Kapitel 157

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POV Julian

Ich regelte alles. Ich ging zur Polizei, stellte eine Vermisstenanzeige und eine Anzeige gegen Sölzer. Außerdem ließ ich Kais Konten und all das sperren, falls sein Entführer auf irgendwas davon zugreifen wollte. Und ich kümmerte mich um Jannik, gab ihm noch mehr liebe als zuvor, da ich merkte, wie dolle dieser seinen Papi vermisste. Doch nicht nur er litt. Ich weinte mich jeden Tag in den Schlaf, aß kaum noch was und betete bei jeder Gelegenheit um die Rückkehr meines Ehemannes. Jascha war mittlerweile auch hier und gemeinsam mit Jannis nahm er mir all die Arbeit im Haushalt ab. Außerdem passten beide auf meinen Sohn auf, wenn ich das gerade nicht konnte. Ins Training ging ich dennoch, versuchte mich ein wenig von der jetzigen Situation abzulenken, doch ich erreichte einfach nicht meine vorherige Form.

Zum Teil lag das sicherlich auch an meinen Teamkameraden, die nicht aufhören konnten, von dem Thema mit Kai zu reden. „Könnt ihr aufhören?!", rief ich einfach in die Umkleidekabine, wo das tuscheln sofort verstummte und alle Blicke auf mich gerichtet waren. „Mein Mann wurde entführt. Und ich komme ins Training, um das mal beiseite zu schieben. Doch ihr kennt ja nur noch dieses Gesprächsthema!", rief ich wütend, nahm mir meine Tasche und eilte aus dem Raum. Mittlerweile waren 3 Wochen vergangen. 3 Wochen in denen ich einfach nicht wusste, wie es dem braunhaarigen ging. Ob er noch in der Stadt oder im Land war. Ob er überhaupt noch lebte. Weinend ließ ich mich in das Auto fallen, schlug wütend gegen das Lenkrad und stützte meinen Kopf darauf ab. „Kai komm doch bitte einfach zurück...", wimmerte ich, war komplett am Ende mit meinen Kräften und zitterte. Ich vermisste diesen Mann. Ich vermisste seine Nähe, seine Liebe und sogar seine Gefühlsausbrüche. Ich vermisste es, einfach mit ihm herum zu albern und seinem Lachen zuzuhören.

Als ich einen Anruf bekam, atmete ich tief durch, bevor ich diesen annahm. „Julian Havertz...?", „Guten Tag Herr Havertz, hier ist die Polizei", ich schluckte, mein Puls stieg an, doch tief in mir drinnen war auch ein kleines bisschen Hoffnung. „Was gibt es denn...?", „wir haben einen Hinweis", „einen Hinweis??", entfuhr es mir, setzte mich sofort auf und wartete gespannt auf weitere Informationen. „Einen Hinweis auf den Aufenthaltsort von Sölzer und wahrscheinlich auch Kai", „kann ich vielleicht vorbei kommen?", „sicher. Wir warten auf Sie", immer noch schockiert starrte ich mein Handy an, bis mir ein Freudenschrei entwich.

Voller Euphorie informierte ich meine Brüder, bevor ich zur Polizeiwache fuhr und dort auf die zuständigen Polizisten wartete. Konnte es wirklich wahr sein? Hatte die Polizei den jüngeren vielleicht wirklich gefunden? Ich knetete meine Hände, hatte eine schnelle Atmung und strich mir immer wieder durch die Haare. „Julian verdammt. Beruhige dich. Kai hilft das nicht weiter, wenn du hier umkippst", redete ich mir ein, sah nebenbei auf den Sperrbildschirm auf meinem Handy. Es zeigte ein Bild des Vermissten und mir. Wir lagen uns gegenseitig im Arm und küssten uns. Natürlich hatte Jannis das Bild geschossen, es war der Tag, an dem ich meinem Mann den Antrag gemacht hatte...

Freiheit beginnt dort, wo die eigene Angst endet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt