Schuldig.

2.3K 361 41
                                    

Ich komme erst spät an diesem Tag nach hause. Kurz nachdem Gigi dem Fotografen eine saftige Ohrfeige verpasst hat und dann laut verlauten ließ, was dieser Widerling getan hatte, kamen auch die anderen Models fremder Agenturen dazu, die ebenfalls für das Shooting gebucht waren und berichteten ebenfalls von unangebrachten Berührungen.
Die Assistentin des Auftraggebers, die Gott sei Dank vor Ort war, hat nicht lange gezögert und die Polizei gerufen. Gigi und die anderen Models mussten mit zum Revier, wohin ich sie begleitet habe.
Auch wenn es nicht unsere Models sind, habe ich mich doch irgendwie für sie alle verantwortlich gefühlt und so habe ich Stunden auf dem Polizeirevier verbracht, habe gewartet, bis alle ihre Aussagen gemacht haben und bin erst nach hause, als ich sicher sein konnte, dass sie alle nach hause kommen.
Meiner Mutter habe ich während der Wartezeit eine Nachricht geschrieben. Das Shooting ist erstmal auf Eis gelegt, bis sich ein neuer Fotograf findet und ich hoffe sehr, dass dieser elende Grabbler nicht so leicht davon kommt.

Seufzend lege ich meinen Anzug ab, tausche diesen gegen eine Jogginghose und einen gemütlichen Pullover, ehe ich mir eine Pizza in den Ofen schiebe und mich auf mein Sofa setze.
Was für ein Tag.
Mein Blick huscht zu meinem Handy, dann auf die Uhrzeit.
Bei Harry muss es jetzt 15.00 Uhr sein. Vielleicht habe ich Glück und erreiche ihn.
Schnell wähle ich seine Nummer, gehe zurück in meine Küche und behalte die Pizza im Auge, während ich darauf warte, dass mein Freund den Anruf entgegen nimmt. Es dauert ein bisschen, doch dann ertönt seine Stimme am anderen Ende des Handys.
"Louis, Hi".
Ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen und sofort ist meine Laune besser. Allerdings nur solange, bis ich die laute Musik im Hintergrund wahrnehme und Stirnrunzelnd in meinen Backofen schaue.
"Wo bist du?", möchte ich wissen und setze mich kurzerhand einfach auf den Fußboden.
"Warte mal", ruft mein Lockenkopf, gefolgt von Geraschel und dann ist es plötzlich ruhig.
"So, jetzt kann ich dich verstehen".
"Wo bist du?", widerhole ich meine Frage und drücke mein Handy fester an mein Ohr.
"Der Auftraggeber meines Shootings heute hat mich auf eine Party eingeladen. Wir sind irgendwo in einem Strandhaus. Keine Ahnung wo ich bin", lacht er und ich merke, wie mir das überhaupt nicht gefällt. "Aber vielleicht kann ich hier ein paar wichtige Kontakte knüpfen. Man weiß ja nie, wen man hier alles trifft".
Ja, er hat schon Recht, dennoch - irgendwie mag ich den Gedanken an meinen Freund auf einer Party mit vielen Fremden Menschen nicht. Dort sind sicherlich viele Models, hübsche Menschen und ich bin mir sicher, dass Harry ununterbrochen angebaggert wird. Immerhin ist er eine Augenweide. Wer würde da nicht sein Glück versuchen?
"Louis?".
Ich kehre aus meinen Gedanken zurück, schüttele meinen Kopf. "Hm?" - "Ich habe dich gefragt, wie es bei dir gelaufen ist. Was ist mit dem Fotografen?".
Müde lehne ich meinen Kopf gegen den Backofen. "Er ist bei der Polizei", beginne ich und erkläre Harry dann, was die letzten Stunden so passiert ist. Als dann meine Küchenuhr klingelt und mir sagt, dass meine Pizza fertig ist, erhebe ich mich vom Fußboden und lege mein Abendessen auf den Teller.
"Oh das ist wirklich schlimm", murmelt mein Lockenkopf und ich nicke zustimmend. "Leider gibt es in meinem Job so viele ekelhafte Menschen, die ihre Position ausnutzen".
Mein Handy klemmt zwischen Ohr und Schulter, während ich meine Pizza schneide. "Ich hoffe, den sehen wir nicht wieder", gebe ich zu und nehme mein erstes Stück in die Hand.
"Ja, ich - " - "Hey! Da bist du ja!". Eine laute Stimme erklingt im Hintergrund und ich halte in meiner Kaubewegung inne. "Ja, ich wollte eben telefonieren", höre ich Harry etwas gedämpfter sagen, gefolgt von einem Lachen, welches definitiv nicht meinem Freund gehört. "Gut, aber lass dir nicht zu lange Zeit. Wir warten alle auf dich".
Es raschelt erneut, ehe ich Harry sich räuspern hören kann. "Sorry".
"Wer war das?". Meine Pizza findet ihren Weg zurück auf den Teller. Hunger habe ich gerade nicht mehr. Harry lacht leicht, verdreht sicherlich seine Augen und hat bestimmt dieses niedliche Schmunzeln auf den Lippen. "Keine Ahnung, wirklich. Er rennt mir aber schon die ganze Zeit hinterher und will mich mit allem und jedem bekannt machen."
Meine Augen verengen sich zu schlitzen und ich kann nicht verhindern, dass die Eifersucht sich in mir ausbreitet. "Aha." - "Lou" - "Was?" - "Sei nicht so".
Nun bin ich es, der meine Augen verdreht. "Wie bin ich denn?". Harry antwortet nicht sofort, doch dann höre ich ihn wieder seufzen. "Ich weiß zu wem ich gehöre, okay? Ich liebe dich, schon vergessen?".
Toll. Natürlich muss er diese Karte spielen.
Unweigerlich habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich eifersüchtig bin.
"Ich...ich mag den Gedanken einfach nicht, dass dich da alle sabbernd anschmachten", gestehe ich und senke meinen Blick. "Love, niemand schmachtet mich hier an".
"Schwachsinn und das weißt du auch.". Jeder wird ihn ansehen. Ich meine, warum auch nicht? Er sieht ja auch verdammt gut aus.
"Selbst wenn, ich habe nur Augen für dich. Du glaubst doch nicht, dass wenn ich einen unglaublich heißen, sexy Mann in London sitzen habe, mit einem Hintern, der verboten gehört, mit wuscheligen Haaren und so blauen Augen, dass die Ozeane neidisch werden, dass ich dann auch nur irgendwen hier attraktiv finden kann. Love, also wirklich."
Auch wenn ich nicht möchte, schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen.
"Verboten, hm?".
Mein Lockenkopf lacht rauf auf und die Stimmung schlägt sofort um. Es Knistert und zwar gewaltig.
"Ich habe morgen Mittag einige Stunden Zeit. Ich werde dich anrufen und dann kannst du mir ja deinen verbotenen Hintern in die Kamera halten".
"Harry!" - "Wenn du möchtest, kannst du dabei gerne meinen Namen rufen", lacht er und abermals verdrehe ich meine Augen. "Du bist verrückt" - "Nach dir, schuldig."

Amor manet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt