Kapitel 85

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Dag kroch auf Knien bis zum Türrahmen und zog sich hoch. »Isy.«, rief er abermals und taumelte daraufhin durchs Wohnzimmer.

Vincent, der wieder hineingelaufen kam, stützte ihn, doch Dag schubste ihn sofort weg. »Setz dich hin. Wir müssen ins Krankenhaus. Die müssen dich durchchecken.«

»Nein. Ich muss zu Isy.« Er torkelte weiter und hielt sich an der Wand fest, um besser voranzukommen. Seine Beine fühlten sich schlapp an und auch seine Übelkeit wurde stärker, weshalb er sich, ohne es zu wollen, erneut auf den Boden übergab.

Vincent kam wie gehabt hinter ihm und griff unter seine Arme. »Dag, hör zu. Das mit Isabelle renkt sich wieder ein. Aber du musst zu einem Arzt. Ich rufe jetzt den Krankenwagen.«

Dag schlug ihn weg. »Nein.« Er stolperte über seine Hose, die ihm noch immer halb hinunter hing und bei jedem Schritt tiefer rutschte.

»Ey Dag. Sie ist weg ja. Sie ist mit dem Taxi weggefahren. Jetzt müssen wir uns erst um dich kümmern.«

»Nein.« Dag, der nun auf dem Boden lag, drehte sich auf den Rücken und packte sich verzweifelt an den Kopf. »Ich muss ihr alles erklären.«

»Wie willst du ihr das erklären? Wieso hast du sie überhaupt mitgenommen?«

»Hab ich nicht. Ich erinnere mich nicht. Mir ging's scheiße ... ich kam nach Hause ...« Er berührte kurz seine Lippen. »Nicole hat mich geküsst ... und ... ich glaube, ich hab mitgemacht? Ich weiß es nicht ... Ey Vince, was hab ich getan?«

»Ihr bekommt das hin, okay?!« Vincent holte sein Handy raus und rief den Notarzt an, während Dag auf dem Boden kroch, um wieder auf die Beine zu kommen.

Nachdem Vincent den Vorfall und die Adresse genannt hatte, legte er auf. »Du sollst dich hinlegen.« , sagte er und stützte Dag abermals.

»Ich muss Isy erreichen.« Er griff in sein Tasche und holte ebenso sein Handy hervor. An der Wand lehnend rief er Isabelle an, doch sie ging nicht ran.

Dies machte er achtmal hintereinander.

Mit seinem Latein am Ende begann er zu schreien und schmetterte sein Handy mit Wucht gegen die gegenüberliegende Wand. »Ich brauch' sie. Vince. Sie soll wiederkommen.« Dag rutschte an dem Mauerwerk entlang, bis er wiederholt auf dem Boden saß.

»Ich weiß.« Vincent tippte auf seinem Handy herum und versuchte damit selbst, Isabelle zu erreichen.

- Komm zurück. Bitte. Ich bekomm ihn nicht beruhigt. Bitte. Lass uns alle in Ruhe darüber reden. Ruf mich an oder geh wenigstens dran. Er hat sein Handy gegen die Wand geschmettert.

Er starrte drauf und wartete auf eine Antwort.

Dag übergab sich erneut. Vincent sprang auf und holte einen kleinen Putzeimer, den er auf Dags Schoß positionierte.

Danach hockte er sich neben ihn und strich über seinen Kopf. »Ich helfe dir okay?! Wir bekommen das hin. Isabelle wird wieder kommen.«

Sein bester Freund schüttelte den Kopf, während ebendieser fast im Eimer steckte. »Sie wird mir das niemals verzeihen. Ich glaube, ich hab echt mitgemacht, bevor ich ... bevor alles schwarz wurde.«

»Hast du das Zeug absichtlich genommen?«

»Nein. Ich weiß nicht. Ich erinnere mich nicht.«

Vincent wählte Isabelles Nummer. Er wollte, dass sie wenigstens mithörte, was Dag da von sich gab, doch auch dieses Mal nahm sie den Anruf nicht entgegen. Enttäuscht darüber schob er sein Handy zurück in die Hosentasche. »Ich glaube nicht, das du bei Sinnen warst.«

»Andi hat mich angebrüllt.«

»Was?«

Dags Kopf kam aus dem Eimer. »Ich erinnere mich, das er mich angebrüllt hat ... draußen. Ich hab mit Nicole rumgemacht ...« Die Erkenntnis ließ ihn kreidebleich werden. »Ich hab mit ihr rumgemacht.«

»Du warst nicht du selbst, okay. Und wenn ... Isabelle wird die Wahrheit noch erfahren, okay?!«

»Ruf Hannah an. Frag, ob sie bei ihr ist. Ich muss mit ihr reden.«

Vincent holte wiederholt sein Handy raus und wählte ihre Nummer. »Hey Hannah, ist Isabelle auf dem Weg zu dir? ... Sicher? ... Nein, es ist alles okay, aber sag bitte Bescheid, wenn sie bei dir ist ... nein ... ja, hier ist was vorgefallen und ... nein, du musst nicht extra kommen ... ich hab den Krankenwagen ... lass mich doch ausreden, dann ... nein, es geht um Dag ... er hat was genommen und scheiße gebaut ... auf jeden Fall, ruf an, wenn sie sich bei dir meldet, ja? Sag ihr einfach, sie soll sich melden ... ja, mache ich ... mache ich ... ja Hannah. Bis später.« Er massierte seine Schläfen.

Dag lehnte seinen Kopf an seine Schulter. »Mir geht's scheiße.«

»Ich weiß.« Er wusste, dass er damit nicht seine körperliche Verfassung meinte.

An der Türe, die offenstand, erschienen zwei Sanitäter, die in den Flur sahen. »Haben Sie den Rettungswagen gerufen?«

Vincent stand auf. »Ja. Das war ich. Mein Freund hat ... laut Aussage GHS zu sich genommen und übergibt sich andauernd. Er kann sich auch kaum auf den Beinen halten.«

Einer der Sanitäter hockte sich hin und kontrollierte Dags Pupillen. »Hallo, können Sie mir sagen, wie Sie heißen?«

»Dag. Dag-Alexis Kopplin.« , sagte er.

Der Rettungshelfer sah zu Vincent, um sich diese Aussage von ihm bestätigen zu lassen. »Was haben Sie genau genommen?«

Dag schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung.«

»Ihm wurde das unwillentlich untergejubelt.« , erklärte Vincent, als er dem Rettungssanitäter mithalf Dag, auf die Beine zu stellen.

»Du musst sie finden.« , sagte Dag, als er nach draußen zum Wagen gebracht wurde.

Vincent nickte und sah Nicole, die etwas weiter weg an der Bushaltestelle stand. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen und hätte ihr eine reingehauen, für das, was sie verursacht hatte. Nicht nur wegen Dags Gesundheit, die natürlich gerade oberste Priorität hatte, nein, auch in Hinsicht auf Isabelle, denn ihre Abwesenheit, egal wie lange, würde Dag nur mehr und mehr zum Abgrund schubsen, dessen war sich Vincent sicher.

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Where stories live. Discover now