Kapitel 76

143 19 2
                                    

Isabelle hockte auf der Toilette und füllte einen Plastikbecher mit ihrem Urin. Sie tauchte das Stäbchen rein und schloss es wieder, bevor sie die Türe öffnete.

Dag und Vincent saßen beide auf der Couch und sahen sie an.

»Und?« , fragten sie zeitgleich.

»Jetzt müssen wir warten.«

Vincent las sich die Gebrauchsanweisung durch. »Bei zwei Strichen heißt es also, dass der da, dir 'nen Braten in die Röhre geschoben hat?!«

»Ja, aber das wird nicht so sein. Wenn ich schwanger wäre, würde ich das ja wohl merken.«

»Na ja. Es gibt ja auch dieses Phänomen, das Frauen es bis zur Geburt nicht merken.« Er legte die Anweisung auf den Tisch.

»Ich würde es merken. Das Kind würde mit hoher Wahrscheinlichkeit auf diesen hyperaktiven Affen kommen und schon als Embryo Purzelbäume schlagen.«

Dag nickte und zog die Mundwinkel nach unten.

Isabelle setzte sich auf eine kleine Ecke und betrachtete ihren Freund, der sich jetzt zurücklehnte und gähnte. »Wie kannst du so ruhig sein?«

»Wieso nicht?«

»Weil wir das nicht geplant haben. Was ist, wenn wir wirklich ein Kind bekommen?«

Dag gab ein kurzes Lachen von sich. »Ja was soll ich denn machen? Dann ist es halt so. Man kann nicht alles im Leben planen Isy.«

»Wir können nicht mal für uns selbst sorgen. Wir essen fast jeden Tag Nudeln mit Ketchup. Wie sollen wir da noch ein Baby ernähren können?« Sie vergrub ihren Kopf unter ihr Shirt.

»Das krieg'n wir schon gebacken. Mach dir ma' keinen Kopf. Im Notfall such ich mir noch 'nen Job.«

»Und Onkel Vince ist ja auch noch da.« , warf Vincent in den Raum.

»Und wenn wir mit Andi reden, würde er uns auch sofort die Wohnung wieder überlassen. Dann hätten wir die Miete schonmal gespart.«

»Ja Dag. Wird toll für das Kind, jedes Wochenende die Party von unten mitzubekommen.« Ihr Kopf schaute aus dem Shirt halbwegs hervor.

»Ach Isy. Wir bekommen das hin. Du wirst zwar erstmal nicht arbeiten gehen, aber ist doch egal. Du passt dafür auf unser wunderschönes Baby auf.«

ʲᵃ, ᵈᵃᵐᶤᵗ ᵈᵘ ᵛᶤᵉˡˡᵉᶤᶜʰᵗ ᶰᵒᶜʰ ᵃᶰᵈᵉʳᵉ ʳᵉᵍᶤᵒᶰᵉᶰ ᵉᶤᶰᵉˢ ʷᵉᶤᵇˡᶤᶜʰᵉᶰ ᵏöʳᵖᵉʳˢ ᵐᶤᵗ ᵉᶤᶰᵉᵐ ˢᵗᶤᶠᵗ ᵇᵉᵏʳᶤᵗᶻᵉˡᶰ ᵏᵃᶰᶰˢᵗ.

Sie grinste ihn simuliert an.

Vincent stand auf. »Was haltet ihr davon, wenn ich gucken gehe?«

Isabelle wurde sofort an Katja erinnert.

ᵒᵇ ᵛᶤᶰᶜᵉᶰᵗ ˢᶤᶜʰ ᵈᵃᶰᶰ ᵃᵘᶜʰ ˢᵒ ʰᶤˡᶠˢᵇᵉʳᵉᶤᵗ ᵍᵉᶻᵉᶤᵍᵗ ʰäᵗᵗᵉ, ʷᵉᶰᶰ ᵉˢ ᵘᵐ ᶤʰᶰ ᵍᵉᵍᵃᶰᵍᵉᶰ ʷäʳᵉ? ᵏᵃᵗʲᵃ ʷäʳᵉ ᶻᵘᵐᶤᶰᵈᵉˢᵗ ᶰᵒᶜʰ ʰᶤᵉʳ, ʷᵉᶰᶰ ᶤʰʳᵉʳ ᵖᵒˢᶤᵗᶤᵛ ᵃᶰᵍᵉᶻᵉᶤᵍᵗ ʰäᵗᵗᵉ.

Isabelle wurde schlagartig bewusst, wie sehr ihr die Freundschaft zu ihr fehlte. Irgendwie hatte sie immer gedacht, wenn sie mal einen Test machen würde, dann wäre Katja diejenige, die ihr Rat und Tat zur Seite stände.

Genau wie die Sache mit Dag ...

Was im Club geschehen ist, will einfach nicht aus ihrem Kopf verschwinden.

Sie nickte Vincent zu, der darauffolgend ins Badezimmer ging und kurz danach wieder rauskam – mit dem Stäbchen in der Hand - . »Ein Strich.«

Sie merkte den Schwall der Erleichterung, bemerkte aber auch ein kleines bisschen Enttäuschung.

Dags Blick war es jedoch, der sie zum Staunen brachte, denn bei ihm war kein Gefühl der Befreiung zu erkennen, sondern ...  sie konnte es nicht richtig deuten, aber so, als hätte er sich wahrlich darüber gefreut, wenn ein weiterer Strich vorhanden gewesen wäre.

»Da haben wir ja nochmal ... Glück gehabt.« , sagte sie mit einem aufgezwungenen Lächeln.

Er lächelte kurz und stand auf, um sich das Stäbchen ebenso anzusehen. »Hmm.« , gab er von sich und ging dann Richtung Küche.

Vincent setzte sich wieder auf seinen Platz. »Heißt dann wohl, du kannst heut Abend auch Alkohol trinken.«

Isabelle behielt ihr aufgesetztes Lächeln bei und nickte. Sie schaute hinter sich. Dag sah in den Kühlschrank, nahm sich aber nichts raus.

Sie dachte wieder an Katja.

ᵛᶤᵉˡˡᵉᶤᶜʰᵗ ˢᵒˡˡᵗᵉ ᶤᶜʰ ᵉˢ ᵈᵒᶜʰ äʳᶻᵗˡᶤᶜʰ ᵃᵇᶜʰᵉᶜᵏᵉᶰ?

»Ich sollte vielleicht doch lieber einen Arzt aufsuchen. Die Dinger sind nicht immer zuverlässig.«

Dag schloss den Kühlschrank und sah sie an. »Ja. Ich komm mit.«

»Nein. Nein. Bleib du bei Vincent.« Sie stand auf. »Ich frag Hannah.«

»Quatsch. Wenn wir ein Kind bekommen, will ich auch der Erste sein, der es sieht.«

»Wenn ich schwanger sein sollte, würdest du jetzt eh nichts erkennen.«

»Trotzdem geh' ich mit Isy. Auch wenn du nicht schwanger bist, irgendwas stimmt nicht mit dir ... vielleicht sind deine Hormone irgendwie ... keine Ahnung ... aber ich komm mit.«

ᵉˢ ˢᶤᶰᵈ ᶰᶤᶜʰᵗ ᵐᵉᶤᶰᵉ ʰᵒʳᵐᵒᶰᵉ. ᵉˢ ᶤˢᵗ ᵈᵉᶤᶰ ᵛᵉʳʰᵃˡᵗᵉᶰ.

»Okay, wenn du willst.« Sie stand auf und sah zu Vincent. »Lass mich raten, du kommst auch mit?!«

»Ich fahr euch, aber ich werfe keinen Blick in dein Inneres.« , lachte er.

»So hab ich das auch nicht gemeint.«

Während sie sich ihre Schuhe anzog, war Dag schon fertig und wartete.

»Was genau wird der Arzt denn jetzt machen?« , fragte ihr Freund.

»Blut, Urin und Ultraschall.«

»Du kennst dich aber gut aus.« , fiel Vincent auf.

»Ja ich war schonmal ...« Sie stoppte ab und lächelte beide an. »Können wir?«

»Stopp, warte.« , sagte Dag. »Hast du mal gedacht, du bist schwanger?«

»Nein.«

»Was meintest du denn mit, du warst schonmal?«

»Ich war mal mit jemand anderem, okay?!«

»Hannah?«

Sie schüttelte den Kopf, als sie das Vier-Parteien-Haus verließen, wo sie die untere Wohnung links bewohnten.

»Katja? Katja dachte mal, sie wäre schwanger?« , riet Dag weiter drauf los.

»Ey Pierre schießt ohne Munition, daher kann es nicht Katja ...« Vincents Augen wurden groß, als er es realisierte. »Warte mal. Katja hat mal gedacht, ich hätte sie geschwängert?«

»Ey Jungs. Das ist Privatsphäre, okay. Auch wenn sie und ich nicht im Guten auseinandergegangen sind, verrate ich hier nichts.«

»Sie hat nicht mal mit mir geredet darüber? Wie kommt sie darauf, dass es ihre Entscheidung alleine gewesen wäre?«

»Vielleicht wollte sie dich einfach nicht damit belasten Vince. Ihr wart ja nicht einmal in einer Beziehung.«

»Trotzdem.« , sprach er und entriegelte sein Auto. »War sie schwanger? Verrate mir nur das, okay?!«

Isabelle atmete tief ein. »Nein, war sie nicht.«

»Wirklich?«

»Wirklich.«

»Okay.«

Isabelle hatte Schuldgefühle gegenüber ihrer alten Freundin. Diese Sache war etwas, was sie persönlich mit Vincent hätte besprechen müssen ... und nicht sie.

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Where stories live. Discover now