Kapitel 106

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POV Julian

Am nächsten Morgen wurde ich vor dem braunhaarigen wach, der immer noch die ganzen Kabel an seinem Körper hatte. Marco hat zum Glück Jannik mit zu sich genommen und ihn bei sich schlafen lassen, worüber ich ihm echt sehr dankbar war. Ich blickte meinen schlafenden Mann an, lächelte leicht und strich ihm sanft eine Strähne aus seinem Gesicht. Das werde ich womöglich bald nicht mehr machen können, je nachdem ob er mit einer Chemotherapie behandelt wird oder nicht. Der Arzt wollte heute alles mit uns besprechen, Kai auf schmerzen hinweisen und mir erklären, wie ich ihm am besten helfen konnte. Kurz nachdem der braunhaarige also wach wurde und wir gemeinsam frühstückten, kam auch schon der Arzt rein und setzte sich zu uns. Ich strich dem jüngeren über den Handrücken, dessen Hand zitterte und er wieder einige Tränen verlor.

„Also Kai...ich würde bei dir die nächsten Wochen gerne eine Chemotherapie durchführen, um den Tumor schrumpfen zu lassen. Wenn das nicht funktioniert, testen wir die Strahlentherapie. Wenn der Tumor eine passende Größe erreicht hat, will ich dich operieren. Mit deinem Einverständnis natürlich. Die OP ist schneller und setzt dich nicht weiteren chemischen Mitteln oder Strahlungen aus. Hast du fragen? Oder habt ihr Fragen?", der Arzt sah uns beide an, mein Blick wanderte erst wieder zu Kai, der bedrückt auf die Bettdecke sah. „Welche...welche Nebenwirkungen...werde ich haben...?", „also ich will dich nicht anlügen, eine Chemotherapie ist nicht ungefährlich, weil die Mittel nicht zwischen kranken und gesunden Zellen unterscheiden...Nebenwirkungen wären Müdigkeit, Übelkeit, Harnwegsinfekte, Haarausfall oder auch Schäden an Leber, Herz, Niere und Nervengewebe...das sind natürlich nicht alle, doch die häufigsten", „wie kann ich ihm helfen?", fragte nun ich und sah wieder zum Arzt.

„Am wichtigsten ist, miteinander zu reden. Ihr solltet euch bewusst sein, wie der andere fühlt und was er gerne möchte. Auch du als Angehöriger darfst dir eine Auszeit nehmen, wenn es dir nicht mehr gut geht Julian. Besprecht eure Wünsche und Bedürfnisse miteinander, das ist zunächst das wichtigste.", ich nickte verständnisvoll, während ich weiter Kais Hand strich. „Und wenn er dann ein paar mal die Chemotherapie hatte? Was kann ich dann für ihn tun?", „sein Immunsystem schwächt sich, deswegen sollte er sich nicht bei zu großen Menschenmengen aufhalten. Körperliche Arbeit abnehmen und ihm Liebe geben, sprich ihm gut zu. Manche Patienten bekommen Depressionen und ziehen sich zurück, wenn das passiert braucht er deine volle Aufmerksamkeit. Wegen eurem Sohn solltet ihr unbedingt weitere Bezugspersonen haben, die euch unterstützen. Denn dieser könnte dann leicht in Vergessenheit geraten", ich nickte wieder, bis Kai meine Hand los lies, weshalb ich besorgt zu ihm sah.

„Julian...bitte trenn dich einfach von mir. Es ist das beste für dich und Jannik, lass mich das alleine überstehen", „Kai. Auf keinen Fall. Du bist mein Ehemann und Jannik dein Sohn, wir lassen dich nicht alleine. Wir sind eine Familie", der jüngere seufzte schwach aus, doch diskutierte nicht weiter. „Engel...sei vernünftig. Alleine schaffst du das nicht", so stur dieser auch war, nach einigen Minuten des überlegenes nickte er schließlich und sah seine Situation ein...

Freiheit beginnt dort, wo die eigene Angst endet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt