Prolog

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2005

Ihr war speiübel. So eine Übelkeit hatte sie noch nie im Leben verspürt. Ihr kompletter Körper zitterte. Sie weinte ... laut. Nicht leise, obwohl sie das irgendwie immer noch versuchte vor dem Taxifahrer zu verbergen. Heute sollte einer der schönsten Tage überhaupt werden und nun war es der Schlimmste, den sie in ihrem Leben bisher erlebt hatte.

Ihr Handy ging. Es war er. Natürlich war er es. Doch sie wollte nicht mit ihm reden. Sie konnte nicht.

»Wohin soll ich Sie bringen?« , fragte der Taxifahrer, während er weiter irgendeine Strecke fuhr.

ʷᵒʰᶤᶰ? ᶤᶜʰ ʷᵉᶤß ᶰᶤᶜʰᵗ, ʷᵒʰᶤᶰ ᶤᶜʰ ˢᵒˡˡ.

Sie überlegte, während ihr Handy erneut bimmelte. Sie drückte ihn weg.

»Sie müssen mir schon eine Adresse nennen, oder soll ich Sie zurückfahren?«

»Nein.« , schoss es aus ihr heraus.

Eine Nachricht ploppte auf.

- Komm zurück. Bitte. Ich bekomm ihn nicht beruhigt. Bitte. Lass uns alle in Ruhe darüber reden. Ruf mich an oder geh wenigstens dran. Er hat sein Handy gegen die Wand geschmettert.

Kurz danach klingelte es wieder, doch auch den Absender der letzten Mail drückte sie weg. Mit ihm wollte sie genauso wenig reden, auch wenn sie wusste, dass er nur helfen wollte, denn er war sein bester Freund.

Das Taxi stoppte an einer Ecke. Der Fahrer drehte sich zu ihr um und hielt ihr ein Taschentuch hin. »Wir sind weit genug weg und es ist uns niemand gefolgt. Sie atmen jetzt erstmal tief durch. Ich weiß ja nicht, was geschehen ist, aber Sie müssen sich überlegen, wo ich Sie hinfahren soll.«

Isabelle nahm das Taschentuch und schnäuzte ihre Nase, dann nickte sie. Ihre Unterlippe zitterte, ohne, das sie was dagegen tun konnte. Sie sah hinaus. Es regnete. Es stimmte sie noch verzweifelter, als sie ohnehin schon war, denn Regen verband sie mit ihm.

»Haben Sie Verwandtschaft hier?«

Isabelle schüttelte den Kopf. Sie wusste, das er ihr nur helfen wollte eine Anlaufstelle zu finden, aber ihr Kopf war voll mit dem, was sie eben erlebt hatte. Sie bekam dieses Bild nicht aus ihrem Kopf.

Es tat so weh. Dieser Schmerz in ihr ... die Übelkeit. Sie riss die Autotüre auf und übergab sich, dabei fing sie wieder bitterlich an zu weinen. »Es tut mir leid.« , jammerte sie fast unverständlich, während alldem.

»Es ist schon okay. Ich habe schon viel Schlimmeres erlebt.«

ᶤᶜʰ ᵃᵇᵉʳ ᶰᶤᶜʰᵗ!

Isabelle hatte das Gefühl ein Stück von ihr, wäre gestorben. Irgendwas tief in ihr. Mit Müh' und Not schloss sie die Türe und lehnte sich zurück.

»Brauchen Sie vielleicht einen Arzt? Oder zur Polizei? Ich meine, ich weiß ja nicht, was vorhin geschehen ist, aber Sie haben extrem laut geschrien.«

»Nein. Nichts dergleichen.« Sie starrte an die Decke.

»Okay. Verwandtschaft haben Sie nicht hier. Wie wäre es denn mit einer Freundin?«

ᵈᵃ ʷᶤʳᵈ ᵉʳ ᵐᶤᶜʰ ᶻᵘᵉʳˢᵗ ˢᵘᶜʰᵉᶰ.

Sie schüttelte wieder ihren Kopf, doch dann fiel ihr etwas ein.

ᵏᵃᵗʲᵃ.

Sie hatte sie letzte Woche zufällig getroffen. Sie hatte ganz vergessen, ihm davon zu erzählen.

Auf ihrem Handy suchte sie ihre Nummer heraus und wählte diese sofort.

ʰᵒᶠᶠᵉᶰᵗˡᶤᶜʰ ᶤˢᵗ ˢᶤᵉ ʷᵃᶜʰ.

Es klingelte viermal, als plötzlich ihre Stimme ertönte, mit lauter Musik im Hintergrund, die aber langsam leiser wurde.

»Hallo? Hallo? Sofort, ich geh nach draußen.« , hörte Isabelle sie sagen. »So hörst du mich? Isabelle?«

»Katja ... ich ....« Erneut schluchzte sie ungewollt los.

»Was ist los? Was ist passiert?«

»Ich ... ich ... brauch ... Hilfe. K-k-ka-kann ich ... zu dir?« , wimmerte sie.

»Natürlich Süße. Wo bist du? Was ist passiert? Nein, warte, das machen wir später. Komm erstmal her. Hast du meine Adresse noch?«

Aus Isabelles Mund ertönte ein Ja.

»Gut. Ich bin in zehn Minuten zu Hause. Ich geh jetzt nur meine Jacke holen. Ich warte vor der Türe auf dich. Mach dir keinen Kopf. Egal was passiert ist, wir bekommen das hin.«

Isabelle verabschiedete sich dankend und nannte dem Fahrer endlich eine Adresse.

Sie sah in die dunkle Nacht hinaus, während sie an Häusern vorbeifuhren.

Ihr Handy stellte sie auf den Vibrationsmodus, denn sie bekam weitere Mails, das sie endlich zurückkommen oder wenigstens zurückrufen sollte.

Sie fischte sich einen Kaugummi aus ihrer Handtasche, um den Kotzgeschmack ein wenig zu vertreiben, dabei sah sie auf das Bild, mit dem sie ihn heute überraschen wollte.

Wie konnte ein Tag, der so toll angefangen hatte, nur so enden?

Wie konnte das, was sie hatten nur so enden?

Isabelle schloss die Augen und dachte zurück an damals, als alles seinen Anfang genommen hatte ...

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt