79. Hoffnungen

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Fun Fact für den heutigen morgen: Ich wurde noch nie von einer Mücke gestochen

Weiterer Fun Fact: Ich werde heute mal den ersten Textschnipsel meines neuen Projektes hochladen.

Sloan Dewayne

Ich hatte eigentlich immer gedacht, dass mein Leben von anderen geprägt wurde. Das meine Mutter sich gegen mich entschieden hat. Das mein Vater mich weggegeben hat. Das meine Großeltern mir ein Studium aufzwingen, dass sie mir als einziges bezahlen werden – voraussichtlich ist studiere so etwas großes und bedeutendes, damit ich für sie endlich als Enkelin vorzeigbar bin.

Aber der Anblick von Aspen lässt mich die Entscheidungen anderer über mich leichter empfinden. Ich bin damit aufgewachsen und ich habe es nicht anders kennengelernt. Aspen hingegen hatte alles und er ... verlor alles.

Wegen einer Entscheidung seines Bruders und wegen einer Tat die derartig ausgenutzt wurde, dass er nun selbst die Schuld einer Vergewaltigung auf seinen Schultern trägt. Er hätte einem Kerl die gerechte Strafe überlassen, wenn er nicht so sehr an die Unschuld seines jüngeren Bruders glaubte.

Bereits zum dritten Mal im laufe des Tages steigt mir die Magensäure auf und genauso wie die anderen Male zuvor atme ich sie weg. Meine Augen schließen sich, mein Kopf lehnt an die Wand und Bellas Kopf ruht schwer auf meinem Schoß, was mir eine eigenartige Beruhigung schenkt. Ich atme es einfach weg, wie ich es am liebsten mit allem anderen machen würde.

Als ich meine Lider allerdings wieder öffne wird aus der Schwärze bloß wieder die Realität.

Sie alle verharren an der gleichen Stelle, wie die letzte Stunde zuvor. Keiner rührt sich. Keiner traut sich. Ich frage mich ob sie Aspen die Schuld an allem geben oder ob sie sich selbst in Frage stellen, weil sie ihren Freund verraten haben. Weil sie nicht für ihn da waren, während er alles verlor.

Letztendlich geht es mich aber auch nichts an.

Eigentlich geht mich nichts davon an.

Und doch sitze ich hier und schaue in diese blauen Augen, die mich sofort wieder in unsere Welt ziehen. Eine Welt in der es einfach nur uns beide gibt.

"Lasst mich mit ihm reden." Meine Stimme ist rau vom Schweigen und nur langsam drehen sie ihre Köpfe zu mir, als hätten sie vergessen wo sie sind. Die Entschlossenheit ihrer ernüchternden Antwort lässt mich beinahe meine Idee vergessen. "Das heute," Ich räuspere mich um den Rest meiner kratzigen Stimme zu befreien. "er ist verwirrt. Ich bin mir nicht sicher ob er das Schweigen überhaupt noch möchte oder nicht." Aspen legt seine Stirn deutlich in Falten, ehe er von mir wegschaut und zu Caleb guckt, als wüsste mein Cousin was ich meine.

Letztendlich weiß ich es ja nicht einmal selbst, aber dennoch habe ich das Gefühl, auf der richtigen Spur zu sein. Oder es ist einfach nur ein verzweifelter Aufruf nach mehr Verstand, der mir in den letzten Wochen abhanden gekommen ist.

Ich schiebe Bellas Kopf ein wenig von meinem Schoß, wodurch sie sich mit mir aufrichtet. "Er hätte mir was getan, wenn er es wirklich wollte. Er hätte Keaton geschrieben, wenn er es wirklich wollte." Beteure ich. Zack wirkt nicht nur zweifelnd, sondern auch als sei ich wahnsinnig, während Anthony mühselig seine Lippen zusammenpresst und seinen Kopf schüttelt.

Das wird schwieriger als angenommen.

"Wir sollten vielleicht besser nachhause, Sloan." Missbilligend schüttle ich meinen Kopf. "Was ist wenn Jackson selbst gezwungen wird, dass alles zu tun? Corey anzugreifen, damit Aspen nicht zur Polizei –"

"Sloan!" Ich zucke heftig zusammen bei Calebs donnernden Schrei. Aber er hat mich nicht seinetwegen unterbrochen. Das wird mir bewusst, als ich Aspens blasses Gesicht sehe. Seine weggetretenen Augen. Mir wird sogleich bewusst was ich eigentlich getan habe. Das alles ist für ihn eine einzige Qual. Sich zu erinnern. Die Enttäuschung. Die neue Hoffnung, die ich ihm vielleicht mache, dass sein Bruder nicht so verloren ist, wie er zu glauben begonnen hat.

Wenn wir schweigenWhere stories live. Discover now