Du bist etwas ganz Besonderes.

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Wir bleiben nicht lange, genießen nur das Frühstück, welches aus zwei einfachen Sandwiches besteht und machen uns dann wieder auf den Weg. Zu meiner Überraschung winkt Harry uns ein Taxi heran.
"Dieses Mal darfst du gemeinsam mit mir fahren". Harry zwinkert mir zu, schiebt mich dann auf die Rücksitzbank und setzt sich neben mich. Er nennt den Fahrer eine Adresse und greift dann wieder nach meiner Hand. "Natürlich könnten wir auch mit der Subway fahren, aber mit dem Taxi geht es doppelt so schnell".
Mein Blick gleitet aus dem Fenster. Ich fühle mich verdammt winzig, zwischen den ganzen Hochhäusern.
Harry hat jedoch Recht. Keine fünfzehn Minuten später hält das Taxi und wir steigen aus, nachdem Harry dem Fahrer etwas Geld gegeben hat. Erneut möchte ich meine Geldbörse herausholen, doch der Lockenkopf schenkt mir einen warnenden Blick und ich lasse es sein.
Mir ist dennoch etwas unwohl dabei, wenn er alles zahlt.

Wieder greift er nach meiner Hand und ich lasse mich einfach von ihm mitziehen. Doch kaum gehen wir wenige Meter, bleibe ich stehen und staune erneut.
"Willkommen im Gantry State Park. Von hier aus hat man einen umwerfenden Blick auf Manhatten", verkündet Harry und bleibt ebenfalls stehen.
"Komm", fordert er, zieht mich an seiner Hand weiter. Die Aussicht ist wirklich wieder atemberaubend.
"Hier stand früher eine Abfüllanlage von Pepsi. Dieses Schild ist davon übrig geblieben und ist mittlerweile das Wahrzeichen dieses Parks".
Harry bleibt wieder stehen und ich neige meinen Kopf, weg von der Skyline Manhattans zu einem imposanten Pepsi-Cola Schild.
"Wow". Dieses Schild droht mich zu erschlagen.
"Ich finde es irgendwie cool."
Mein Blick gleitet zu Harry, welcher auf das Schild sieht. "Inmitten dieses Parks, umgeben von alten Kränen und der Skyline von Manhattan, passt dieses alte Schild hier so gar nicht hin. Und gerade das finde ich einfach umwerfend. Die Farben, der Kontrast", verträumt seufzt er und betrachtet weiterhin dieses Schild.
"Ich mache hier gerne Shootings", verkündet er und überrascht hebe ich meine Augenbrauen. "Shootings?".
Nun ist es Harry, der mich irritiert ansieht. "Ich bin Fotograf, habe ich doch gestern erzählt."
Meine Wangen werden erneut rot und ich beiße mir auf meine Unterlippe.
"Das...das habe ich wohl vergessen", murmele ich peinlich berührt und drehe mich um, damit ich die Skyline wieder sehen kann und nicht Harrys Blick ausgesetzt bin.
Plötzlich bemerke ich seinen Atem an meinem Ohr und ich zucke zusammen.
"Solange du nur das vergessen hast, ist alles okay".
Ein Schauer jagt über meinen Rücken und mein Puls erhöht sich. Der Lockenkopf greift wieder nach meiner Hand, zwinkert mir zu und zieht mich dann weiter.

Wir schlendern an der Promenade entlang, mein Blick immer auf Manhattan.
Vielleicht ist diese Stadt doch nicht so furchtbar wie ich immer dachte. Vielleicht hat New York wirklich schöne Ecken. Man muss nur wissen wo.
"Also, Louis, du weißt ja jetzt was ich arbeite, aber du hast mir nicht erzählt, was du eigentlich machst".
Wir sitzen auf einer Bank, den Blick auf das Wasser und hinter uns das Long Island Schild, welches sich auf zwei Stahlbauten befindet und ebenfalls ein Wahrzeichen dieses Stadtteils ist, wie Harry mir zuvor erklärt hat.
Wir sitzen nahe beieinander, Harry hat seinen Arm um meine Schulter gelegt und erneut stelle ich fest, dass mir diese Geste bei ihm nichts ausmacht.
"Ich arbeite in der Agentur meiner Mutter", erkläre ich und lasse meinen Blick gleiten. Es wird langsam dunkel. "Ich bin ihr persönlicher Assistent und eigentlich ein wandelnder Terminplaner. Ich organisiere die Termine, kümmere mich um die Buchung und betreute unsere Klienten."
Das trifft es eigentlich ziemlich gut.
"Und das vierundzwanzig Stunden am Tag".
Verwundert sehe ich ihn an, begegne einem liebevollen Lächeln und merke im nächsten Moment seine Hand auf meiner Wange. "Liam meinte gestern, dass du zu viel arbeitest."
"Ich...naja ich liebe meinen Job und also-", - "Louis, alles gut. Ich arbeite auch viel und kann das vollkommen verstehen. Wenn man seinen Job liebt, macht man ihn gerne".
So sieht es aus. Ich nicke, während Harrys Hand noch immer auf meiner Wange liegt.
"Aber man darf sich dabei nicht vergessen. Arbeiten ist ja schön und gut, aber man muss auch mal was für sich machen. Es bringt keinem etwas, wenn man einen Zusammenbruch hat".
Ich verdrehe meine Augen. Klasse. Hat Liam das also auch ausgeplaudert.
Harry, der meine Gesichtsregung studiert grinst und erhebt sich von der Bank.
"Du hast selbst gesagt, dass du einen Burnout hast. Zumindest das dir das alle unterstellen und du deswegen in New York bist."
Scheiß Alkohol.

Die Dämmerung schreitet immer weiter voran und erneut bestellt Harry uns ein Taxi.
"Fährst du immer so viel mit dem Taxi?", möchte ich wissen und steige wieder auf die Rückbank. Harry, welcher dem Fahrer erneut eine Adresse nennt, schüttelt den Kopf. "Normalerweise fahre ich mit dem Rad. Nur wenn ich arbeite, dann nehme ich mir ein Taxi, da ich meine Sachen nicht auf ein Fahrrad bekomme."
Ein eigenes Auto lohnt sich sicherlich nicht in dieser Stadt.
Wir fahren erneut zwanzig Minuten und in weiter Ferne kann ich die beleuchtete Freiheitsstaute sehen.
Unweigerlich gleitet mein Gedanke zu Liam. Ob es ihm gut geht?

Als wir aussteigen, weiten sich wie so oft an diesem Tag meine Augen.
Wir stehen unmittelbar neben der Manhattan Bridge, welche mittlerweile hellerleuchtet ist. Mein Herz beginnt wild zu pochen und ich tue mich schwer, die ganzen Eindrücke heute zu verarbeiten.
Ich bekomme nicht mit, wie Harry den Fahrer bezahlt und das Taxi davon fährt. Erst, als sich Harrys Arme um mich schlingen und ich seine Brust an meinem Rücken spüre, werde ich zurück in das Hier und Jetzt gerissen.
Das Kinn des Lockenkopfes legt sich auf meine Schulter und gemeinsam schauen wir auf die wunderschöne Kulisse, die sich vor uns erstreckt.
Ich weiß nicht was es ist, aber ich kann mir in diesem Moment niemand anderes an meiner Seite vorstellen als Harry. Auch wenn wir eigentlich Fremde sind, fühlt sich dieser Moment verdammt vertraut an.
Lächelnd drehe ich mich zu ihm um, sehe ihm in die Augen und bin erstaunt, wie intensiv das Grün seiner Augen auf mich wirkt.
"Danke", hauche ich leise. "Danke für diesen wundervollen Tag".
Der Lockenkopf erwidert mein Lächeln, legt erneut seine Hand auf meine Wange und nimmt mich mit seinem Blick gefangen.
"Ich danke dir", flüstert er, mustert mich besonnen. "Ich hatte schon lange keinen so schönen Tag mehr".
In meinem Bauch flattert etwas, aber ich verstehe nicht was es ist und gebe mich lieber Harrys Blick hin. "Hinter uns befindet sich ein Restaurant, wo wir zu Abend essen können."
Ich nicke, mein Blick wie paralysiert auf seinen Augen.
Liam hat Recht. Harry ist wirklich verdammt heiß. Aber nicht nur das. Er ist hübsch. Wunderschön. Alles an ihm scheint perfekt zu sein. Ich erkenne nicht einen Makel in seinem Gesicht.
"Aber vorher muss ich noch etwas tun", haucht er leise, nähert sich meinem Gesicht und ich halte meinen Atem an. "Du bist etwas ganz Besonderes", vernehme ich seine leise Stimme, ehe er seine Lippen sanft auf meine legt.

Amor manet.Where stories live. Discover now