Epilog

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Haltet eure Taschentücher bereit

Sloan Dewayne

Finger gleiten meinen nackten Rücken nach oben und verschließen den kühlen Verschluss meines Kleides. Anschließend legen sie sich auf meine Schultern ab und erfühlen meinen schweren Atem.

Ich bin nicht nervös.

Ich bin nicht ängstlich oder gelähmt. Einfach, weil es einen Tag zu viel gab, an dem ich mich so gefühlt habe. Einfach, weil ich es mir selbst versprach, als ich in dem Wind des Strandes stand und meinen wimmernden Vater zu Füßen liegen hatte. Als ich ihn einmal zu viel von dem Krankenwagen abholen gesehen habe. Als ich einmal gemerkt habe, dass ich nach so einem Ereignis nicht alleine bin. Als ich mich in Aspens Armen wiederfand. Als ich mich irgendwie haltlos und doch gehalten gefühlt habe.

Das Brennen auf der Wange war fort und die Tränen getrocknet, als wir alleine an dem Strand standen und ich ihm versprach für den Rest unseres Lebens, egal ob wir es zusammen oder getrennt verbringen, seine Stützte zu sein. So oft wie er die meine war und so oft wie er mir danach versprochen hat, es weiterhin zu bleiben, so oft war und werde ich ihn unterstützen. Ich werde ihn Auseinanderfallen lassen und mit allem zusammenbauen, was ich bin und was ich habe.

Ich war einmal genug auf dem Boden, aber ich werde immer die Kraft finden alleine aufzustehen, weil man niemals lernen sollte, jemanden zu brauchen, um zu überleben. Man selbst ist der stärkste Geist, das stärkste Geschöpf eines selbst, dass einen zu unaussprechlicher Stärke bringen kann. Aber es ist nie falsch Hilfe zu haben. Menschen um einen, die einen aufhelfen, die einen halten, die einen stützten, bis man wieder vollständig und alleine stehen kann. Es ist nie falsch zu lieben – egal wie viel Schmerz dadurch entstehen kann.

Ich drehe mich auf meiner Verse um und betrachte Aspen in dem schwarzen Smoking.

Seine Augen glänzen. Trüb. Wie die meine und wie die Sonne am Himmel. So grau und trist, dass ich am liebsten dieses Kleid von meinem Körper reißen möchte, um es gegen die Farbe einzutauschen, die er sein Leben lang verdient hat.

Meine Finger gleiten über das Hemd, spüren die wärme seiner Haut und das Beben seines Herzens, während er sich zu einem Lächeln ringt und seinen Finger unter mein Kinn platziert, um meinen Kopf anzuheben. "Atme." Meine Augen schließen sich, als ich die angestaute Luft aus meinen Lungen entlasse und das Brennen meiner Augen schmerzhafter wird. Seine Finger die über meine Haut streichen und eine glühende Spur hinterlassen lenken mich genug ab, um die Tränen runterzuschlucken. Vorerst zumindest, denn ich sehe meinen Zusammenbruch bereits früh genug vor mir.

Unser beider Blick gleitet zu dem Klopfen an meiner Tür, ehe Aspen irgendwas murmelt und Zack sie öffnet. Ich wünschte er würde mir einfach nur entgegen werfen, dass ich zu spät bin, dass ich los muss, dass er meinen Wecker verstellt hat – aber stattdessen herrscht lediglich ein stummes Eingeständnis, dass wir los müssen. Das wir pünktlich da sein werden.

Ich atme erneut durch, schlinge meine Finger um Aspens und ziehe uns mit wackeligen Schritten aus meinem Zimmer.

Und dann ist alles unglaublich still und unglaublich schnell. Ich bekomme die Fahrt kaum mit, ich bekomme nicht mit wie wir die kleine Kapelle betreten, ich bekomme nicht mit, wie wir uns in die erste Reihe setzten, ich bekomme nicht mit, wie Jarrett mir unter Tränen einen Kuss haucht, wie Aspen mich nicht loslässt, wie die anderen mich anschauen. Ich bekomme nicht einmal meine eigenen Tränen mit.

Es wirkt wie Ferngesteuert, als diese vier komischen Menschen die Kapelle betreten und die Seitentüren öffnen. Es ist so weit fern, als wir dem Pastor über die Erde folgen, als würde er uns ein Paradies zeigen. Aber da ist kein Paradies. Da ist ein Loch. In der Erde. Für einen Mann, den ich liebe.

Wenn wir schweigenWhere stories live. Discover now