Kommt ihr auch mal in die Küche?

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Ich werde erst wieder wach, als Harry mich weckt.
Sanft streicht er mir durch meine Haare, sagt immer wieder leise meinen Namen, während ich mit meinem Kopf auf seiner Schulter liege. Vermutlich habe ich es mir im Schlaf bequem gemacht, wobei eine Schulter da nicht wirklich optimal ist.
Müde öffne ich meine Augen, genieße noch einen Moment die Streicheleinheiten von Harry, ehe ich meinen Kopf neige und ihm in die Augen schaue. Ein liebevolles Lächeln ist auf seinem Gesicht, als seine Hand die Bewegung stoppt, aber noch immer in meinen Haaren bleibt.
Stumm schauen wir uns in die Augen. Seine wundervollen Augen, die mich jedes Mal aufs Neue umhauen. Dazu sein liebliches Lächeln - ich bin sowas von verloren.
"Wir müssen gleich los", haucht der Lockenkopf leise. Ich nicke, löse mich nur ungerne aus meiner Position und strecke mich einmal ausgiebig.
"Ich ziehe mich nur noch schnell um".
Ich möchte in das Badezimmer gehen, als Harry meinen Namen ruft und mich stoppen lässt. Fragend sehe ich ihn an, als auch er vom Sofa aufsteht und auf seine Jogginghose deutet.
"Wir gehen in Jogginghose. Es ist Sonntag".
Etwas verdutzt nicke ich, nehme es aber nur zu gerne hin. Wenn ich ehrlich bin, habe ich auch eigentlich keine Lust in eine andere Hose zu steigen. Jogginghosen sind einfach bequem und so wie Harry sagt, an einem Sonntag eigentlich schon Pflicht.

Ziemlich nervös sitze ich wenig später neben Harry in Gemmas Wagen und schaue aus dem Fenster. Ich weiß nicht, was mich gleich erwarten wird, aber ich rechne mit dem Schlimmsten. Zwar meint Harry, dass Gemma nicht böse ist, aber vielleicht hat sie ihm ja einfach nur nicht die Wahrheit gesagt. Vielleicht wartet sie nur auf einen günstigen Moment um mich umzubringen. Oder Niall. Vielleicht ist Gemma gar nicht die, vor der ich Angst haben muss, sondern der Ire.
Ich schlucke den dicken Kloß in meinem Hals herunter, als Harry in eine Tiefgarage fährt und zielsicher einen Parkplatz ansteuert. Er erklärt mir, dass dieser Gemma gehört und sie nur deshalb überhaupt ein Auto hat. Ich kann es verstehen. Ohne einen festen Stellplatz ist es sogar in London ein Ding der Unmöglichkeit irgendwo sein Auto abzustellen. Die meisten Parkplätze sind zeitlich begrenzt und wenn man nicht immer alle zwei Stunden zum Auto rennen will und die Parkuhr neu stellt, dann bringt ein Auto herzlich wenig.

Wir gehen durch verschiedene, unterirdische Gänge, bis wir im mir bekannten Treppenhaus von Harrys Schwester ankommen. Die Nervosität steigt ins unermessliche und eigentlich möchte ich gar nicht mehr zu diesem Essen.
"Mach dir keine Gedanken", höre ich die Stimme meines Lockenkopfes und spüre im gleichen Moment seine Hand auf meiner Schulter. "Es wird alles gut, versprochen."
Und dann ist es auch schon zu spät. Er hat bereits geklingelt und ehe ich auch nur einen Gedanken daran verschwenden kann, vielleicht doch noch schnell abzuhauen, wird auch schon die Wohnungstür aufgerissen und Gemma erscheint vor mir.
Gut, jetzt weiß ich, warum wir uns nicht umziehen mussten.
Gemma hat ihre Haare zu einem unordentlichen Dutt gebunden. Ihre Beine stecken in einer viel zu großen Jogginghose mit Golflogo, was darauf schließen lässt, dass die Hose eigentlich Niall gehört. Zudem trägt sie einen dicken, viel zu großen Rollkragenpullover und eine Brille, die ich zuvor noch nie an ihr gesehen habe.
"Da seid ihr ja", begrüßt sie uns und macht einen Schritt zur Seite, damit wir in die Wohnung gehen können. Harry schiebt mich durch die Tür, will vermutlich sicher gehen, dass ich auch wirklich mit rein komme und nimmt dann seine Schwester in den Arm, um sie zu begrüßen.
Ich weiß nicht so Recht was ich machen soll. Soll ich sie auch umarmen? Soll ihr ihr die Hand geben?
Ich weiß es nicht, aber Gemma nimmt mir die Entscheidung ab. Lächelnd zieht sie mich in ihre Arme, drückt mich an sich und löst damit die Anspannung in mir auf.
Harry hatte also Recht.
Als wir uns wieder voneinander lösen begegne ich Harrys Grinsen, welches mir genau sagt, dass er Recht hatte und er das verdammt gut weiß.
"Kommt ihr auch mal in die Küche?", ertönt Nialls Stimme und ein Lachen meines Lockenkopfes folgt.

Auch Niall trägt eine Jogginghose und einen kuscheligen Pullover. Und auch er trägt eine Brille. Anscheinend sind Sonntags Kontaktlinsen verboten.
"Louis, na wird ja auch mal Zeit, dass ich dich wiedersehe."
Grinsend kommt der Ire auf mich zu, zieht mich stürmisch in seine Arme und drückt mich an sich. Etwas zu fest, wenn ich ehrlich bin. Als ich dann allerdings seinen Atem an meinem Ohr spüre, weiß ich auch warum. "Ich mag dich, wirklich, aber sollte Harry noch einmal wegen dir so leiden, fällt die Begrüßung das nächste Mal anders aus."
Grinsend lässt er mich wieder los, sieht in die Runde, als wenn nichts gewesen wäre, wobei ich schuldbewusst auf den Boden schaue.
"Ich hoffe ihr habt Hunger!".
Und damit verschwindet Niall wieder an den Herd. Gemma holt aus einem Schrank ein paar Gläser und scheucht Harry und mich dann in das Wohnzimmer, wo bereits ein kleiner Esstisch gedeckt ist.
"Und? Ist doch gar nicht so schlimm, oder?", möchte Harry wissen und zieht mich in seine Arme. Überglücklich genieße ich diese Umarmung, kuschele mich enger an ihn und möchte eigentlich nie wieder woanders sein.
"Ich weiß, dass Niall irgendetwas zu dir gesagt hat. Denk dir nichts dabei, okay? Im Grunde genommen ist er ein harmloser Typ. Er kann nicht mal eine Spinne töten, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu bekommen." Beklommen nicke ich, drücke mich enger an ihn. In seinen Armen ist alles gut. Hier fühle ich mich sicher und geborgen. Zudem riecht er einfach so himmlisch, dass ich sofort wieder einschlafen könnte.
Der Griff um mich wird fester und ich merke Harrys Kinn auf meinem Kopf. Sofort erscheinen die Schmetterlinge in meinem Bauch und schwirren wild durch die Gegend. Am liebsten würde ich jetzt einfach meinen Kopf heben und diesen wundervollen Mann hier küssen. Aber ich weiß nicht, ob wir schon so weit sind. Natürlich haben wir uns in Paris geküsst, aber das hier ist irgendwie dann doch etwas Anderes. Und irgendwie ist es auch nicht der richtige Ort und erst gar nicht der richtige Moment.
"Ich will eure traute Zweisamkeit ja nicht stören, aber das Essen wird kalt".

Amor manet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt