Nicht für Alles in der Welt.

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Am nächsten Morgen schläft Harry lange. Ich komme nicht umher ihn zu beobachten. Wie er da liegt, zusammengerollt, einen Arm um meine Taille geschlungen, den Mund leicht geöffnet und seine Haare wirr zerstreut. Sein Dutt, welchen er sich gestern noch gebunden hat, hat sich in der Nacht vermutlich gelöst. Das Haargummi liegt wahrscheinlich irgendwo unter der Decke begraben.
Bei seinem Anblick schlägt mein Herz schneller, weshalb ich anfange durch seine Haare zu kraulen.
Geschlafen habe ich wenig. Eigentlich so gut wie gar nicht. Ich habe mir die halbe Nacht Gedanken gemacht und wenn ich ehrlich bin, brauche ich einen Rat.
Mein Blick gleitet auf die Uhr auf meinem Nachttisch. Ein bisschen Zeit habe ich noch, dann muss ich unter die Dusche und zur Arbeit und genau dort werde ich mir meinen Rat holen.
Möglichst ohne mich zu bewegen greife ich mit meiner freien Hand nach meinem Handy, schiele einmal zu Harry, welcher aber noch seelenruhig schläft und schreibe eilig eine Nachricht an Liam. Dann lege ich mein Handy wieder weg und beginne damit meinen Freund sanft zu wecken.
Wenn es nach mir ginge, würde er noch weiter schlafen, aber er hat mich gestern gebeten das zu tun, damit wir noch zusammen frühstücken können.
Sanft kraule ich seine Haare weiter, lege meine freie Hand auf seine Wange und hauche einen Kuss auf seine Stirn. "Aufstehen, Sun".
Harrys Stirn zieht sich in Falten, seine Augen bleiben allerdings weiterhin geschlossen. Schmunzelnd schüttele ich meinen Kopf und küsse erneut seine Stirn, dann seine Nasenspitze und zu Letzt seine Wange. Als ich meine Lippen lösen möchte, kommt ein Grummeln aus seinem Mund.
"Du hast die Lippen vergessen", beschwert er sich mit geschlossenen Augen und bringt mich leise zum lachen. "Mein Fehler, wie konnte ich nur".
Ich küsse seine Lippen, allerdings nicht kurz. Könnte ich auch gar nicht, da Harry meinen Kuss sanft erwidert und auch wenn dieser Kuss müde und träge ist, so ist er ein wundervoller Start in den Tag.

Harry begleitet mich unter die Dusche. Schweigend stehen wir uns gegenüber, seifen uns gegenseitig ein und küssen und ab und zu. Mehr passiert nicht, aber das ist okay. Mein Lockenkopf ist einfach noch viel zu müde und ich habe schon fast die Angst, dass er mir gleich im stehen wieder einschläft.
Als wir uns anschließend anziehen und gemeinsam in die Küche gehen, drücke ich ihm erstmal eine Tasse Kaffee in die Hand, damit er überhaupt richtig seine Augen öffnen kann.
"Hast du heute was geplant?", möchte ich wissen und stelle den Toaster an. Die Eier braten bereits in der Pfanne und die Bohnen kochen auf dem Herd.
"Ich wollte mit Kendall shoppen gehen. Oder vielmehr wollte sie mit mir shoppen gehen. Zayn hat ihr meine Nummer gegeben.".
Ich nicke und freue mich insgeheim, dass meine Freunde Harry so aufnehmen. Kendall weiß sicherlich, dass Harry hier rumhocken würde, bis ich nach Hause komme und schleppt ihn deshalb durch die Stadt. Eine liebe Geste von ihr, wofür ich mich bei ihr noch bedanken werde.
Erneut huscht mein Blick auf die Uhr, als die nächste Ladung Toast den Weg in den Toaster findet und ich die Eier und die Bohnen schon einmal auf den Tisch stelle.
"Wir können heute Abend Essen bestellen, wenn du möchtest. Wir müssen immerhin noch einige Staffeln Supernatural schauen."
Mein Freund schmunzelt und nickt. "Dafür wird die Zeit hier allerdings nicht reichen. Es gibt mittlerweile 14 Staffeln und die 15 wurde gerade abgedreht.".
Meine Augen werden groß, als ich den Lockenkopf anschaue. "15 Staffeln?".
Harry nickt, häuft sich Frühstück auf den Teller und beginnt zu essen. "Manche weniger gut, aber man muss sie einfach schauen. Zwei Staffeln fand ich öde und langweilig und zwischendurch hat mich alles nur noch genervt, aber dann wurde es wieder besser und jetzt fiebere ich dem Ende entgegen."
Harry liebt diese Serie wirklich sehr. Vielleicht sollte ich im Internet mal schauen, was es für Fanartikel gibt. Immerhin ist dieses Jahr auch Weihnachten und dann hätte ich schon einmal ein Geschenk. Oder hat er schon alles was es gibt? Ich muss Niall fragen. Der kann mir die Frage sicherlich beantworten.

Eine Stunde später sitze ich in meinem Büro und widme mich meiner Arbeit. Ich beantworte nervige E-Mails und schlage unseriöse Angebote ab. Manche Menschen denken wirklich, sie können in einer Modelagentur Mädchen für alles buchen.
Als es dann nach einer weiteren Stunde klopft und ich leise "Herein" brumme, da ich vertieft in eine Akte bin, betritt Liam den Raum und sofort vergesse ich die Akte in meinen Händen.
"Hi". Lächelnd betritt er das Büro, steuert die kleine Minibar in der Ecke an und schnappt sich eine kalte Cola. Fragend sieht er mich an, doch ich schüttele meinen Kopf und deute auf meine, leider mit kaltem Kaffee gefüllte, Kaffeetasse.
"Hier bin ich. Wobei kann ich helfen?", will er wissen und lässt sich auf einen Sessel gegenüber meines Schreibtisches fallen. Ich werde nervös und mir wird warm. Schnell lockere ich meine Krawatte und gehe dann doch zur Minibar um mir ein Wasser zu nehmen.
"Ich...ich brauche einen Rat. Einen ehrlichen Rat und du als mein bester Freund bist die einzige Person, an die ich mich damit wenden würde.".
Liam nickt, nimmt einen Schluck seiner Cola. "Ich sage dir allerdings gleich - solltest du mit Harry Schluss machen wollen, dann bringe ich dich um. Dabei werde ich dich nicht unterstützen."
Entsetzt schüttele ich meinen Kopf. "Ich will doch nicht Schluss machen. Wie kommst du denn auf diese Idee?". Mein bester Freund zuckt mit den Schultern, sieht aber schon viel entspannter aus als noch vor wenigen Minuten.
"Man weiß nie was in deinem Kopf los ist, Louis. Und wie du am besten weißt, hast du da diesen Fluchtinstinkt, der bei dir ziemlich ausgeprägt ist. Wundern würde es mich also nicht.".
"Niemals", beteuere ich. "Nicht für Alles in der Welt würde ich diesen Mann verlassen."

Amor manet.Where stories live. Discover now