. Viel lieber antworte ich ihm nun mit meinem eigenen "Hi, was gibt's?" und werfe den Zettel dann über meine Schulter zurück. Allerdings treffe ich nicht ganz den Tisch des Jungen. Ballsport war eben noch nie wirklich meins.

Als ich mich zu ihm umdrehe, hat er es bereits gelesen und schenkt mir ein freudiges Lächeln. Ich betrachte ihn genauer und stelle fest, dass er schon irgendwie ziemlich süß ist. Sein blondes Haar hat zusammen mit seinem Captain America-Gesicht einen gewissen Charme. Auch sein Lächeln ist süß und nicht so amüsiert oder verspottend wie Elijahs.

Leider hatte ich aber noch nicht viel Kontakt mit ihm. Doch selbst über ihn weiß ich ein paar Sachen über ihn. Schließlich spricht sich hier alles schnell herum.

Sein Name ist Jake und er ist erst im letzten Jahr auf diese Schulte gekommen. Trotzdem konnte er sofort dem Footballteam beitreten. Er schien allerdings niemals wirklich an einer Beziehung mit einer der Cheerleaderinnen interessiert zu sein. Stattdessen war er bisher immer Single unterwegs, während all seine Teamkollegen bereits irgendein Mädchen hatten.

Dieses Mal reicht er mir das Papier, damit ich es nicht wieder vom Boden aufheben muss. Ich mache mir erst gar nicht die Mühe mich wieder nach vorne zu drehen und lese es dieses Mal lieber sofort. "Hast du schon ein Date für den Ball?" wurde dazu geschrieben.

Augenblicklich schlucke ich nervös, während mein Herz schneller schlägt. Auf eine Art bin ich aufgeregt, weil ich noch nie aufrichtig danach gefragt wurde, doch auf der anderen Seite weiß ich nicht, was ich tun soll. Der Gedanke fühlt sich nicht ganz richtig an und da ist eine leise Stimme in meinem Kopf, die mir zuflüstert, dass ich eigentlich auf die Einladung von jemand anderem warte.

Schnell unterdrücke ich diese allerdings und zücke meinen Stift. "Nein, noch nicht". Während ich das schreibe, erscheint ein ebenso freudiges Grinsen auf meinen Lippen wie bei Jake.

Ich reiche den Zettel zurück und warte auf seine Antwort. Allerdings liest er dieses Mal nur und beugt sich dann zu seiner Tasche hinunter, in der er für einige Sekunden herumkramt.

Heraus zieht er etwas, versteckt es allerdings sofort hinter seinem Rücken, sodass ich es nicht erkennen kann. Dann winkt er mich ein Stück zu sich herüber. Ich kippele auf die Aufforderung hin zu ihm und stütze mich mit den Ellenbogen auf seinen Tisch. "Tessa?" "Ja?", frage ich ganz scheinheilig nach. Mein Herz beginnt noch schneller zu schlagen. Irgendwie ist das ganze ziemlich aufregend.

"Willst du mein Date für diesen Winterball sein?", fragt er gerade heraus und streckt mir das entgegen, was er vorher versteckt hat. Es ist eine frische rote Rose, die zwar ein wenig zerknittert ist, doch das stört mich in diesem Moment rein gar nicht.

Augenblicklich klappt mir die Kinnlade herunter. Der Schock steht mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn Jake sieht mich unsicher an. Zwar habe ich damit gerechnet, dass er mich das fragen würde, aber an so etwas Süßes hätte ich nicht gedacht.

"Tessa?", harkt er erneut nach, um mich daran zu erinnern, dass ich ihm noch nicht geantwortet habe. "Ja", ich schließe meinen Mund wieder. "Was?", fragt er etwas verwundert nach. "Ja, ich hätte ich große Lust mit dir hinzugehen", mein strahlendes Grinsen geht vom einen Ohr zum anderen. Auf seinen Lippen ist das gleiche Phänomen zu betrachten: "Großartig, kann ich dir meine Nummer geben?" Etwas zögerlich reiche ich ihm mein Handy, sodass er seine Kontaktdaten eingeben kann. "Dann können wir später noch einiges absprechen", sein Ton ist euphorisch: "Zum Beispiel wann ich dich abholen soll." "Okay", ich zucke mit den Schultern. Er reicht mir die Rose und starrt dann wieder auf die Tafel. Wie glücklich er ist, kann er aber trotzdem nicht verstecken.

Ich tue es ihm gleich und drehe mich herum. Die Rose lege ich vorsichtig auf meinen Tisch, bevor ich mich nun zum ersten Mal in dieser Stunden der Tafel zuwende.

In meinem Magen hat sich ein merkwürdiges Gefühl ausgebreitet. Zwar freue ich mich auf den Abend, doch irgendwas bremst mich.

Tut mir leid, dass länger nichts kam, aber ich habe erst seit gestern Nachmittag Ferien. Ich wollte ja eigentlich schon gestern schreiben, aber da ging es mir richtig dreckig (hatte Migräne) und hätte ich geschrieben wäre es eine einzige Qual gewesen. Heute versuche ich mehr zu machen, aber heute es mir immer noch nicht wieder richtig gut. 

East Kids - Tessa & Elijah | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt