Kapitel 173

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POV Julian

Besorgt und mit Schuldgefühlen bepackt, hielt ich die Hand meines Mannes während den Untersuchungen. Dieser hatte die Augen ein wenig geschlossen, um zur Ruhe zu kommen und wahrscheinlich seine Schmerzen etwas angenehmer zu machen. „Kann ich dir etwas gutes tun, Schatz?", fragte ich ihn besorgt, was er mit einem Nicken beantwortete. „Was kann ich tun?", „könntest du mir ein Wasser bringen...?", „natürlich, ist sofort da", lächelte ich ihn leicht an und ging kurz aus dem Zimmer, um an dem Wasserspender seine gewünschte Flüssigkeit zu holen. Mit dieser kam ich wieder herein und hielt den Becher, so dass der braunhaarige ohne Probleme trinken konnte.

„Also ich kann euch sagen, dass das Baby lebt und auch nicht in Lebensgefahr schwebt", nach diesem Satz konnte man förmlich spüren, wie die Anspannung von Kais und meinen Schultern fiel und wir entspannter aufatmeten. „Allerdings lag es tatsächlich am Stress. Kai du musst bitte unbedingt ruhiger werden. Die Blutung kannst du als Warnung sehen, das nächste mal wird das nicht so gut für das Kind laufen", mit Tränen nickte der jüngere, doch zog sich dann einfach wieder an, ohne ein Wort zu sagen. „Brauchst du Hilfe Engel?", „bei meiner Hose...komme nicht so weit runter...", „natürlich, sofort", damit half ich dem Schwangeren dabei, seine Hose anzuziehen und zog sie ihm auch über den Po. Kai hingegen schlang seine Arme um meine Hüfte und drückte sich an mich. „Hey, was ist denn los?", „kuscheln...", nuschelte dieser schmollend und legte seinen Kopf an meine Brust. „Lass uns nach Hause fahren und dann können wir so viel kuscheln, wie du willst. Was hältst du davon?", „klingt gut...aber schnell", kaum hatte Kai ausgesprochen, nahm er meine Hand und zog mich hinter sich durch die Gänge des Krankenhauses, bis zum Auto.

„Nicht so schnell Schatz. Denk bitte an das kleine", doch mein gegenüber hörte darauf gar nicht, drängelte im Auto weiter und wollte am liebsten schon selbst fahren. „Wir sind gleich zu Hause Engel", „aber jetzt hab ich Hunger", nörgelte mein Ehemann, während er zu weinen begann. Ich wusste, dass das nur an den Stimmungsschankungen lag, doch trotzdem tat der Anblick, von dem weinenden braunhaarigen, weh. „Schatz ich fahre so schnell wie es geht und zu Hause koche ich dir auch gerne etwas, okay?", „dafür müssen wir ja erstmal von dieser scheiß Ampel weg kommen", meckerte der Mann auf dem Beifahrersitz nun und war sichtlich genervt. Deshalb nahm ich vorsichtig seine Hand und strich die. „Beruhig dich Kai. Du hast gehört, was der Arzt gesagt hat", „ja schon...tut mir leid, dass ich nicht genug aufgepasst habe. Das ist alles wegen mir passiert...", „das ist Unsinn. Dich trifft keine Schuld, ich hätte besser auf deine Gefühle Acht geben müssen. Ich hätte bei dir sein müssen", „Jule...mach dich doch bitte auch nicht fertig deswegen...du tust so viel für mich, das ist nicht selbstverständlich", „natürlich ist es das. Du bist mein Mann und trägst mein Kind in dir", seine Hand küssend, fuhr ich nun endlich über die Ampel, nachdem diese auf Grün umgeschaltet hatte.

Zu Hause angekommen, saß ein Mann mit Jannis auf dem Sofa, welche sich unterhielten. „Da seid ihr endlich. Das ist der Therapeut mit dem du telefoniert hattest", „oh entschuldigen Sie, es kam spontan etwas dazwischen, weshalb ich unser Treffen vergessen habe", „alles gut Herr Havertz. Und das ist Ihr Mann, neben Ihnen?", „ja genau. Das ist Kai", mein Blick wanderte zu dem braunhaarigen, der den Fremden total überfordert anstarrte. „Ich bin Dr. Thomas Glenn, Thomas reicht aber aus", der Therapeut reichte meinem Ehemann die Hand, welche dieser ebenfalls nur anstarrte. „Ich merke schon. Du musst ziemlich überrascht sein, dass ich hier bin. Nimm dir einfach kurz Zeit, ich warte hier", lächelte Doktor Glenn sein Gegenüber sanft an, bis der jüngere nach oben ging.

Mit einer kurzen Entschuldigung, ging ich Kai hinterher und verschwand mit ihm im Schlafzimmer. „Einen Therapeuten Jule...?", „es ist besser für dich Schatz. Er kann dir doch helfen", „mag sein, aber wieso redest du nicht mit mir? Du hast diesen Termin einfach hinter meinem Rücken ausgemacht!", „weil du doch eh nein gesagt hättest", „ganz genau. Ich will mich doch keinem Fremden anvertrauen!", meckerte der 23 jährige weiter, verlor schon Tränen vor Wut. „Versuch es doch bitte Schatz. Wenn du dich unwohl fühlst, können wir ihn weg schicken. Und wenn du dich nach 3 Sitzungen noch nicht besser fühlst, können wir das ganze auch abblasen. Aber bitte Versuch es Engel", „das wird doch eh nichts bringen", „das weißt du nicht Kai. Wenn du es schon nicht für dich tust...tust du es dann zumindest für Jannik und mich?", „das ist Erpressung Jule", „nein Schatz. Ich versuche dir nur zu helfen", „wenn du mich in Ruhe lässt, wenn das nicht funktioniert, dann meinetwegen", „versprochen Schatz. Und danke, dass du es versuchst", lächelte ich den Mann meiner Träume an und ging mit ihm wieder zu dem Therapeuten.

Gemeinsam setzten wir uns zu diesem an den Esstisch, da Kai mich dabei haben wollte. „Also Kai...erzähl doch mal ein wenig über dich", gesagt, getan, darauf bekam Dr. Glenn einen genervten Blick, doch kurz darauf auch ein paar Informationen. „Wann hat deine Angst angefangen?", „ist doch egal. Was spielt das überhaupt für eine Rolle?", „Schatz. Beantworte ihm doch bitte die Frage. Er will dir helfen, genau so wie ich", Kai schnaubte wütend, rieb sich durch das Gesicht und war schon wieder kurz davor zu weinen.

„Ich würde sagen, wir legen eine kurze Pause ein. Das wird dir gerade etwas zu viel Kai", der braunhaarige sprang schon fast auf und eilte in den Garten, um so schnell wie möglich von dem Doktor weg zu kommen. „Mir tut das sehr leid Dr. Glenn, ich hätte gedacht, dass er zumindest ein wenig redet...", „das braucht alles seine Zeit. Er ist sehr verschlossen...dabei ist zu beachten, dass er deswegen nicht zum reden gezwungen werden darf. Er muss das von selbst machen", verstehend nickte ich und beobachtete meinen Mann durch die Terrassentür, der ein wenig einen Fußball hin und her kickte, um sich zu beruhigen...

Freiheit beginnt dort, wo die eigene Angst endet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt