Du lächelst.

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Ich bin ganz benommen, als ich einige Stunden später zurück im Hotel bin.
Harry hat mich bis zur Tür unseres Zimmers gebracht, als er sich verabschiedete und mit einem liebevollen Lächeln wieder im Fahrstuhl verschwand.
In den Fahrstuhl, in welchem er mich gerade noch in Grund und Boden geküsst hat.

Kurz schließe ich meine Augen, versuche dieses Gefühl in mir zu ordnen und betrete dann das Hotelzimmer. Ich weiß nicht wie Harry das anstellt, aber irgendwie vermittelt er mir das Gefühl, als wenn er nicht ein Wildfremder wäre, den ich erst gestern in New York kennengelernt habe.
Es scheint, als wenn wir uns schon eine Ewigkeit kennen und dieses Gefühl ist Beängstigend und Aufregend zu gleich.
"Louis?".
Liam kommt in den Flur unserer Suite und erleichtert atme ich auf.
Er lebt noch, sieht unversehrt aus und macht einen glücklichen Eindruck.
"Hey", begrüßt er mich lächelnd und nimmt mich in den Arm. Zufrieden drücke ich ihn an mich, bin erleichtert, dass es ihm gut geht und löse mich dann wieder.
"Wie war dein Tag?", möchte ich wissen und gehe in das große Wohnzimmer, wo Liam anscheinend etwas vom Zimmerservice bestellt hat. Der Tisch ist reichlich gedeckt und als er meinen Blick sieht, legt er mir eine Hand auf die Schulter und lotst mich zum Stuhl.
"Ich dachte, vielleicht hast du Hunger und habe uns etwas bestellt."
Ich beiße mir auf meine Unterlippe. Es sieht alles sehr lecker aus, aber ich bekomme keinen Bissen herunter. "Harry und ich waren Essen", gestehe ich und sofort legt sich ein Lächeln auf meine Lippen, als ich an die Aussicht des Restaurants denke.
Liam sieht mich schmunzelnd an und zieht eine Augenbraue hoch.
"Was?" - "Du lächelst", stellt er fest und setzt sich auf einen Stuhl. Er nimmt sich einen Teller und beginnt diesen zu füllen, während ich mich ihm gegenüber setzte.
"Darf ich nicht?".
"Doch, es ist nur...so ein Lächeln habe ich schon lange nicht mehr bei dir gesehen".
Ich merke, wie meine Wangen sich erhitzen und sofort senke ich meinen Blick.
"Wie war dein Tag?", wiederhole ich die Frage, hoffe, dass wir nicht weiter über mich sprechen, aber Liam wäre nicht mein bester Freund, wenn er meinen Plan nicht sofort durchschauen würde.
"Nichts da, Louis. Meine Erzählung kann warten. Sag mir lieber wie dein Tag war und warum du auf einmal puderrot im Gesicht bist."
Ich hasse meinen besten Freund.
"Wo wart ihr denn überall?", möchte Liam wissen und beginnt zu Essen. Ich gebe mich geschlagen und erzähle Liam, wo Harry und ich überall waren.
Ich erzähle ihm von der Dachterrasse, der wundervollen Aussicht auf Manhattan und am Ende von der Manhattan Bridge, wo wir dann auch gegessen haben.
"Na das klingt doch schön", stellt er fest und legt seine Gabel neben seinen Teller. Sein Blick liegt auf mir, durchbohrt mich und erneut senke ich meinen Blick. Ich halte ihn einfach nicht stand.
"Und?"
"Was und?".
"Louis, seit du hier drin bist strahlst du, wirst andauernd rot und bekommst dieses Lächeln nicht aus dem Gesicht. Was ist noch passiert?".
Seufzend schließe ich meine Augen, hebe dann meinen Blick und sehe meinen besten Freund an.
"Er hat mich geküsst."
Liam lächelt, sieht mich weiterhin an und ich stöhne genervt auf.
"Vielleicht hat er mich auch auf dem Rückweg immer wieder geküsst und vielleicht haben wir im Fahrstuhl eine filmreife Knutscherei hingelegt."
"Na geht doch", lacht er und klatscht begeistert in seine Hände.
"Und? Wann seht ihr euch wieder?".
Ich stutze.
Oh.
"Darüber haben wir nicht geredet", gestehe ich und runzele meine Stirn. Harry hat kein weiteres Wort darüber verloren und ich habe nicht daran gedacht. Es ist nicht geplant, dass wir uns wieder sehen.
"Dann frag ihn".
"Ja, ich - oh." Erneut runzele ich meine Stirn. "Ich habe seine Nummer nicht".
Liam reißt seine Augen auf und sieht mich ungläubig an. "Du hast seine Nummer nicht? Louis! Ihr habt die Nacht miteinander verbracht, hattet einen wundervollen Tag und dann hast du seine Nummer nicht?".
Unbeholfen zucke ich mit meinen Schultern.
Ich war so benommen, dass ich gar nicht daran gedacht habe, Harry nach seiner Nummer zu fragen. Und er wollte meine auch nicht haben. Vielleicht hat er es auch vergessen, oder aber, er wollte sie gar nicht.
Ein unschönes Gefühl breitet sich in mir aus.
Vielleicht will er mich ja auch gar nicht wieder sehen.
Vielleicht gehört das zu seiner Masche.
Es hat mich ja eh schon gewundert, warum ein fremder Mann gemeinsam mit mir den Tag verbringen möchte. Vielleicht hat er sich eine weitere Nacht erhofft und dann gemerkt, dass es nicht darauf hinauf läuft. Oder er hat festgestellt, dass er mich vielleicht doch nicht mehr so attraktiv findet. Aber warum dann der Kuss? Vielleicht als Abschied?

"Louis".
Liam sieht mich mahnend an und schüttelt den Kopf. "Du analysierst schon wieder alles zu Tode."
Ertappt beiße ich mir auf meine Unterlippe.
Ich kann doch auch nichts dafür.
"Ich habe die Nummer von Niall". Liam sieht mich aufmunternd an und nimmt erneut seine Gabel in die Hand. "Ich kann ihm ja schreiben, ob wir uns diese Woche noch einmal in der Bar treffen wollen und wenn Harry mitkommt, dann fragst du ihn gefälligst nach seiner Nummer".
"Ich weiß nicht". Unsicherheit breitet sich in mir aus. "Was ist, wenn er meine Nummer gar nicht haben will? Und selbst wenn, was soll ich mit seiner Nummer? Wir wohnen viel zu weit auseinander".
Liam verdreht seine Augen.
"Es ist mir egal wie weit ihr auseinander wohnt. Du lächelst und ich will dieses Lächeln öfter auf deinem Gesicht sehen, Louis."

Amor manet.Where stories live. Discover now