Kapitel 93

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Vincent klingelte Sturm bei Dag.

Nach Isabelles Anruf, war dieser wiederholt in ein Loch gefallen. Der Alkohol blieb weg, weil Vincent darauf achtete, dass es keinen Nachschub gab, dafür jedoch kam Dag seit zehn Tagen nicht mehr aus dem Haus heraus.

Es hatte ihn noch tiefer gezogen, da Isabelle sich seitdem nicht mehr gemeldet hatte.

Für Vincent hieß das doppelte Arbeit, denn er musste nicht nur darauf achten, dass sein bester Freund wiederholt an irgend'ner Flasche nuckelte, nein, er musste zeitgleich immer noch versuchen, Katja ausfindig zu machen. Was gar nicht so einfach war, trotz des richtigen Namens, den er mittlerweile von Andi erfahren hatte.

Laute Heavy Metal Musik erklang von drinnen.

Mit seiner Faust klopfte er weiter gegen Dags Türe, bis dieser nach längerem Warten die Eingangstüre öffnete und ihn mit zusammengekniffenen Augen ansah. »Höh.« , gab er von sich.

»Boah du stinkst Alter, wann warst du das letzte Mal unter der Dusche?« , fragte Vincent und ging an ihm vorbei in die dunkle Wohnung, dabei machte er sofort die Musik aus.

»Keine Ahnung.« Dag überholte ihn und schlurfte Richtung Couch.

»Nee nee. Nix da. Ab ins Badezimmer. Los. Beweg deinen Arsch.« Vincent packte ihn an seinem dreckigen Shirt und schob ihn in den angegebenen Raum hinein.

»Wieso?« , meckerte Dag.

»Weil heut der nächste Gig ansteht.«

»Dann sag ab. Ich hab eh keinen Bock darauf.«

»Das interessiert mich nicht. Der Termin steht seit Monaten und bezahlt wurden wir im Voraus. Jetzt schwing deinen Arsch darein.« Vincent schloss die Türe und wartete darauf, dass Dag die Dusche anstellte, erst dann marschierte er ins Schlafzimmer und holte ihm frische Kleidung heraus.

Er legte diese sorgfältig gefaltet auf die Couch und setzte sich hin. Anschließend versuchte er, Hannah zu erreichen. Denn diese war seit dem letzten Anruf von Isabelle auch nicht mehr zugreifbar. Umso mehr erschrak es ihn, als sie dieses Mal ranging.

»Ehm Hannah? Hannah? Ehm, ich bin's Vincent.«

»Ja ich weiß.« , sagte sie flüsternd.

»Wo ... wo bist du?«

»Ich kann gerade nicht so reden.«

»Hannah, du musst mir endlich sagen, wo Isabelle ist.«

»Ich weiß nicht, ob das jetzt gut wäre.« Sie flüsterte mehr. »Ich warte gerade draußen auf sie. Sie musste über Nacht ins Krankenhaus, weil sie ... Weil es ihr nicht gut ging.«

»Was? Was hat sie?«

»Sie darf sich momentan nicht aufregen und muss sich schonen. Sie hatte ... diese Nicole getroffen und irgendwie kam dann alles wieder bei ihr hoch.«

»Aber Dag hat doch nichts getan.«

»Trotzdem ist es schlimm für sie. Das musst du auch verstehen.«

»Hat sie was getan? Ich meine Nicole. Hat sie weiter irgendwelche Lügen erzählt?«

»Nein. Sie hat Isabelle gar nicht gesehen ... aber Vincent, ich bin derselben Meinung wie du. Die zwei müssen wieder zusammenfinden. Auch Katja weiß das, und redet wie blöde auf sie ein.«

Vincent machte eine kurze Pause, bevor er weitersprach. »Du weißt, das ich von Katja weiß?«

»Ja. Du warst sogar einmal richtig.«

»Wie? Was meinst du?«

»Hör zu, ich kann dir nicht genau sagen, wo, aber ich werde dir einen Tipp geben. Du hast alle schon auf deiner Liste abgeklappert und bei einer warst du richtig. Statt nur nach dem Aussehen zu gehen, erkundige dich, ob diese Person noch eine Katja kennt, okay?!«

»Häh? Was meinst du?«

»Ihr habt heute den Auftritt, oder?«

»Ja.«

»Katja kommt mit Isabelle, ich muss jetzt aufhören.«

»Nein. Nein. Nein. Nein. Hannah wo soll ich hin? Wo finde ich sie?«

»Geh zu allen nochmal hin und frag explizit nach Katja. Dann findest du sie.« Fix legte sie auf.

Dag erschien kurz danach mit einem Handtuch um den Hüften in dem verdunkelten Wohnzimmer. »Ich hab echt keinen Bock.« , sagte er und schlurfte in die Küche, um sich einen Saft zu holen, denn außer Säfte und Wasserflaschen gab sein Kühlschrank nicht mehr viel her.

Wie ein Sack Kartoffeln ließ er sich auf die Couch fallen.

»Du musst fit sein. Wenigstens auf der Bühne musst du versuchen 'ne Maske zu tragen.«

»Is' ja jut.«

»Ey Dag, meinst du, mir gefällt das? Nein. Ich würde auch gerne wieder mit dir auf der Bühne stehen und so lachen wie früher.«

Dag setzte sich mehr auf und griff nach einer Packung Taschentücher, wo er sich eins rausholte und vorsichtig eine Lage löste, die er darauffolgend zerriss. Mit einem kleinen Teil davon stand er auf und steuerte seine Kommode an. Er legte dieses darauf und öffnete eine Schublade.

»Was machst du?« , wollte Vincent wissen.

»Fit für dich sein.« , antwortete er und holte ein kleinformatiges Päckchen raus, in dem irgendein weiß-gelbliches Zeug zu sehen war, wovon er dann ein wenig auf das einlagige kleine Stück Taschentuch schüttete. Er zerknüllte es und schluckte dieses anschließend. Leicht verzog er sein Gesicht und griff nach der Saftflasche, aus der er daraufhin trank.

Vincent sprang auf. »Sach ma' bist du bescheuert? Was ist das?« Er rannte hin und nahm ihm das Päckchen weg. »Was ist das Dag?«

»Ich hab's als Bömbchen genommen, also fahr' ma' runter.«

»Wat für Bömbchen? Was hast du geschluckt, du Idiot?«

»Pep.« , antwortete er gelassen.

»Pep? Von wem hast du das?«

»Von Peppi.«

»Pep von Peppi. Auffälliger geht's wohl nicht.« Vincent durchsuchte die Schublade und fand noch andere Päckchen. »Vom Alk auf das?! Wow Junge ich bin stolz auf dich.« Er nahm alle Plastikpäckchen heraus und stiefelte wütend ins Badezimmer.

»Ey was machst du?« Dag folgte ihm.

»Entsorgen.«

»Das hat Geld gekostet.« Er versuchte Vincent alles wegzunehmen, doch dieser war schneller und ließ diese in die Kloschüssel fallen.

»Wat meinste, wat mich dat interessiert?!« , schrie er Dag an. »Komm ma' auf dein Leben klar. Ja ich weiß, momentan ist alles scheiße. Aber du bist nicht der einzige Mensch, bei dem es mal richtig bergab geht. Reiß dich verdammt nochmal am Riemen.«

Wütend riss Dag einige Utensilien, die auf dem Badezimmerschrank standen hinunter und ließ sich dann verzweifelt auf den Boden fallen. »Ich will das doch nicht machen.«

»Ich weiß.« Vincent hockte sich neben seinen besten Freund. »Ich weiß Dag.«

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Where stories live. Discover now