Kapitel 2

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»Wow.« Lea sah sich in dem großen Saal um, während Andreas den fünfen je ein Getränk auf den Tresen stellte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie immer noch damit gerechnet, dass es sich um einen kleinen Partykeller handeln würde, doch da hatte sie sich schwer geirrt. Andreas Bar war sehr groß, mit einer riesigen Tanzfläche und einer stattlichen Empore, die als Bühne genutzt wurde. Im hinteren Teil gab es Sitzplätze in Form von Sofas und Stühlen. Dieser Abschnitt erinnerte einen somit schon leicht an einen Partykeller aus den 80ern oder 90ern.

Andreas war ein Mann Anfang vierzig. Groß, dunkelblond mit kantigem Gesicht. Er trug immer eine Baskenmütze und langarmige dünne Pullis. Zu jeder Jahreszeit.

»Also wir haben eigentlich unsere Stammkunden, die von jung bis alt aufzuzählen wären.« , erklärte er Isabelle und Sascha. »Die waren mit Käsefuß eigentlich zufrieden.«

Isabelle bemerkte Leas runzelnde Stirn und klärte sie schnell auf. »Käsefuß hieß die vorherige Band.«

»Sehr originell.« , flüsterte diese.

»Hier kommt also jede Altersklasse her? Ich meine, wir spielen halt meist jede Musikrichtung, damit haben wir kein Problem. Isabelle ist da eh flexibel und was Texte angeht, die hat die schnell drauf, aber wenn jetzt nur Rentner dort herumtanzen, weiß ich nicht, ob wir die Richtigen für den Job sind.« Sascha verzog seinen Mund seitlich. Das tat er immer, wenn er nachdachte.

»Käääääsefuß, hieß die Band. Ich glaube nicht, dass die nur Volksmusik gespielt haben.« Lea stieg auf die Bühne.

»Na ja wer weiß?! Wir heißen Stoney Mahoney. Man könnte denken, wir spielen nur Reggae oder so.«

Tina stieg nun ebenso auf die Bühne, während Katja mit dem Barmann flirtete. Ihr war es im Grunde egal, ob sie jetzt auf diesem Podium ihr Bestes gaben, oder auf der Straße, was sie gelegentlich taten, daher hielt sie sich aus dem Gespräch raus.

»Das wird super.« , flüsterte Isabelle Sascha zu und kniff ihm in den Oberarm.

»Ja das könnte wirklich geil werden.«

»Ich hoffe nur, das auf euch auch Verlass ist. Nicht das ihr mich andauernd versetzt.« , meinte Andreas.

»Keine Sorge. Wir ziehen das durch.«

»Ja keine Sorge.« , wiederholte Sascha Isabelles Worte.

Lea reichte Isabelle ihre Hand und sie kam zu ihr hinauf. Es war ein komisches Gefühl, von oben auf den Saal zu schauen.

»Ich hab oben eine Wohnung frei, falls ihr die wollt.« , meinte Andreas plötzlich, als er Isabelle beobachtete. »Es gibt aber nur vier Schlafzimmer, das wäre der Nachteil.«

»Und wie viel soll die kosten? Weil wir haben eigentlich eine Günstige. Die Fahrt hierher, dauert ein wenig, aber sonst ist die Lage gut.« Lea beugte sich hinunter.

»Ihr arbeitet doch hier ... Sie ist eigentlich mir. Ich habe damals als Jugendlicher dort mit Freunden gewohnt und danach in meiner Anfangszeit mit meiner Moni. Aber ihr kennt ja Frauen, die wollen lieber ein Haus mit Garten. Seitdem steht die leer. Ich kann sie euch gern zeigen.«

»Costa quanta?« Lea rieb dabei den Daumen gegen den Zeige- und Mittelfinger.

»Ich sagte doch, sie ist mir und ihr arbeitet hier.«

»Soll heißen, wir bekommen keinen Lohn, aber wohnen umsonst?«

»Nein, natürlich bekommt ihr Lohn. Für was haltet ihr mich?« Andreas lachte laut. »Ihr könnt umsonst wohnen, dafür hoffe ich natürlich, das ihr wirklich euer Bestes gebt. Die Bude rockt. Ich habe keine Probleme damit ein volles Haus zu haben, aber umso mehr ich biete, umso mehr feiern die Leute, umso mehr steigert sich der Umsatz.« Jetzt rieb er sich die Finger am Daumen.

»Das wäre cool. So wären wir direkt hier.« , jubelte Isabelle. Lea zog sie jedoch hastig zur Seite.

Sascha entschuldigte sich direkt für seine Freundin und flüsterte Andreas etwas zu.

Lea ging mit Isabelle seitlich leicht hinter die Bühne, die von einem Vorhang verhüllt war. »Was ist los?« , fragte Isabelle und riss sich los.

»Kommt dir das nicht komisch vor? Der wird uns im Leben nicht bezahlen. Irgendwann heißt es, ihr habt doch jetzt eure Wohnung, das reicht.« Lea verdunkelte ihre Stimme, als sie Andreas nachmachte, dabei besaß er Nichtmal so eine tiefe Stimme.

»Du spinnst.« Isabelle sah zurück zu den anderen. Katja flirtete weiterhin, während Sascha mit Andreas an der Bar saß. Tina stand indes verloren auf der Bühne herum. »Das wird nicht geschehen, und wir haben uns noch gar nicht entschieden. Lass uns die Wohnung doch erst mal besichtigen und wenn es so ist, haben wir immer noch Geld gespart, weil ... keine Miete.«

»Dir ist schon klar, das man Geld benötigt für Lebensmittel und so weiter.«

»Es wird nicht so kommen.« Mit den Worten ging Isabelle zu Tina. Manchmal nervte sie die Kontrolle von Lea. Es kam ihr dann vor, als würde sie mit ihrer Mutter diskutieren.

Apropos Mutter. Sie musste ihre Eigene unbedingt noch anrufen und sagen, dass alles okay bei ihr war. Denn auch wenn sie abgehauen ist, wollte sie nicht, dass ihre Eltern sich Sorgen um sie machten.

Sie hakte sich bei Tina ein und ging mit ihr zum Tresen.

»Ich hab Andi gerade gesagt, das es nicht schlimm wäre, weil Lea und ich eh in einem Schlafzimmer schlafen könnten.« Sascha winkte seine Freundin herbei, die mit Falten auf der Stirn zu ihnen trottete.

»Wenn ihr Zeit habt, dann kommt mit.« Andi lächelte alle an.

Sie folgten ihm hinaus, selbst Katja, die sich nur widerspenstig losreißen konnte und nicht mal wusste, wohin sie gingen.

Den Flur kannten sie schon vom hineintreten in Andis Bar, denn nur über den Eingang ins Wohnhaus kam man in sein Lokal hinein.

Er zeigte auf die Türe hinten durch und erklärte, dass dies sein Büro wäre.

»Wohnen hier auch noch andere?« , fragte Sascha, während sie hintereinander die Stufen in das nächste Stockwerk hinaufgingen.

Andreas schüttelte den Kopf. »Nein, hier ist oben nur die eine Wohnung. Unten ist halt mein Büro, das war früher auch eine kleine Mieterwohnung, und links davon hab ich so etwas wie einen Pausenraum und rechts ist das Lager, all das waren auch Wohnungen. Oben die, waren auch zwei Wohnungen, daher ist die auch so groß.«

»Und warum vermietest du die nicht einfach?«

»Weil früher oder später sich immer Leute über den Krach aus der Bar beschweren, aber ihr seid ja dann ein Teil der Bar, somit wäre maulen über euren eigenen Krach nicht möglich.« Er schloss die Türe auf und präsentierte den fünf jungen Menschen die riesengroße Wohnung.

Nach einigen Minuten stimmte sogar Lea ein und sie unterschrieben den Mietvertrag der vollmöblierten Bude.

Für Isabelle war das alles wie ein Traum, alles lief reibungslos. Mit so viel Glück hatte sie nicht gerechnet. Als sie vor paar Monaten ihre Sachen gepackt hatte und mit Sascha in den Zug gestiegen war, hatte sie schon die Befürchtung auf der Straße zu landen. Sie sah sich bereits selbst wie ein Kind vom Bahnhof Zoo, aber nein ... das Schicksal meinte es wohl gut mit ihr ...

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Where stories live. Discover now