71. Nähe und Abstand

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Genießt es meine Lieben

Sloan Dewayne

"Woran denkst du gerade?" Aus Angst die Stille zu verjagen sind seine Worte nicht mehr als ein Wispern, das mich anzieht. "An den Kuss. Im Meer." Seine Finger heben sich und streichen mir über die Stirn. Streichen mir die Haare aus meinem Gesicht, selbst die kleinste Strähne die sich in meinen Wimpern verfangen hat.

Mit ihm würde sich selbst der Weltuntergang wie eine Reise anfühlen. Kein Schlimmer, weil er da ist. Keine Tragödie, weil er da ist. Keine Endgültigkeit, weil er da ist. Mit ihm fühlt sich Coreys Situation nicht so an, als würde es ein Ende geben. Aspen ist die Dunkelheit für alle anderen, aber er ist mein Licht. Mein Silberstreifen. Meine Hoffnung.

Ich weiß nur noch nicht ob ich seine Dunkelheit bin, während ich für andere etwas helles darstelle. Ob ich nicht ihn und alle anderen mit in etwas ziehe, dass ich selbst nicht beeinflussen kann.

"Ich dachte es liegt daran, wie ich gefühlt habe, weil wir unter Wasser waren. Weil es keiner gesehen hat. Weil da ... diese Blase war." Kühler Mitternachtswind streift uns. Gänsehaut entsteht auf meinen Armen, ob nun von der Zärtlichkeit der Nacht oder von ihm. "Dieses Gefühl dessen, in einer anderen Welt zu sein." Sein Finger gleitet von meiner Schläfe zu meinem Kinn, meine Finger krallen sich fester an seine Brust, meine Füße verlieren den Boden unter sich, als ich mich auf die Zehenspitzen rolle und seinen schwerer werdenden Atem an meinen Lippen spüre. Auf den getrockneten Spuren meiner Tränen.

"Aber?" Erneut ein wispern, dass mir den Atem von ihm nimmt, als es hart und weich zugleich gegen meine geöffneten Lippen prallt. Er wartet. Er wartet auf mich, weil ich dran bin. Weil er nach meinem Tempo geht. Weil ich darum bat. Um etwas unmögliches. Um Abstand und Nähe in einem, obwohl alles in mir nur nach dem einen schreit. Nur nach der Nähe. Nie nach dem Abstand. "Aber es ist nicht das Wasser, dass mir dieses Gefühl gibt alles schaffen zu können. Es ist nicht das Wasser, dass mir zeigt, dass es nicht das Ende ist, wenn ich es nicht möchte. Das bist du, Aspen. Vom ersten Augenblick an warst es du." Heiß und kalt gleitet durch mich hindurch, je dünner meine Worte werden, je tiefer ich in sein Blau schaue, je fester wir uns aneinander krallen, je heißer seine Fingerspitzen unter meinem Kinn oder auf meiner Hüfte werden. Je bestimmter sie meinen Kopf zu dem seinen ziehen.

Je mehr verlangen in meinen Adern pulsiert und mich lebendig fühlen lässt. So unfassbar lebendig, dass sich meine Lider schließen. Dass sich meine Lippen auf die seine legen. So frei, so vollkommen – so pur.

Und er hält mich, während wir atmen. Während unsere Lippen tanzen und kämpfen. Während meine Arme seinen Nacken umschlingen, während seine Fingerspitzen über meine Haut fahren, als würden sie jeden Winkel erkunden wollen. Dieser Kuss ist anders als all diejenigen die ich jemals hatte und die beiden die wir hatten. Dieser Kuss beschreibt eine Sänfte, von der mir schwindelig wird. Sie erklärt eine Sehnsucht von der ich süchtig bin. Sie zeigt uns. Unseren Kampf, unsere Einmaligkeit. Den Schmerz. Die Liebe. Das Glück.

Alles.

Selbst die Bodenlose Verzweiflung, die mich gefangen hält, die selbst seine Wangen benetzt und die ihn von meinen geschwollenen Lippen lösen lässt. Sein Daumen fährt über meine Unterlippe, seine Augen fangen meine Tränen auf und seine Lippen suchen Worte die uns zum stoppen bringen soll. Die uns ... die ihm nicht das Gefühl gibt mich und diese Situation auszunutzen.

Meine Finger verweben sich mit den seinen und lassen mich erst einen Schritt nach hinten wagen, dann den nächsten. Unsere Augen ineinander verhakt. Der Geschmack unserer Lippen noch auf unseren Zungen. Betrunken von dem Gefühl und von uns.

Betrunken.

Verfallen.

Vielleicht ein bisschen verloren.

Im Freifall, aber am fliegen.

"Hör nicht auf." Flüstere ich kopfschüttelnd, spüre den aufkommenden Schmerz, als er sich wirklich von mir distanzieren möchte. Als die Unsicherheit über das Jetzt in ihm erscheint, als er vor mir zum stehen kommt. Die Haustür in meinem Rücken. Das Licht über uns entzündet und uns zeigend.

Seine tiefen Augenringe. Seinen eigenen Schmerz. Meine tiefe Erschöpfung. Meine eigene Verzweiflung.

Vielleicht ist es das oder das Kosten voneinander, dass er seine Hand in meinen Nacken schiebt und mich küsst. Härter, als zuvor. Sanfter, als zuvor. Gieriger, als jemals in unserem gesamten Leben. Vielleicht ist es das, dass ich halb verschleiert die Tür öffne, ihn mit mir ziehe, dass sich unsere Leiber der Dunkelheit anpassen, dass wir irgendwie in meinem Zimmer stehen. Dass wir uns irgendwie so verlangend küssen, dass ich es kaum mehr aushalte, nur das zu berühren, was seine Kleidung zulässt.

Das Mondlicht fällt durch die dünnen Gardinen, streift den Boden, streift uns, während ich mich von ihm löse, seine Augen suche und finde. Das Blau erkunde, wie er mein Braun. Erneut flackert das auf, was wir beide in uns tragen. Das wissen es zu lassen. Das wissen es zu stoppen. Aber ich kann nicht und er auch nicht. Wir können nicht, weil wir sowieso nicht drumherum kommen werden. Wir schieben all das nur auf. All die Worte die uns beschreiben. All die Taten die uns ausmachen. Meine Finger greifen nach dem Saum meines Shirts, sie ziehen es mir über mein Leib, als er bereits an mich heran tritt. Seine Hände über die nackte Haut gleiten lässt, seine Lippen auf die meine legt. Stürmischer. Seine Zähne die meine Unterlippe necken, seine Zunge die meinen Mund erkundet, meine Finger die sich in seine Haare vergraben. Das kurze Blinzeln, als er sein Shirt auszieht, als ich seine Brust mustere, als er mir die Zeit gibt ihn zu sehen.

Das zu sehen, was wir sind. Was wir sein können in einer Welt voller Vorurteile und Hass. Sehnsucht und Begierde. Kontrolle und Freiheit.

"Das war nicht ich alleine, Sloan. Nicht ich habe dich so fühlen lassen." Er umfasst mein Gesicht, das weiße Licht fällt auf unsere Haut. Auf seine trainierte Brust, auf meinen Bauch, auf meine schweren Brüste, die von dem dünnen Bh gehalten werden. Auf seine breiten Schultern. Auf unsere Gesichter. Unsere Augen. Seine die weiß schimmern, meine die Golden leuchten. So wie immer, wenn ich es selbst bemerke – wenn ich ihn anschaue. Bei niemanden sonst – nur bei ihm, ist es so golden wie die pure Versuchung.

"Das sind wir. Unsere Welt. Wir."

Nur wir.

Es killt mich. Die beiden killen mich. Der ganze Tag killt mich, weil ich seit heute Früh an diesen fünf Kapitel saß und sie nun mit euch teilen kann.

Ich bin böse genug, um hier einen Cut zu machen, der erst am Montag weitergeht, aber ich bin nicht böse genug, um die Szene nicht weiter auszuschreiben.

Also ... wir dürfen uns auf Montag freuen. Haha und die Tage danach, weil ... nun ja, verrückter Ex, komische andere Menschen, herrische, kontrolllose Familie und CALEB, der Sloan vor Aspen beschützen möchte - wird.

Hört sich viel an – ist es wahrscheinlich auch, aber das ist es alle Mal Wert.

Danke euch für den schönen Abend <3

Wenn wir schweigenWhere stories live. Discover now