Kapitel 191

587 36 4
                                    

POV Julian

Ich verbrachte den restlichen Tag bei meinem Ehemann und versuchte ihn so gut es ging zu entlasten. Als die Besuchszeiten vorbei waren, verabschiedete ich mich gezwungenermaßen von meinem gegenüber, welcher deshalb sogar weinte. Nur mäßig konnte ich ihn beruhigen, was mich die ganze Autofahrt nach Hause über beschäftigte. Er hat gefleht, dass ich bleibe und wollte mich nicht los lassen. Erst als ich ihm versprochen habe, dass ich mich nochmal melden und wir beide nochmal sprechen würden, hatte er mich widerwillig gehen lassen. Bevor ich ganz verschwand, hatte ich dem braunhaarigen vorgeschlagen, dass er versuchen sollte, schlafen zu gehen. Zum einen, dass für ihn die Zeit schneller verging und zum anderen, dass er sich wirklich ausruhte.

Als ich dann das Haus auf Vordermann brachte und Jannik ins Bett bringen wollte, rief Kai an, welchen Anruf ich natürlich entgegen nahm. Zum Vorschein kam ein verweintes Gesicht, dessen Anblick mir im Herzen weh tat. „Was hast du Engel?", „ich kann nicht schlafen...", „oh Schatz...hilft es dir, wenn du deinen Sohn nochmal siehst? Ich wollte ihn gerade ins Bett bringen", lächelte ich meinen Gesprächspartner warm an, der darauf hastig nickte. Also hielt ich mein Handy so, dass der kleine und ich zu sehen waren. „Papiiiii", rief der kleine braunhaarige voller Freude und hüpfte etwas auf meinen Arm rum. „Hallo mein Spatz...", wurde er auch von seinem Papi begrüßt. „Nacht Papi", winkte der blauäugige, als ich ihn ins Bett gelegt hatte. Wie jede Nacht, las ich unserem Sohn eine Gute - Nacht - Geschichte vor, von der ich auch hoffte, dass diese meinen Mann zum einschlafen bewegen konnte. Dem war allerdings nicht so, wie ich sah, als ich das Zimmer von Jannik verließ.

„Immer noch nicht...", „okay mein Engel...mach etwas die Augen zu, ich bin hier und wenn du einschläfst ist das auch überhaupt nicht schlimm", „kannst du nicht wieder her kommen...?", „die Besuchszeiten Schatz...", ein schluchzen war zu hören und ich konnte beobachten, wie der jüngere sich in das Seitenschläferkissen drückte. Ihn so fertig zu sehen, machte mich ebenfalls total traurig. „Hör zu Schatz. Wenn du in den nächsten 15 Minuten immer noch nicht einschlafen konntest, komme ich, ja? Ich werde das schon irgendwie regeln mit denen vom Krankenhaus", lächelte ich mein gegenüber an, dessen Augen vor Freude funkelten und der nochmals hastig nickte.

„Du musst es aber wirklich versuchen Kai. Mach einfach nochmal deine Augen zu, ja?", ein letztes Mal nickte er, bevor er seine Augen wie befohlen schloss. Ich hingegen machte mich kurz Bettfertig, bevor ich mich ins Bett legte und meinen Mann Geschichten von früher erzählte. Keine 5 Minuten später lauschte ich der gleichmäßigen Atmung und dem leisen Brummen des schwangeren. „Gute Nacht mein Engel", flüsterte ich lächelnd, strich einmal verliebt über den Bildschirm und genoss den Anblick des schlafenden. Nur das piepen der Geräte war noch zu hören, die Kai scheinbar nun nicht mehr störten. Allerdings war er ein wenig unruhig, womöglich weil er meine Wärme nicht spürte und nicht in seiner gewohnten Umgebung war. „Morgen bin ich ganz früh bei dir", flüsterte ich noch, bevor auch ich einfach am Telefon einschlief...

POV Kai

Von sanften Streicheleinheiten an meiner Schläfe und sanfte Küsse auf meine Stirn wurde ich geweckt. Zuerst grummelte ich, bewegte meine Gliedmaßen und lies ein wohliges seufzen über meine Lippen kommen. „Guten Morgen Engel", vernahm ich die wundervolle Stimme meines Ehemannes, worauf ich lächelte. „Zeit dass du wach wirst. Du darfst nämlich heim", nach diesen Worten schlug ich meine Augen fast schlagartig auf und sah meinem Lieblingsblondschopf direkt ins Gesicht. „Wie spät ist es denn überhaupt?", fragte ich verschlafen, rieb mir meine Augen und gähnte ausgiebig. „Halb 10 du Schlafmütze", lachte mein gegenüber, welcher schon mit meiner gepackten Tasche herum wedelte. „Ich hätte die doch auch packen können, Jule", „Quatsch du hast geschlafen und so konnte ich dir ein bisschen Arbeit abnehmen", „mir geht es doch gut", „wer musste hier her gebracht werden?", „ist ja okay Jule...ich wollte das doch auch nicht...", „hey Schatz. Hauptsache euch beide geht es gut, wir achten jetzt einfach mehr auf so Kleinigkeiten", zustimmend nickte ich, ehe ich aufstand und mich mit Hilfe von Julian umzog.

Zu Hause angekommen, lief mir direkt Jannik in die Arme, welchen ich vorsichtig hoch hob. „Papiiii", „Ja mein Spatz, ich bin doch wieder da", lächelte ich den kleinen an, während ich mit ihm zum Sofa ging. Dort angekommen setzte ich mich mit ihm drauf und strich mir etwas über den Bauch. Der war schon eine ganz schön große Kugel geworden, allerdings versteckte sich das ungeborene, so dass der Arzt das Geschlecht noch nicht erkennen konnte. Der ältere zog mir meine Schuhe und Jacke aus, nachdem er das selbe bei sich getan hatte und setzte sich dann auf die andere Seite unseres Sohnes. Dieser hingegen strich ebenfalls meinen Bauch, war ganz fasziniert davon, dass er Tritte spürte und quiekte jedesmal auf, wenn er einen davon bemerkte.

„Papa?", „Ja kleiner?", antwortete der gebürtige Bremer. „Bekommst du auch so ein Bauch, wie Papi?", wir beide schmunzelten über diese Frage und ich strich meinem Sohn behutsam durch die Haare. „Nein das bekomme ich nicht. Nur der Papi hat so einen Bauch", „da drinnen bewegt sich was", „das sind Tritte kleiner. Von deinem Geschwisterchen", „will es da raus?", „jetzt noch nicht, aber bald", lächelte mein Mann den braunhaarigen an, was mich ebenfalls zum Lächeln brachte. Der Umgang von ihm mit dem kleinen war jedesmal so unbeschreiblich süß. Er gibt ihm so viel Liebe und Zuneigung, was wirklich toll war. Er war wirklich ein sehr guter Vater, weshalb ich mich auf unser zweites gemeinsames Kind nur um so mehr freute.

Die Schattenseiten diesmal waren allerdings die ganzen Schmerzen und Wehwehchen. Ich musste mir immer noch Insulinspritzen verabreichen, war sehr schwach und müde, hatte Wassereinlagerungen in den Beinen und konnte nicht wirklich lange stehen. Wenn ich letzteres doch tat, suchten mich Schwindelanfälle heim und verlor dadurch die Balance. Doch durch Jule war alles viel erträglicher. Meist spritzte er mir das Insulin, massierte meine Beine und lies mich die Nacht durchschlafen, wenn ich wieder extrem fertig war. Natürlich ging das nicht immer, doch der blonde bemühte sich wirklich mit allem was er konnte, dass es dem Baby und mir gut ging...

Freiheit beginnt dort, wo die eigene Angst endet.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt