Sie wird dich nicht umbringen.

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Wir finden nicht gleich einen Parkplatz, als wir nach einer halben Stunde Fahrt endlich bei Harrys Wohnung ankommen. Es dauert ganze zehn Minuten, bis Harry einen freien Stellplatz einen Block entfernt finden kann.
Als wir gemeinsam den Weg zur seiner Wohnung gehen, herrscht absolute Stille um uns herum. Kaum zu glauben, dass eine Stadt wie New York auch mal leise sein kann.
Doch hier, hier schläft noch alles. Lediglich mein Koffer gibt ein nervendes Geräusch von sich.

"So, da wären wir".
Lächelnd betritt Harry seine Wohnung, steuert direkt den Kamin an und beginnt damit, ihn anzuzünden. Ich hingegen stelle meinen Koffer in die Ecke, reibe meine kalten Hände aneinander und bin froh, endlich wieder drinnen zu sein. Mir ist wirklich arschkalt und sicherlich bekommen mich heute keine zehn Pferde mehr raus.
"Gut, ähm...also vorhin hatte noch kein Bäcker auf und ich wollte Brötchen holen", murmelt Harry, als der Kamin endlich brennt und er sich zu mir herumdreht.
"Ich verschwinde nochmal kurz und hole Brötchen. Fühl du dich derweil wie zu Hause, ja?".
Verlegen kratze ich mir am Hinterkopf, nicke dann. "Ich...ich würde gerne duschen".
"Natürlich. Alles was du möchtest, Louis. Für die nächste Woche ist das hier dein zu Hause. Mach was du möchtest". Er schenkt mir ein liebevolles Lächeln, ehe er sich seinen Schlüssel schnappt und aus der Wohnung verschwindet.
Irgendwie ist es gerade wieder komisch zwischen uns. Irgendetwas hat die Stimmung geändert und ich weiß nicht, was es ist. Es ist nicht unangenehm, eher unsicher. Fast so, als wenn keiner so richtig weiß, was nun eigentlich Sache ist. Wobei - eigentlich weiß das ja auch keiner.
Wir sind nicht zusammen, sind aber auf einem guten Weg. Zumindest denke ich so. Ob Harry das auch so sieht weiß ich nicht. Aber das wird sich alles in dieser einen Woche zeigen.

Nachdem ich geduscht und mir etwas bequemeres angezogen habe, gehe ich zurück in das Wohnzimmer und sehe Harry, der gerade dabei ist sich eine Tasse mit Kaffee zu befüllen.
"Das ging ja schnell", stelle ich grinsend fest, stelle mich neben ihn und halte meine Hand auffordernd hin, damit ich seinen Kaffee bekomme.
Schmunzelnd sieht er auf meine Hand, drückt mir die Tasse in die Hand und nimmt sich eine neue Tasse, welche er dann erneut mit Kaffee füllt.
"Der Bäcker ist nur wenige Meter von der Wohnung entfernt."
Ich nicke, versuche es mir zu merken und nehme mir fest vor, dass auch ich in den kommenden Tagen mal als Erster aufstehe und Brötchen hole.
Wir setzen uns in das Wohnzimmer auf das Sofa, das Frühstück hat Harry auf dem Couchtisch aufgestellt. "Ich esse lieber auf meinem Sofa, als an meinem Tisch", hatte er erklärt und ich hatte begeistert zugestimmt. Ich persönlich saß noch nie an meinem Esstisch. Wirklich, noch nie.
"Gemma hat uns zum Mittagessen eingeladen", unterbricht Harry die Stille und sieht zu mir.
Ich schlucke meinen Bissen herunter und sehe ihn unsicher an.
"Ich habe erstmal zugesagt, aber unter Vorbehalt. Wenn du keine Lust hast, dann lassen wir das lieber, oder wenn der Jetlag zugreift, dann verschieben wir das auch."
Ich bin mir  unsicher. Ich war nicht wirklich nett zu Gemma und Niall. Immerhin habe ich sie ignoriert und dann über Liam verlauten lassen, dass sie mich in Ruhe lassen sollen. Zudem habe ich mit meinem Verhalten Harry wehgetan und das finden die beiden sicherlich auch nicht wirklich gut.
Harry, der wie so oft mein Gesicht mustert, kann anscheinend meine Gedanken lesen. Schmunzelnd bufft er mich mit seiner Schulter an und nimmt sich sein Brötchen in die Hand.
"Sie wird dich nicht umbringen, Louis. So ist Gemma nicht. Wenn sie keine Lust auf dich hätte, dann hätte sie dich nicht eingeladen."
Noch immer unsicher nicke ich.
"Glaube mir, wenn Gemma jemanden nicht leiden kann, dann merkt man das sofort. Sie kann sich nicht verstellen".
Noch immer unsicher stimme ich dennoch zu. Immerhin ist es Harrys Schwester und wenn das zwischen uns wirklich klappen sollte, dann kann ich ihr ja nicht Ewig aus dem Weg gehen. Früher oder später werden sich unsere Wege eh kreuzen und dann lieber früher, als später.

Wir essen zu Ende und als wir dann den Tisch abgeräumt haben, alle Lebensmittel zurück im Kühlschrank sind, machen wir es uns mit einer Tasse Tee auf dem Sofa bequem.
Für heute wollen wir es ruhig angehen lassen. Harry hat ein paar Dinge geplant, die er mir zeigen will, aber er meint, dass wir noch genug Zeit dafür haben.
Als wir dann gemeinsam einen Film schauen, merke ich die Müdigkeit in mir aufsteigen. Ich bin schon verdammt lange wach und der Flug hat mich ziemlich geschlaucht.
Eingekuschelt unter einer dicken Decke merke ich kaum, wie meine Augen immer schwerer werden.
Erst als mein Kopf zur Seite fällt und auf Harrys Schulter landet, wird mir klar, dass ich nicht mehr länger gegen den Schlaf ankämpfen kann.
Und als Harry dann seinen Arm um mich legt, mich an sich zieht und ich sein einlullendes Parfum rieche, versuche ich auch gar nicht weiter wach zu bleiben.

Amor manet.Where stories live. Discover now