Kapitel 27

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Dag sah aus dem Fenster. Mittlerweile wurde es hell, als sie mit dem alten grünlichen VW Bus von Christian - Andis Bruder – über die Autobahn schepperten.

Andi wollte sogar mitfahren, als er von der Geschichte erfuhr, doch die Jungs und Katja wollten die Sache lieber alleine in die Hand nehmen.

»Wir hätten direkt hinterherfahren müssen.« , wiederholte Dag sich erneut. »Dann müssten wir sie jetzt nicht suchen.«

»Mit welchem Auto? Oder wolltest du die U-Bahn oder den Bus kapern?« , fragte Vincent, der vorne bei Sascha saß, der den Wagen fuhr.

»Wäre mir auch noch egal gewesen.«

Vincent drehte sich um. »Ja, das hätte ich gerne gesehen. Du am Steuer einer U-Bahn.«

»Ey ich würde sogar 'nen Zug entführen, wenn mir das Isy wiederbringt.«

»Ich weiß.« Vincent konzentrierte sich wieder auf die Fahrbahn, obwohl er nur der Beifahrer war.

Er war sich darüber im Klaren, dass Dag alles für Isabelle tun würde. »Warum hat sie eigentlich nie etwas über ihre Familie erzählt?« , fragte er Sascha.

»Was meinst du?«

»Ja, das sie ... reich ist, zum Beispiel.«

»Sie ist nicht wohlhabend. Ihre Familie ist es.«

»Okay. Verstehe. Aber wieso hat sie darüber nie ein Wort verloren?«

»Weil es für sie belanglos ist.« , meinte Sascha mit einem Achselzucken. »Isabelle war noch nie materiell eingestellt.«

Dag dachte an den Kaugummiautomaten-Ring. Wie sehr sie sich darüber gefreut hat. Jetzt verstand er auch, was Isabelle damit meinte, das sie dies in der Funktion wertvoller ansah, als einen aus echtem Gold und Silber.

»Ihr Bruder ist ein Arsch.« , sprach Vincent plötzlich weiter.

»Ja. Ich weiß. Und ich gehe auch davon aus, dass Moritz allein dafür verantwortlich ist.«

»Wieso?«

»Isabelle hat immer alle paar Tage anstandshalber ihre Mutter angerufen, um zu sagen, dass alles okay bei ihr ist. Doch die hat das gar nicht interessiert, geschweige denn, das sie die letzten Male dran gegangen wäre. Isabelle hat sich trotzdem weiterhin gemeldet und eine nette Nachricht auf Band hinterlassen.«

»Aber wieso sollte ihr Bruder dann so großes Interesse daran haben, wo Isabelle ist und was sie macht?«

»Moritz konnte es noch nie abhaben, wenn er wegen Isabelle schlecht dastand. Er nahm alles persönlich.« , sprach Sascha und fuhr die Ausfahrt hinaus. »Isabelle wurde nicht still und heimlich von der Schule geschmissen. Das war ein großes Trara. Konferenz und ... na ja ...«

»Nun sag schon. Ich werde die eh ausfragen, also kannst du uns auch jetzt während der Fahrt unterhalten.« , sprach Katja mit einem darauffolgenden lauten Gähner.

»Die hat einen Lehrer geschlagen.«

»Was?« Dag rutschte ein wenig nach vorne. »Meine Isy?«

»Ja. Und danach hat jeder Lehrer sie gemieden, als wäre sie die Ausgeburt der Hölle, dabei war sie im Recht.«

»Wieso hat sie ihn geschlagen?« , wollte Vincent wissen.

»Der ist mit Absicht immer in die Mädchenumkleide gekommen und hat auch öfters, jetzt speziell Isabelle, unsittlich berührt beim Sport.« , erklärte Sascha. »Und einmal sollten die an die Ringe und Isabelle hing also da oben und er kam von hinten und hielt sie am ... ja am Arsch fest. Er zeigte dann anderen Schülern, wie sie zu schwingen haben, dabei ließ er sie gar nicht los. Er packte also so richtig zu, als würde er ihre Backen massieren und daraufhin begann sie zu zappeln, damit er sie loslässt. Tat er aber nicht. Aufgrund dessen ließ Isabelle los und fiel hin. Der wurde sauer, ich denke, da er nichts mehr zu packen hatte, und brüllte sie voll an ... wie schwach sie wäre, weil sie ein Mädchen ist, und bla bla bla. Als sie dann wütend gehen wollte, hat er mit Schmackes auf ihren Arsch gehauen. Reflexartig und weil er es eh verdient hatte, drehte sie sich um und scheuerte ihm eine.«

»Stopp. Und Isy ist dann von der Schule geflogen? Nicht er?« , Dag rutschte noch näher nach vorne, obwohl er schon direkt hinter Sascha saß.

»Ja. Was er getan hatte, wurde als ... Isabelle-ist-ja-verliebt-in-den-Lehrer-und-bildet-sich-so-etwas-wie-Berührungen-und-so-weiter ein, abgelegt.«

»Tss. Typisch.« , gab Dag von sich.

»Und ihre Eltern?« , fragte Vincent.

»Waren auf der Seite der Schule, genau wie Moritz. Er hat Isabelle als Schlampe betitelt, weil er sich blamiert gefühlt hat.« Sascha fuhr über eine Landstraße. »Dementsprechend kam sie auf meine Schule. Wir verstanden uns direkt prächtig und kurz danach hat sie David kennengelernt. Der ihre Eltern sind fast zusammengebrochen, als sie mit ihm ankam. Er hatte damals so einen roten Irokesen, das war schon zu viel für die beiden.« Sascha lachte laut. »Also klar, sie steht auf so ne Art Typ, sieht man ja an dir.« Er zeigte nach hinten auf Dag. »Aber manchmal glaube ich, sie hat David nur genommen, um ihre Familie zu ärgern.«

»Verständlich.« , meinte Katja. »Ich verstehe immer mehr, wieso sie abgehauen ist.«

»Ja ich glaube, wenn ich nicht mitgegangen wäre, hätte sie sich doch nicht getraut.«

»Es war aber ihre Idee?« , fragte sie nach.

»Ja. Es war auch ihre Idee, das es Berlin sein sollte. Sie sagte, irgendwas zieht sie dahin. Und irgendwie hatte ihr Gespür ja Recht, wenn man bedenkt, wie schnell sie dir verfallen ist Dag.«

»Die hat dich wohl schon vorher gespürt Brudi.« , lachte Vincent.

Dag lehnte sich wieder zurück.

Er liebte Isabelle. Da bestand kein Zweifel. Er hatte ihr das auch sofort, paar Tage nachdem sie zusammen gekommen waren, gesagt. Er wusste von Anfang an, was er für sie empfand. Manche Menschen benötigen halt Zeit, ihre Gefühle einzuordnen, doch Dag war sich bei ihr absolut sicher. Er bedurfte keine Bedenkzeit, um sich seiner Empfindungen Klarheit zu beschaffen.

Und genauso erging es ihr.

Was anfangs noch holprig verlief, aus Angst sowas Gutes könne zerbrechen, lief mittlerweile so ab, als wären sie schon immer ein Paar gewesen.

Als hätte es nie anders sein sollen.

ᴵᶜᴴ ᴮᴵᴺ ᴱᴵᴺ ᴳᴬᴺᶻ ᴺᴼᴿᴹᴬᴸᴱᴿ ᴶᵁᴺᴳᴱ. ˁᴵᴱ ᴱᴵᴺ ᴳᴬᴺᶻ ᴺᴼᴿᴹᴬᴸᴱˁ ᴹäᴰᶜᴴᴱᴺ. ᴬᴮᴱᴿ ᶻᵁˁᴬᴹᴹᴱᴺ ˁᴵᴺᴰ ᵂᴵᴿ ᴱᵀᵂᴬˁ ᴮᴱˁᴼᴺᴰᴱᴿᴱˁ. ᴰᴬˁ, ᵂᴬˁ ᵂᴵᴿ ᴴᴬᴮᴱᴺ, ᶠᴵᴺᴰᴱᴺ ᴹᴬᴺᶜᴴᴱ ᴮᴱᴰᴬᵁᴱᴿᴸᴵᶜᴴᴱᴿᵂᴱᴵˁᴱ ᴺᴵᴱ.

Dag war ihr nicht Böse, dass sie ihm Sachen aus der Vergangenheit verschwiegen hatte, und dennoch hätte er sie gerne gewusst ... um sie besser schützen zu können.

»Dauert es noch lange?« , fragte er.

»Nein. Wir sind gleich da. Davids Wohnung ist in der Nähe.«

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Where stories live. Discover now