75. Druckmittel

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Tatsächlich wollte ich heute früher aufstehen, habe aber verschlafen und dann hat mich meine Cousine bereits aus dem Bett geklingelt. Zum Fahrradfahren.

Deswegen kommt das Kapitel heute etwas verspätet.

Sloan Dewayne

Es ist nichts woran ich mich erinnern kann.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sich meine Füße bewegt haben. Ich kann mich ja nicht einmal daran erinnern, wie ich den Flur des Krankenhauses entlang gegangen bin. Ob ich gerannt bin. Ob ich geschlichen bin. Ob meine Augen überhaupt offen waren oder die Dunkelheit sich gänzlich um mich legte. Ich versuche mich ja selbst daran zu erinnern, wie ich den ersten Atemzug machte, nachdem ich mich so sehr gesehnt hatte. Weil ich keine Luft mehr bekam. Weil es sich anfühlte, als würden die Krankenhauswände auf mich zukommen, die Decke auf mich fallen, der Boden ... fehlen. Ich war zerquetscht und doch irgendwie haltlos. Ruhelos.

Selbst Calebs Worte wollen mir nicht mehr einfallen. Da ist einfach nur ein großes Schwarzes Loch, gefüllt von Aspens hartem Blick, von Calebs enttäuschten Augen und von Corey, der einfach nicht aussieht wie Corey. So anders und doch so stark, während ich auseinander fallen. Immer weiter. Immer mehr.

Hört das alles eigentlich irgendwann einmal auf? Findet das ein Ende, wenn ich herausfinde, was der Knotenpunkt dieser ganzen Sache ist? Wo es angefangen hat?

Allerdings weiß ich das doch selbst oder nicht? Der Stress kam mit Keaton. Keaton der Schulden hat. Keaton der Eifersüchtig war. Keaton der schwor meiner Familie etwas anzutun. Ist das also der Knotenpunkt? Ist das die Antwort auf das Ende? Ich gehe zu Keaton, sage ihm das ich ihm vergebe und er lässt meine Familie in Ruhe? Weil ich dann bei ihm bleibe? Weil ich selbstlos und nicht egoistisch bin? Weil ich nie, wirklich nie wieder jemanden in Coreys Zustand sehen kann. Weil ich schwach bin und weil ich einfach nur will, das es ... endet.

Mein Kopf scheint zu explodieren. Meine Schläfen pochen, meine Augen schmerzen, trotzdessen das sie geschlossen sind. Es tut einfach nur weh, als würde meine Seele das alles auf mein Körper laden wollen, damit sie nicht mehr so viel zu schleppen hat.

Keaton – wenn ich Keaton finde, dann kann ich versuchen an ihn zu appellieren. Es wäre besser, als weiterhin nur die anderen alles regeln zu lassen, denn scheinbar hat das nicht funktioniert. Scheinbar wurde er nur noch wütender – wenn er es doch überhaupt war. Aber darüber sprechen sie ja nicht. Nein, sie halten mich raus, als würde es mir damit besser gehen.

Absolut nicht selbstlos von ihnen, sondern egoistisch.

Wir sind alle einfach nur egoistisch. Einfach nur Blind vor Entscheidungen und Veränderungen und uns. Blind. So blind, wie ich geworden war, als das Krankenhaus auf mir zusammenkrachte und ich einfach nur raus musste.

Wenn ich Dallas finde, finde ich vielleicht Keaton. In der Wg? Per Handy? Sie sind nicht weg. Alle beide nicht und sie sind auch nicht unauffindbar. Wahrscheinlich kennen sie jeden unserer Gedankenzüge bevor wir sie überhaupt kennen.

Meine Augen öffnen sich quälend und geschwollen. Nicht von den Tränen, denn ich glaube nicht das ich überhaupt dann noch einmal geweint habe. Das Licht der Sonne, die auf die Autos scheint, blendet mich schmerzend, wodurch ich sie sofort wieder zusammenkneife. Es fühlt sich an, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Als wäre ich verkatert und dehydriert. Alles fühlt sich falsch und unrealistisch an. Wie ein Traum in Watte verpackt.

Vielleicht ist das ja der Grund dafür, dass ich keine Ahnung habe wie ich an diese Bushaltestelle kam. Wieso ich keine Ahnung habe, welche Uhrzeit wir haben oder das Menschen bei mir sind. Beziehungsweise ein Mensch neben mir sitzt, ansonsten geht alles an mir vorbei unter.

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