Kapitel 74

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»Was?« , horchte Isabelle laut nach, nachdem Hannah ihr irgendwas gesagt hatte.

Die Akustik in dem Saal war einfach zu lärmend. Was nicht nur an der Musik lag, die Dag und Vincent zum Besten gaben. Die kreischenden Weiber in den ersten Reihen waren sogar teilweise lauter, als die Künstler selbst.

»Willst du auch etwas trinken?« , fragte Hannah ihre Freundin erneut.

Isabelle schüttelte den Kopf.

»Hör auf zu zählen.« , sagte sie schließlich im weiteren Verlauf zu ihr.

»Was?«

»Du zählst die ganze Zeit. Ich seh' das an deinen Lippen.«

Isabelle sah wieder auf die Menge herunter. Sie standen auf der höheren Etage, die einen kleinen balkon-artigen Vorbau hatte, von dem sie auf den Saal hinab, bis hin zur Bühne sehen konnten.

»Hast du ihm mal gesagt, wie du dich fühlst?« Hannah stellte sich näher, um nicht andauernd schreien zu müssen.

»Nein. Natürlich nicht. Er liebt es und ich liebe es, ihm dabei zuzusehen, wenn er etwas macht, was er liebt.«

»Aber die Menge an Mädchen stört dich?!«

Isabelle nickte. »Natürlich.« Sie sah, wie Dag einem Mädchen zurückwinkte, und diese dann wie wild zu kreischen begann.

»Du weißt, das er das nur macht, um ... er macht das nicht, weil er auf sie steht.«

»Ich weiß, trotzdem tut es weh.«

»Aber es hinzunehmen, tut dir auch nicht gut. Du musst mit ihm reden. Was machst du denn, wenn die beiden irgendwann so berühmt werden, dass sie ganze Stadien füllen?«

Isabelle sah Hannah an. »Denkst du, das könnte passieren?«

Sie zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Man weiß ja nie.«

»Woher willst du wissen, das er nicht auf andere Mädchen ... steht ... abfährt?«

»Weil er dich über alles liebt. Ich kann mir den gar nicht mit einer anderen vorstellen.«

»Nur weil du es dir nicht vorstellen kannst, heißt es ja nicht, dass es nie geschehen könnte.«

»Wovon sprichst du?«

Isabelle atmete tief ein. »Ich merke, das es ihm schon Spaß macht, wenn Mädchen nach einem Foto oder so fragen, was im Grunde Schwachsinn ist, weil die beiden sind nicht mal in den Charts.«

»Was erwartest du? So ticken Weiber nun mal. Die sehen zwei ansehnliche Typen auf einer Bühne und zack, die Hormone spielen verrückt.«

»Und was mache ich, wenn es ihm gefällt?«

»Was meinst du?«

Isabelle drehte der Bühne den Rücken zu und spielte an ihren Haaren herum, die sie sich um den Zeigefinger wickelte. »Was ist, wenn er merkt, das ich ihm ... nur noch im Wege stehe?«

»Im Wege?« Hannah runzelte ihre Stirn und stellte sich ebenso mit dem Rücken zum eigentlichen Geschehen.

»Du weißt, wie ich das meine.«

»Nein, weiß ich wirklich nicht.«

»Was ist, wenn ... wenn er freier leben will?«

»Frei, im Bezug auf ... fremdgehen?«

Isabelle nickte halbherzig. »Ich muss immer öfters daran denken. Erst Recht, wenn ich das da wieder sehe. Die ganzen Weiber kommen doch nicht, weil deren Mucke so toll ist.«

»Du denkst, er könnte irgendwann schwach werden?!«

Ihre Schultern hoben sich minimal an.

»Denk doch nicht so über ihn.« Hannah boxte leicht auf Isabelles Oberarm. »Das ist Dag. Dein Dag. Und das wird auch in zehn, zwanzig Jahren noch dein Dag sein.«

»Lass uns runter gehen.« , sagte Isabelle. Sie wollte nicht mehr weiter darüber reden. Zudem wusste sie, dass dies der letzte Song war, den Vincent und Dag zum besten gaben und da dieser jeden Moment endete, wollte sie lieber wieder in seiner Nähe sein.

Die Treppe war ebenso voll mit einigen Leuten, die hinzielten SDP live zu sehen.

Isabelle quetschte sich mit Hannah seitlich vorbei.

Diesen Weg gingen sie auch weiterhin voran. Fortwährend an der Wand entlang.

Der Song hatte schon geendet und sie hörten, wie Vincent immer weitersprach und Späßchen mit irgendwelchen Leuten trieb.

Hannah nahm Isabelles Hand als das Gewirr nach vorne hin mit zunehmendem Male anstieg. Isabelle sah zur Bühne. Dag becherte zwei Bier hintereinander und lachte, als Vincent irgendwas Komisches zum Besten gab.

»Sollen wir hier an der Seite warten?« , fragte Hannah und zog sie noch mehr seitlich.

»Ja wäre besser.« Ihr Blick fiel wieder auf die Bühne. Sie war ein wenig froh, dass es endlich vorbei war.

Dag und Vincent gingen in die Hocke, als ein paar Mädchen ihnen zuriefen. Sie wollten Autogramme. Das erkannte sie daran, als eine den beiden einen Edding überreichte und ihren ausgestreckten Arm hinhielt.

Noch ein Edding, oder Kuli, wurde ihnen gegeben und sie unterschrieben fleißig weiter.

»Wird wohl noch etwas dauern.« , sprach Hannah.

Isabelle nickte nur, denn ihr Blick war jetzt auf eine vollbusige Schwarzhaarige gerichtet, die mit Dag flirtete, als sie an der Reihe war.

Sie musste keine Worte verstehen, das erkannte sie anhand ihrer Mimik und wie sie immer wieder verlegen ihre Haare hinter ihr rechtes Ohr strich.

Er erfasste ihre Hand und Isabelles Herz raste schneller. Dag setzte den Stift an, doch das Mädchen nahm ihren Arm zurück und lachte.

Er lachte ebenfalls.

Isabelle wurde übel.

»Er unterhält sich nur.« , sagte Hannah, die neben ihr stand und ebenso hinsah. »Er kann ja schlecht mit allen reden, aber diese eine dann ignorieren.«

WOHIN?

Das konnte Isabelle von seinen Lippen lesen, als er dieses Mädchen weiterhin anlächelte.

Was sie daraufhin sagte, konnte sie nicht sehen, doch sie bemerkte Dags Blick, der einen Augenblick nach oben ging, wo Isabelle und Hannah bis vor Kurzem noch gestanden hatten. Darauffolgend sah er sich im Saal um, als würde er nach ihr Ausschau halten.

Hannah wollte gerade ihre Hand ausstrecken, um zu winken, doch Isabelle hielt sie davon ab und schüttelte den Kopf.

Dag blickte sich noch einmal um. Als er Isabelle nirgendwo sah, nickte er dem Mädchen zu, die ihm daraufhin ihr Dekolleté entgegenstreckte, auf das er dann seinen Namen schrieb.

Isabelle konnte die Übelkeit nicht mehr unterdrücken. Sie hielt sich die Hand vor dem Mund und rannte, so schnell sie konnte, Richtung Toilette. Hannah überlegte nicht lange und flitzte ihrer Freundin hinterher.

Nicht immer drauf, doch für immer auf dir (Band 1)Where stories live. Discover now