Kapitel 91

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»Bitte Hannah. Sag es mir.« , bettelte Vincent, als er sie von der Arbeit aus nach Hause begleitete.

Mittlerweile waren weitere zwei Wochen vergangen und er hatte immer noch nichts über Katjas Aufenthaltsort, geschweige denn den von Isabelle herausfinden können.

»Sie will es doch nicht.« , gab sie von sich und sah auf den Fahrplan.

»Das interessiert mich nicht. Du weißt genauso gut wie ich, dass es für beide das Beste wäre, wenn sie wieder zusammen sind.«

Hannah blieb stehen und wurde lauter. »Meinst du, ich weiß das nicht? Denkst du echt, nur du hast Probleme, weil du darauf achten musst, dass Dag sich nicht das komplette Hirn wegsäuft? Nein Herr Stein, da muss ich Sie enttäuschen ... Isabelle zerfließt in Selbstmitleid.«

»Dann soll sie wiederkommen.«

»Das kann sie aber nicht. Sie hat Angst vor Dags Reaktion.«

»Was hat sie denn so Schlimmes getan?«

Hannah schüttelte den Kopf. »Ich werd' dazu nichts sagen.«

»Warum seid ihr Weiber immer so kompliziert. Kann mir das ma' einer erklären?!«

»Sie hat ihm etwas verheimlicht, okay ... mehr sag ich nicht.«

Vincent klatschte in die Hände. »Danke Hannah, so weit war ich schon. Das hat sie mir selber erzählt. Sie ruft mich nämlich jede Nacht, um die gleiche Uhrzeit an und fragt, wie es Dag geht.«

»Ich weiß. Ich habe es ihr geraten.«

»Und warum rätst du ihr nicht, zurückzukommen?«

»Das habe ich schon getan. Und nicht nur ich. Aber sie hat halt Angst.«

»Ihr seid mein Tod. Ihr macht mich allesamt fertig. Du richtest ihr aus, egal was sie getan hat, Dag liebt sie so sehr, er würde ihr sogar verzeihen, wenn sie ... keine Ahnung, was getan hätte.«

»Ich würde dir gerne helfen, aber ich will ihr auch nicht in den Rücken fallen.«

»Du fällst ihr nicht in den Rücken. Du hilfst ihr. Den Zweien wird es besser gehen, wenn sie wieder zusammen sind.« Vincent ließ seine beiden Handflächen langsam aufeinander zugehen.

»Ich bin derselben Meinung wie du, weil ich sehe, wie scheiße es ihr geht, aber Isabelle muss das alleine entscheiden.«

»Du siehst sie also ab und zu.«

»Hör auf mich zu beschatten. Ich bin nicht blöd. Ich merke das.«

Vincents Handy bimmelte. Andis Name erschien auf dem Display. »Ja? ... Was? ... Aber wie? Ich hab den doch ... nein, nein ich komme ... ich komme, hab ich gesagt ... ja. Tschau.« Er gab ein zischendes Geräusch von sich, bevor er sein Handy wieder wegsteckte. »Siehst du, das ist das, was ich meine. Dag hängt vor eurer alten Wohnung und randaliert da rum.«

»Soll ich mit?«

»Nee. Lass ma'. Du hilfst mir, wenn du mit Isabelle sprichst.«

Er rannte los und erreichte zwanzig Minuten später Andis Bar, wo genau jener schon auf ihn wartete.

»Wo bleibste denn Jung?«

»Ich war zu Fuß unterwegs.« Vincent sah sich um und erspähte die Scherben auf dem Boden, die teilweise mit Blut beträufelt waren. Er wusste, dass Dag die Türe aufgebrochen hatte, um reinzukommen. »Wo is' er?«

»Oben. Er lässt nicht mit sich reden.« , meinte Andi und übergab ihm ein Handtuch. »Soll ich mit?«

»Nee nee, ich mach' das schon.« Er trat ins Hausinnere und lauschte dem Rumms, der immer im selben Takt erklang. Die Blutspur führte die Treppe hinauf, genau von da, wo auch das Geräusch zu hören war.

Vincent achtete mit Sorgfalt, nicht hineinzutreten, während er eine Stufe nach der anderen hinaufging.

Er fand Dag vor der damaligen WG. Er saß auf dem Boden und knallte immer wieder seinen Kopf gegen die Türe. Seine linke Hand blutete, anhand des Faustschlages, mit dem er das Glas seitlich an der Türe zerbrochen hatte.

Vincent ging in die Hocke und legte seine Hand als Schutz auf die Stelle, wo Dag wiederholt mit dem Kopf gegen knallte.

Mit glasigem Blick sah dieser hoch zu ihm. »Vincent?«

»Ja. Ich bin hier.«

»Isy ist nicht da.« , wimmerte er.

»Ich weiß.« Vincent nahm Dags blutige Hand und verband diese mit dem Handtuch.

»Kannst du mit ihr reden?« Der Alkoholgeruch versank in Vincents Nase, als sein Freund mit ihm sprach.

»Ich tu' mein Bestes.« Er stützte Dag und half ihm auf die Beine.

Gemeinsam trat er mit ihm langsam und vorsichtig nach unten. »Du kannst froh sein, das Andi dich mag. Sonst hättest du jetzt erneut ein Gespräch mit der Polizei.« , nuschelte Vincent.

»Redest du mit Isy?« , wiederholte Dag, ohne auf das Gesagte seines Freundes einzugehen.

»Ja.« Er wusste, dass es sich nicht lohnen würde, mit Dag zu diskutieren. Der Alkohol hatte mittlerweile so sehr seine Sinne benebelt, dass er gerade gar nicht in der Lage war, klar zu denken.

»Ich fahr' euch am besten ins Krankenhaus.« , sprach Andi, als die zwei unten ankamen.

»Meinst du, da sollte ein Arzt drüberschauen?« Vincent sah selbst nochmal aufs Handtuch, das mittlerweile einige rote Stellen vorwies und beantwortete dann seine eigene Frage. »Ja ich glaube, das muss doch genäht werden.«

Andi half Vincent, Dag auf die Rückbank seines Volkswagens zu schaffen, bevor beide vorne einstiegen und losfuhren.

»Danke, dass du nicht die Bullen gerufen hast.«

»Hey, ist doch selbstverständlich.«

»Nicht für jeden. Ich muss endlich 'ne Lösung finden. Ich kann ihn ja schlecht zu Hause einsperren und 24/7 bei ihm hängen.«

»Nee wie willst du sonst Isabelle finden?«

Vincent legte sich den Zeigefinger auf den Mund und zeigte dann auf die Rückbank. Andi sah in den Rückspiegel. »Der pennt. Sieht zumindest so aus.«

Er vergewisserte sich, indem er ebenfalls zu Dag sah, der mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund zurückgelehnt saß. »Ich hab langsam jede Hoffnung verloren. Ich war sogar schon am überlegen, ob Katja jetzt in Hamburg oder so lebt. Es kann doch nicht sein, dass nirgends eine Katja Hofmann zu finden ist. Zumindest nicht die, die ich finden will.«

»Du suchst nach einer Katja Hofmann?«

»Ehm ... ja?????« Verwirrt sah Vincent Andi an.

»Das ist doch nur ihr Spitzname.«

»Wie? Von was?«

»Oh, da fragst du mich jetzt was.« Andi dachte angestrengt nach. »Ihre Mutter ist Russin, oder so. Es war irgendwas russisches. Katjaschka? Katruschka? Ach Vincent, ich weiß es gerade nicht mehr.«

»Hast du keine Unterlagen mehr? Sie war doch bei dir angestellt.«

»Doch ... ja, doch ... ich schau später.«

»Ja mach das, denn Isabelle kann ich nicht fragen. Sie würde mich sonst nachts nicht mehr anrufen, wenn sie weiß, dass ich von Katjas Heimkehr Kenntnis habe.«

»Meine Isy ruft dich nachts an?« Dags Visage kam zwischen beide vorderen Plätze zum Vorschein. »Seit wann?«

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt