Mein Geheimnis part 3

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Das laute knattern eines alten VW Käfers riss mich aus meinen Gedanken. Mit etwa 30 km/h raste er an mir vorbei und verschwand auf der weiten Straße. Ich war stehen geblieben und starrte an die Stelle, an der der Wagen entschwunden war. Vorlauter Träumen hatte ich das Auto gar nicht mitbekommen. 

Langsam löste ich mich wieder aus der Starre und setzte meinen Weg nach Hause fort. Die Woche war nun schon wieder vorbei und ich weiß nicht wie, doch irgendwie hatte ich es geschafft sie unbeschadet zu überstehen, zumindest bis zu diesem Moment.
 
Als ich schließlich vor meiner Haustür stand hatte ich noch keine Ahnung, was mich darin erwarten sollte. Etwas müde von dem doch langen Schultag schloss ich die Tür auf. Ich betrat das Haus und auch wenn zunächst nichts ungewöhnlich schien, so konnte ich doch spüren das etwas in der Luft lag. Meine Eltern müssten eigentlich beide bereits Zuhause sein, also rief ich:

„Mama, Papa, ich bin wieder daheim." Keiner Antwortete. Sind sie doch noch nicht Zuhause?

Ich zog meine Schuhe aus und beschloss erstmal nach oben zu gehen. Schnell eilte ich die Treppen hinauf und in mein Zimmer. Als ich es dann betrat stieg in mir wieder das Gefühl auf, dass etwas nicht stimmte. Ich sah mich in meinem Zimmer um, doch es schien nicht ungewöhnlich zu sein. Meine Schultasche ließ ich zu Boden fallen und ich mich aufs Bett. Für einen Moment schloss ich kurz die Augen. Irgendetwas stimmt hier doch nicht. 
Dieses komische Gefühl ließ mir keine Ruhe, also beschloss ich wieder nach unten zu gehen. Langsam ging ich die Stufen hinunter und hörte wie die Tür lauthals ins Schloss fiel. Schneller begann ich die Stufen hinunter zu laufen. Als ich schließlich unten ankam, sah ich, dass die Schuhe meiner Mutter neben der Tür standen. Sie ist also jetzt erst nach Hause gekommen.


Ich ging um die Ecke in das Wohnzimmer, wo meine Mutter nun stand und die Zeitungen und Briefe auf den Couchtisch schmiss. 


„Hallo Mama!" Obwohl meine Stimme trotz der starken Müdigkeit fröhlich klang, bekam ich von meiner Mutter nicht die erwartete Reaktion.


„Hallo, mein Schatz." Mehr sagte sie nicht und ging einfach weiter in das Esszimmer bzw. die Küche. Ich folgte ihr. Was ist denn nur mit ihr los?
„Ähm, Mama...ist irgendetwas." Sie antwortete nicht, sondern schmiss nur einen Zettel und noch etwas auf den Esstisch und ging weiter in die Küche. Ich blieb vor dem Esstisch stehen und griff nach dem, was meiner Mutter auf den Tisch geworfen hatte. Mein Herz begann schneller und hektisch zu schlagen. In meiner Hand befand sich ein Zettel und darin mein Schwangerschaftstest. Ich hatte ihm nach dem ich das Ergebnis erfahren hatte samt Verpackung eingepackt, damit ihn niemand finden konnte. Zuhause konnte ich ihn dann nicht einfach wegwerfen, da ihn Anita oder meine Mutter vielleicht gefunden hätte, also hatte ich ihn ganz tief in einer meiner Schubladen versteckt. Wie hatte sie ihn nur gefunden.
 
„M...Mama..., woher hast du den?" Meine Stimme zitterte, doch ich versuchte dennoch klar und möglichst sicher zu sprechen. Schnell drehte sich meine Mutter um und sah mich nun mit einer Mischung aus Trauer und Wut an. Sie war enttäuscht.

„Ich habe den heute in deinem Zimmer gefunden." Sie hat mein Zimmer durchsucht.

„Wieso hasst du mein Zimmer durchsucht!" Meine Stimme zitterte immer noch, doch sie klang nun lauter und direkter. Ich fass es nicht, dass sie einfach so mein Zimmer durchsucht hat!!!!

Der Blick meiner Mutter wurde plötzlich für einen kurzen Augenblick erstaunt, doch dann schnell wieder ernst. Sie kam näher auf mich zu.
„
Durchsucht! Das war nicht nötig, er lag in deiner Tasche, von dem Wettbewerb. Ich wollte sie wegräumen, als ich nach Hause kam und der ist dabei raus gefallen." Sie entriss den Test aus meiner Hand und hielt ihn mir vor die Augen.

„Willst du das vielleicht erklähren Miriam. War dir deshalb in letzter Zeit schlecht gewesen. Hasst du dich einfach so schwängern lassen. Hab ich dich den nicht besser erzogen!" Meine Mutter war nun auf hundertachtzig.

„Mama,...ich" Bevor ich mich allerdings rechtfertigen konnte ging die Tür auf. Ohhh nein, mein Vater ist wahrscheinlich zurück.

Auch meiner Mutter schien das nicht entgangen zu sein, denn sie stürmte aus dem Raum. Ich hingegen blieb wie versteinert stehen. Wie konnte sie ihn nur gefunden haben. Ich habe ihn sicher in der Schublade versteckt und die Tasche habe ich schon letztes Wochenende ausgeräumt und wieder auf den Kasten geräumt.
 
Ich hörte die wütenden kleinen Schritte meiner Mutter und die sichtlich größeren, aber angespannten Schritte meines Vaters. Nicht einen Moment dachte ich daran mich umzudrehen, auch wenn ich wusste, dass sie schon längst da waren. Die angespannte Stimmung, war förmlich mit den Händen zu greifen.

„Miriam, willst du das erklären?" Die Stimme meines Vaters klang um einiges ruhiger, als die meiner Mutter, dennoch hörte ich, dass er stark versuchte in dieser Situation nun die Ruhe zu bewahren.

„Was soll ich erklären? Ihr hört mir doch eh nicht zu." Ich flüsterte beinahe nur noch. Eigentlich hatte ich keine Lust mit ihnen darüber zu diskutieren. Meine Mutter meinte allerdings sie wisse es besser.

„Jetzt komm bloß nicht damit Miriam. Mach uns nicht zu den Bösen in dieser Geschichte. Wir haben hier nichts falschgemacht. Du bist hier diejenige die einfach Schwanger geworden ist und uns zu allem übel nichts davon erzählen wollte."

„So war das gar nicht..." 

„Ach nein! Wie war es dann?" Ich konnte trotz des Geschreis meiner Mutter hören, wie mein Vater ein paar Schritte machte. Wahrscheinlich versucht er sie zu beruhigen. 
Es schien zu funktionieren, denn sie wurde für kurze Zeit still.
 
„Was machen wir denn jetzt nur?! Schatz du kannst dir mit dem die ganze Zukunft ruinieren." Ich reagierte darauf nicht, da ich eh das Gefühl hatte, dass es nicht wirklich was bringen würde. 

„Beruhig dich erstmal, mein Schatz. Wir finden schon eine Lösung, doch es wird auch nicht besser, wenn du sie anschreist." Mein Vater war schon immer etwas ruhige in solchen Situationen gewesen, als meine Mutter. Allerdings bin ich mir bis heute nicht sicher, ob er nicht hinter dieser Fassade nur seine wahren Gefühle versteckt. Ich hatte immer das Gefühl, dass er sehr fiel von der Last versucht auf sich zu laden, damit andere es leichter haben. Wie stark er darunter leidet weis ich nicht. In diesem Sinne war er seinem Vater sehr endlich.

„Naja es wir wohl am besten sein, wenn sie das Kind abtreibt. Am besten so schnell wie möglich damit du keine zu starke Bindung zu dem Kind entwickelst, sonst wird es nur schwerer." Bei diesen Worten begann sich mein Körper zu verkrampfen. Nein, das konnten sie nicht machen!

„Ihr könnt es mir nicht wegnehmen!" Schnell hatte ich mich herum gedreht und meinen Eltern diese Worte verzweifelt ins Gesicht geschrieen. Meine Mutter war darauf hin etwas zurück geschreckt, auch mein Vater hatte nicht schlecht erstaunt geschaut.
 
„Ihr könnt es mir nicht einfach nehmen. Es ist mein Kind und ich entscheide, ob ich es abtreibe oder nicht und...Ich behalte es!" In diesem Moment brachen die Worte einfach so aus mir heraus und ich dachte nicht so richtig darüber nach, was ich sagte. Es kam mir einfach richtig vor dieses Baby zu behalten und ich bereue es auch heute nicht, allerdings war das nicht die ganze Zeit so.

„Schatz, was redest du denn da? Ist dir eigentlich klar, was du dir damit in der Zukunft alles verbaust. Ein Kind bedeutet viel Zeit und Arbeit und du bist doch noch so jung." 

„Dennoch könnt ihr von mir doch nicht so einfach verlangen einfach dieses Kind umzubringen." Der Gesichtsausdruck meiner Mutter sah nun aus, als hätte ich ihr einfach mal ein Messer durch das Herz gestochen. Wahrscheinlich erinnert sie sich an den Verlust ihres eigenes Kindes.

„Halt dich mal zurück Miriam. Du weist, dass deine Mutter und ich nie so etwas von dir verlangen würden." Auch wenn mein Vater versuchte mich zu beruhigen, diesmal klappte es nicht.

„Ach nein! Und was ist das dann! Wenn ich das Kind abtreibe, dann ist es genau so tot!" Ich schrie die Worte meinen Eltern entgegen und realisierte erst zu spät, dass meine Mutter nun schon in Tränen aufgelöst vor mir stand. Ohh Gott, dass wollte ich nicht!

„Miriam! Jetzt reichts aber!" Noch nie hatte ich meinen Vater so wütend gesehen. Er war dabei gewesen, genau wie ich, deshalb weiß er auch wie schwer das alles für meine Mutter ist. Wieso kann er also nicht mich verstehen?

In diesem Moment hat es mir dann gereicht. Alles war einfach zu viel. Die Schwangerschaft. Der Streit mit meinen Eltern. Meine Mutter, die weinte. Meine Augen begannen zu brennen. Ich kniff sie zusammen und rannte aus dem Raum, doch anstatt auf mein Zimmer zu laufen und mich darin einzusperren, wie ich es sonst immer getan hätte, rannte ich nun direkt aus dem Haus. Ich wollte einfach nicht mehr dadrin sein. 
Während dem Streit mit meinen Eltern hatte es draußen angefangen zu regnen. In meiner Eile hatte ich nichts mitgenommen, nur meine Schuhe hatte ich mir gegriffen, und war dann Barfuß aus der Wohnung gerannt. Wieso hab ich mir eigentlich die Socken ausgezogen?

Ich rannte einfach immer weiter, in Richtung der Wiese, auf der ich mich gerne einmal hinlegte, wenn mir die Decke auf den Kopf fiel. Komplett außer Atem kam ich dort an. Mein Körper sackte schlaff auf die Knie und dicke Tränen begann über meine Wange zulaufen. 
Ich stützte mich mit meinen Händen vorne ins Gras und krallte meine Finger in den feuchten Boden. Wieso verstehen sie mich den nicht!

Ich begann laut zu schluchzen. Hier wird mich eh keiner hören.

Die Tränen traten schmerzvoll aus meine Augen und brannten eine heiße Spur in meine Wangen. Jetzt bin ich wieder allein.

„Du hast doch versprochen, dass mir niemand mehr weh tuen würde. An jenem letzten Abend hast du es mir versprochen." Ich schrie die Worte hinaus in den Regen.

„Wieso hast du es nicht gehalten! Ich hab dir vertraut und du hast mich wie alle anderen im Stich gelassen." Weiter begann ich zu weinen. Es tat alles so weh.

„Ich habe dir vertraut. Jetzt bin ich wieder allein." Bei diesen Worten versagte nun meine Stimme.

Pregnant Where stories live. Discover now