gebrochene Frau

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Es brauchte eine Weile, bis sich meine Mama wieder beruhigt hatte. Warum ist sie heute so emotional. Vielleicht ist sie ja schwanger und nicht ich.
 
Irgendwann schaffte ich es schließlich dann meine Mutter in das Haus zu bugsieren. Als ich die Tür dann schließlich schloss kam auch schon mein Vater angerannt. Als er mich sah riss er die Augen auf und blieb stehen.

„Hi Dad."

Der restliche Abend verlief ziemlich, sagen wir einmal merkwürdig. Mein Vater und ich schwiegen uns den restlichen Abend nur an und meine Mutter war ziemlich schnell eingenickt. Als ich ein paar Stunden zuvor abgeböscht war hatte mein Vater ihr ein Beruhigungsmittel gegeben. Was er allerdings nicht gewusst hatte war, dass meine Mutter ein paar Gläser Wein bereits intus hatte und deshalb war sie auch zuvor so komisch drauf gewesen.
Meine Mutter war eigentlich keine große Trinkerin, da sie nie besonders viel vertragen hatte. 
Lange hielt ich es nicht mit meinem kalten Vater aus, deshalb verschwand ich ziemlich bald wieder in meinem Zimmer. Als die Tür dann hinter mir ins Schloss fiel begann ich mich etwas zu entspannen. Das Sackerl mit meinen nassen Sachen schmiss ich in eine Ecke des Raumes und ließ mich auf mein Bett fallen. Das war ja ganz toll gelaufen.

Den restlichen Tag rührte ich mich nicht mehr aus dem Bett und auch keiner meiner Elternteile machte anstalten sich zu mir hinauf zu bewegen. Irgendwann musste ich dann schließlich eingeschlafen sein.

Das hatten sie also vor. Ziemlich einfallslos. So leicht war ihr Wille nicht zu brechen. Schon komisch, wenn sie jetzt schon begannen den Instinkt einer werdenden Mutter zu unterschätzen, dann würde die nächste Zeit ja noch sehr interessant werden. Dennoch sollte ich vorsichtig sein. Sie waren nicht zu unterschätzen. 

Hm... Wie lächerlich es doch war, dennoch musste ich zugeben, dass es mir gefiel. Zu gerne sah ich ihr zu. Es faszinierte mich immer wieder, wie ein Mensch, der von seiner Umgebung so zerstört wurde, dennoch so stark sein. Ich liebte es sie leiden zu sehen. Jeden Kratzer und jede Delle, die ihre diese Welt verpasste sorgte nur dafür, dass sich ihre Seele zu etwas weitaus schöneren entwickelte. Etwas von dem selbst diese Heiligen nichts ahnten und sie würde mir gehören.

Wahhh... ich kann es schon nicht mehr erwarten, doch ich muss mich in Geduld üben. Einwenig Zeit braucht sie noch, um zu reifen und dann zu erblühen. Ach wie sehr ich diesen Tag schon herbei sehne.

„Mein Herr?" Ah, eine bekannte Stimme.

„Hallo Zalin." Ich drehte mich herum und sah sie an. Was für ein süßes zartes Gesicht sie doch hat. 

„Es wird dann langsam Zeit." Ihr Blick war wie immer so schrecklich streng und regelkonform. 
Langsam erhob ich mich von meinem Beobachtungspunkt und sprang hinunter. Wie in Zeitlupe landete ich auf den schwarzen Marmorboden. Unter meinen Finger fühlte er sich kalt an.

„Nun gut. Bringen sie mir nur etwas neues zu Anziehen, so kann ich immerhin nicht andauernd herumlaufen. Keiner würde mich mehr ernst nehmen." Zalin nickte und ging schon mal voran. Ich blieb noch etwas stehen. Langsam sollte ich mir eine Verteidigungsstrategie überlegen. Immerhin würden sie es sicher nicht bei diesem einen Versuch belassen. Ich kann nicht verantworten, dass sie meinen Plan stören. Zu viel Zeit ist bereits da hinein geflossen.

Am nächsten Morgen wachte ich mit schweren Augenliedern auf. Mein ganzer Körper fühlte sich bleiern an und schien sich eindeutig gegen das aufstehen zu währen, gleichzeitig ließ er es aber auch nicht zu, dass ich weiter schlief. Ich drehte mich im Bett auf den Rücken und strich mir über die müden Lieder. Im Augenwinkel erkannte ich die Uhr. Erst halb acht.

Genervt stöhnte ich und versuchte mich aus dem Bett zu walzen. Es lag eine komische Stimmung in der Luft an jenem Morgen und diese sollte auch noch einige Zeit andauern. Noch schlaftrunken streckte ich meine müde Glieder und schaffte es auch nach einer halben Ewigkeit komplett aufrecht im Zimmer zu stehen. Müde und mit schweren Schritten bewegte ich mich in mein Badezimmer. Ich stellte mich vor das Waschbecken und griff nach der Zahnbürste. Ich hab Gestern vergessen mir die Zähne zu putzen.

Ich schmierte etwas zuviel Zahnpasta auf die Bürste und schob sie mir dann in den Mund. Während ich die Bürste in meinem Mund hin und her schob sah ich in den Spiegel. Je länger ich in ihn sah, desto mehr musste ich an diesen Traum oder was auch immer es war, denken, denn ich hatte bevor ich damals auf dieses Jungs losgegangen sein musste. Mein mehr oder weniger eigenes selbst im Spiegel, dieses laute klirren und knacken in meinen Ohren, der Spiegel, der unter enormen druck zerbarst. Ich konnte noch in meinem Brustkorb spüren, wie meine Lungen verzweifelt nach Luft schnappten. Es hat sich angefühlt als würde ich in einem Meer von Blut ersticken.

Was mich aber am meisten in diesem Moment beschäftigte, war das letzte was ich gesehen hatte bevor ich aufgewacht war. Dieser Schatten im Spiegel, der seine, sagen wir mal, Arme um mein Spiegelselbst gelegt hatte und sie so dazu gebracht hatte nicht mehr gegen den Spiegel zu schlagen. Er hatte den Spiegel wieder zusammengefügt und das Klirren in meinen Ohren gestoppt. Es war irgendwie eigenartig das mit an zusehen. Ich konnte es damals nicht so recht beschreiben, doch irgendwie wirkte es nicht so als müsste der Schatten sie zurück halten. Es hatte etwas von einer Umarmung an sich. Etwas sehr vertrautes und intimes. 
Ein hohes Geräusch riss mich aus meinen Gedanken.
Noch mit der Zahnbürste im Mund drehte ich mich herum und lehnte meinen Kopf ein Stück aus der Tür. Was ich nun sah war meine Mutter, die langsam und vorsichtig hinter sich die Tür schloss.

„Mama,... was willst du?" Es war gar nicht so leicht mit der Zahnbürste im Mund zu sprechen, weshalb die Worte auch etwas verwaschen klangen. Es reichte aber dennoch um meine Mutter nervös zusammen zucken zu lassen. Mit etwas erschreckten Blick sah sie mich an. Was ist denn los?

Ähm...Guten Morgen mein Schatz. Hast du auch gut geschlafen." Sie versuchte zwar möglichst normal zu klingen und schien auch versuchen den letzten Abend auszublenden. Das würde aber nicht funktionieren. Die Worte, die an jenem Abend gefallen waren sollten sich später noch als Bruchstelle herausstellen.

„Es geht...Willst du irgendwas von mir?" Sie ließ ihre Maske etwas fallen und ein etwas besorgtes Gesicht trat zum Vorschein
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„Schatz, ich..:" Sie seufzte und senkte den Blick, nun erkannte ich erst die dunklen Ringe, die sich unter ihren Augen gebildet hatten. Sie hat wohl auch nicht sehr gut geschlafen.

Schnell ging ich ins Badezimmer und spuckte die Suppe aus Zahnpasta und Speichel, die sich inzwischen in meinen Mund gesammelt hatte, in das Waschbecken. Die Zahnbürste ließ ich am Rand liegen.
Mit bedachten Schritten ging ich dann wieder aus dem Badezimmer. Meine Mutter sah aus dem Fenster und schien über etwas nachzudenken. Niemand von uns sprach ein Wort. Die Stille war in diesem Moment wirklich erdrückend.

„Schatz, ich wollte mit dir noch einmal reden. Ich glaube Gestern wurde noch nicht alles gesagt." Ich konnte die Betroffenheit in ihren Augen sehen, dennoch keimte bei dem Gedanken an Gestern wieder etwas Wut in mir auf.

„Ihr habt euren Standpunkt ziemlich klar gemacht." Meine Stimme klang nun mehr frostig, als wütend.

„Ach Schatz, du verstehst das nicht." Sie wirkte sichtlich verzweifelt.
„Doch, ich glaube ich habe es sehr gut verstanden." Was tust du da! Du wolltest doch alles klären und die Wogen zwischen euch wieder glätten.

„Schatz, ich glaube dir ist nicht klar auf was du dich mit dieser Entscheidung einlässt. Sie wird deine ganze Zukunft bestimmen!" Und wie sie damals mit dieser Aussage recht gehabt hatte, doch das war mir egal gewesen.

„Nein Mama, ich glaube du weißt nicht was du von mir verlangst. Du verstehst nicht wieviel mir dieses Kind bedeutet." Sie wendete ihren Blick kurz ab, bevor sie mich wieder mit glitzernden Augen ansah.

„Doch. Glaub mir doch mein Schatz. Ich verstehe genau wie du dich jetzt fühlen musst, doch es ist das Beste für dich. Ein Kind bedeutet so viel Verantwortung und auch so viel Verzicht und du bist doch selbst noch ein halbes Kind. Ich will doch nur nicht, dass du an dieser Entscheidung zerbrichst." Ich konnte sehen wie sehr sie es schmerzte mit mir zu reden und das sie kurz davor war wieder zu weinen, doch sie musst einfach meinen Standpunkt verstehen.

„Nein Mama. Hör mir jetzt mal zu. Ich kann dieses Kind einfach nicht abtreiben, nicht nach alle dem, was du mit Georg erleiden musstest. Ich habe nur solche Angst davor, dass ich es mein Leben lang bereuen werde dieses Kind nicht auf die Welt gebracht zu haben. Das es mich von innen heraus auffrisst und ich daran zugrund gehe." Ich konnte spüren, wie sich nun auch Tränen in meinen Augen sammelten. So gut es ging versuchte ich sie zurück zu halten.

„Außerdem ist dieses Kind das Ergebnis einer Zeit und die Erinnerung an eine Person, die ich nicht verlieren möchte." Der Beweis dafür, dass ich mir alles nicht nur eingebildet habe. Dass all die Gefühle, die Worte und die Geschehnisse echt waren und es immer noch etwas schönes in meinem Leben gab. Das kann ich einfach nicht verlieren.

„Ach Schatz...Ich..." Sie schloss die Augen, doch sie konnte nicht mehr verhindern, dass sich eine Träne ihre Weg über ihre Wange bahnte. Sie seufzte erneut verzweifelt auf und ließ sich langsam auf die Ecke meines Bettes sinken. Ich hatte sie noch nie so gesehen und ich wollte es auch nie mehr. Sie sah so verletzlich aus. So zerbrechlich. So zerstört. 

„Glaub mir doch, es fällt mir wirklich nicht leicht...Doch es ist einfach so schwer...Ich kann doch nicht zulassen, dass du dir dein Leben komplett verbaust. Du sollst doch alle Möglichkeiten haben. Ich bin deine Mutter. Es ist meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass es dir gut geht und du bereit bist für dein Leben. So dass du dich richtigen Entscheidungen treffen kannst." Ihren Kopf hatte sie in ihre Hände gelegt, dennoch konnte sie nicht komplett die Tränen verbergen.

„Habe ich den so versagt. Habe ich etwas falsch gemacht. Eigentlich solltest du jetzt mit deinen Freunden über die Uni reden und welche Kurze ihr belegen wollt. Du solltest dich mit Jungs treffen und am Wochenende weggehen und nicht über einen Schwangerschaftsabbruch nachdenken müssen. Ich wollte nie, dass dir so etwas passiert. Es tut mir so schrecklich Leid." Erst jetzt begann ich zu realisieren was hier eigentlich los war. An alledem gab sie meine Mutter selbst die Schuld. Sie meinte sie trage die alleinige Verantwortung für alles was passiert war. Das war allerdings völlig unmöglich. Nie hätte sie voraussehen können, was noch auf mich zukommen sollte und sie hätte es selbst dann nicht mehr verhindern können. Ich hatte eine Entscheidung getroffen und es lag nun an mir die Folgen zu tragen und nicht an ihr.

Langsam ging ich näher auf meine Mutter zu und setzte mich neben sie. Sie hob daraufhin langsam den Kopf und sah mich durch rote, verweinte Augen an. Ich lehnte mich daraufhin langsam nach vorne und schloss meine Arme um den zitternden Körper meiner Mutter.

„Du brauchst dir keine Schuld zu geben. Du hast nichts damit zu tuen. All das war meine Entscheidung und es ist auch okay so. Es liegt nicht an dir, diese Verantwortung zu tragen." Ich drückte meinen Kopf in ihre Halsbeuge, da ich nun auch begann zu weinen. Meine Stimme begann zu beben, als ich die nächsten Worte aussprach:

„Es tut mir leid Mama, aber ich kann dieses Kind nicht abtreiben. Bitte verlang das nicht von mir." Ich spürte, wie meine Mutter ebenfalls langsam ihre Arme um meinen Oberkörper legte. Sie drückte mich fester an sich und wir weinten für ein paar Minuten gemeinsam. Mein Mutter schien sich auch mehr und mehr zu entspannen und zu befreien, je mehr sie weinte. Bei mir war das allerdings anders, denn mir war nun klar geworden, dass ich für meine Mutter nun stark sein sollte. Sie sollte nicht mehr das Gefühl haben, dass sie versagt hatte. Nie wieder wollte ich sie so leiden sehen. Von nun an muss ich damit fertig werden.  

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