unangenehme Fragen

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Bei dieser Frage begann es in meinem Kopf zu rattern. Soll ich erzählen wie es wirklich war. Schlimmes kann ja eigentlich eh nicht dabei rauskommen, oder?

„Ähm...ich...nun der Schularzt hat mich darauf aufmerksam gemacht, zumindest so indirekt. Vor ein paar Wochen litt ich sehr stark an Übelkeit und als das nach einer Weile immer noch nicht so recht verschwinden wollte besuchte ich den Schularzt und der hat dann so einen Verdacht geäußert. Kurz darauf machte ich dann einen Test." Während ich sprach sah mich die Ärztin die ganze Zeit aufmerksam an. Wieso die das wohl wissen will.

Auch meine Mutter hörte ganz genau zu.

„Okay und wie lange hat nun schon deine Regel ausgesetzt?" Wenn ich ehrlich bin, dann war mir die Frage etwas unangenehm, vor alllem, da meine Mutter im selben Raum saß. Wir sprachen eigentlich nie über so etwas, selbst aufgeklährt wurde ich ausschließlich durch den Unterricht. Meine Eltern hatten dazu nie etwas beigetragen. Sie schienen eher zu versuchen die Tatsache zu ignorieren, dass ich nun in dem Alter war wo Sex eigentlich etwas ganz normales war. In ihren Augen war ich wohl trotz allem immer noch ein kleines Kind. 

„Ähm...ich weiß nicht so genau, vielleicht etwas mehr als eine Woche. Ich verfolge das eigentlich nie so wirklich." 

„Hast du sie sonst regelmäßig?" Ich nickte. Sie begann sich einige Sachen zu notieren.

„Hast du regelmäßig Sex?" Ohhhh Gott, wieso muss sie mich das vor meiner Mutter fragen.

Aus Scham senkte ich etwas den Kopf und schüttelte nur eilig den Kopf. 

„Warst du zuvor noch Jungfrau gewesen?" Sie stellte alle ihre Fragen komplett Seriös und ohne besonderes Interesse in der Stimme. Sie schien die Fragen anscheinend nicht selten zu stellen. Und was willst du nun antworten. Rein technisch bist du keine Jungfrau mehr.

Sex war eigentlich nie etwas gewesen, das mich besonders interessiert oder fasziniert hatte. Erstrecht nicht nach der Party damals. Eigentlich ist es mir eh ein Rätsel, warum ich mich damals so einfach darauf eingelassen hatte. 

Stimmt doch gar nicht! Du weist doch noch genau wieso du dich darauf eingelassen hast. Du warst mindestens genau so gierig wie er auf mehr. Kannst du dich den nicht mehr erinnern wie deine Lippen gebrannt hatten, als ihr euch zum ersten Mal geküsst habt.

Bei der Erinnerung an unseren ersten gemeinsamen Kuss fasste ich mir wieder kurz an die Lippen. Ich konnte mich sehr gut an die Gefühle erinnern, dennoch wusste ich nicht, was ich in dem Moment antworten sollte. Wenn ich es bestätigen würde, dann wäre ich für alle das dumme Mädchen, dass sich bei ihrem ersten Mal direkt hatte schwängern lassen. Allerdings, wenn ich sagen würde es wäre nicht so gewesen, hatte ich keine Ahnung, wie meine Mutter darauf reagieren würde. Keine Ahnung ob sie je auf den Gedanken kommen würde, dass ich schon einmal Sex hatte.

„Nein, allerdings hatte ich davor erst einmal Sex gehabt." Der Satz klingt einfach so falsch, da das damals nicht wirklich Sex war. Diese Typen hatten mich vergewaltigt und nichts anderes. Mein Mutter kann ich das allerdings unmöglich sagen.

„Und wie sieht da mit einem Freund aus? Bist du im Moment in einer festen Beziehung." Da war sie wieder diese Frage, auf die ich keine Antwort hatte. Die Zeit mit ihm war zwar wirklich schön und eventuell hätte sich so etwas wie eine Beziehung daraus entwickelt. Alles war allerdings viel zu schnell vorbei, als das ich ihn nun wirklich als Freund bezeichnen könnte. Wir haben auch nicht wirklich Kontakt...

„Es ist etwas kompliziert." Wieder begann die Ärztin sich etwas aufzuschreiben. Meine Mutter war in der zwischen Zeit zu einer Salzsäule erstarrt. Ihr ist das wahrscheinlich genau so unangenehm wie mir.

Sie sagte allerdings während dem ganzen Gespräch kein Wort.

„Du weist wer der Vater des Kindes ist?" Ich nickte. Sie machte sie noch ein paar letzte Notizen und blickte noch einmal auf den Bildschirm vor ihr, auf dem sie wahrscheinlich gerade in meine Krankengeschichte las
.
„Nun gut. Ich denke das wars dann erstmal und wir fangen mal mit der Untersuchung an." Ich nickte wieder und zusammen mit der Ärztin verließen wir den Raum. Wir gingen zu einer Tür, die gegenüber von ihrem Büro lag.
Bevor wir allerdings rein gingen, bat sie meine Mutter doch draußen zu warten. Sie meinte es wäre mir dann vielleicht nicht gar so unangenehm. Meine Mutter fragte mich noch, ob das für mich in Ordnung sei, dann verließ sie uns. Auch wenn ich eigentlich zugestimmt hatte, so war der Gedanken, ganz alleine mit einer fremden Frau zu sein doch etwas befremdlich. 
Die Ärztin öffnete die Tür und ließ mir den Vortritt. Vorsichtig trat ich in den ebenfalls weißen und sehr sterilen Raum. Das kann ja nur lustig werden.

Kurze Zeit später lag ich auch schon wie ein Versuchskaninchen auf einem dieser typischen Frauenarztpraxis Stühlen. Es war irgendwie unangenehm hier so zu liegen. Die ganze Zeit beschlich mich das Gefühl, dass ich hier gleich auseinander genommen werde und Seziert wie ein Frosch. Mir kam aber auch für einen Moment Alien wieder in den Sinn. Vielleicht reißt es meinen Bauch ebenfalls bald so auf und ein kleines blutiges Alien schlängelt sich aus meinem zuckenden Körper. Ich wäre in geraumer Zeit tot und das Alien würde heranwachsen und die gesamte Nachbarschaft langsam aber sicher auf Null reduzieren. Wäre Lustig, wenn es so tanzen würde wie in Spaceballs.

Keine Ahnung, wie lange es dauerte, da ich in diesem komischen Stuhl so ziemlich jedes Zeitgefühl verlor. Ich war allerdings wahnsinnig erleichtert, als es vorbei war. Die Ärztin hatte ein paar Abstriche gemacht und was weiß ich noch.

Zusammen mit meiner Mutter machten wir dann einen neuen Termin aus. Ich musste nun regelmäßig vorbei schauen, damit sie den verlauf der Schwangerschaft mitverfolgen konnte. Wahrscheinlich hat sie von der Vorgeschichte meiner Mutter erfahren.
Wir beschlossen auch das nächste mal bereits das erste Ultraschall zu machen, weshalb der Termin etwas später angesetzt wurde. 

Ich konnte spüren, wie sich mein ganzer Körper entspannte, als ich endlich wieder im Auto saß und wir uns immer mehr von der Praxis entfernten. Keine Ahnung, wie ich die nächsten Termine überstehen soll.

Bei meiner Mutter konnte ich ebenfalls eine deutliche Verbesserung feststellen. Auch sie schien sich mehr zu entspannen.
 Etwas erschöpft ließ ich mich tiefer in den Sitz fallen und meinen Kopf gegen die Fensterscheibe sinken. Ich schloss die Augen. Der Tag hatte stark an meinen Nerven gezerrt und ich hatte auch noch etwas Schlaf von der letzten Nacht nachzuholen. 
So richtig zur ruhe kommen konnte ich allerdings ,während der Fahrt nach Hause, trotzdem nicht. Zuviel schwirrte mir immer noch durch den Kopf.
Die Frauenärztin hatte mich ebenfalls, wie so viele in den letzten Tagen, über die Möglichkeit einer Abtreibung angesprochen. Sie hatte mich auch versucht etwas emotional darauf vorzubereiten, was in den nächsten Wochen und Monaten auf mich zu kommen würde. Wie allen anderen hatte ich auch ihr gesagt, dass ich diesen Kind unbedingt auf die Welt bringen wollte. Als ihr das gesagt hatte, da hatte sie begonnen zu lächeln und schien etwas in ihren Gedanken abzuschweifen. Einwenig wie der Schularzt.

Die Landschaft zog an uns vorbei und als meine Gedanken so um meine Schwangerschaft herumstreiften, kam mir wieder dieses Pärchen in den Sinn, dass im Wartezimmer mir gegenüber gesessen hatte. Als wir uns auf den Heimweg gemacht hatten waren sie gerade aufgerufen geworden. Ich hatte sie zwar nur aus dem Augenwinkel beobachtet, dennoch war mir nicht entgangen, wie sorgsam der Mann mit seiner schwangeren Freundin umgegangen war. Er hatte sich kaum aus dem Augen gelassen und auch während die Beiden noch saßen die ganze Zeit ihre Hand gehalten und hin und wieder über ihren Babybauch gestrichen. Ihr mir waren in diesem Moment eigenartige Gefühle aufgestiegen. Ich begann mich zu fragen, wie Gabriel wohl reagieren würde, wenn er erfahren würde, dass ich schwanger bin. Würde er sich vielleicht freuen? Andererseits freut sich wohl kaum ein Teenager, wenn er von einer Schwangerschaft erfährt, egal welche von den Seiten er in diesem Moment einnimmt. Vielleicht hätte er mich sogar verachtet oder mich gezwungen das Kind abzutreiben. 
Bei dem Gedanken setze mein Herz kurz aus. Wäre das wirklich möglich gewesen. Hätte er mich wirklich dazu gezwungen? Nein, niemals das hätte er nie getan. Er ist nicht so einer. Er ist anders. Er versteht mich. Niemals würde er...
.
Bist du dir da so sicher?

Ich hielt in meinem Gedankenstrom inne. Diese Stimme kam mir bekannt vor, auch wenn ich sie jetzt länger Zeit nicht mehr gehört hatte. Sie gehörte zu dem, sich wandelten Spiegelbild, meiner Selbst. 

Woher weißt du, dass er dich nicht dazu gezwungen hätte. Du kennst ihn doch viel zu wenig, um so viel bereits über ihn zu wissen.

Nein, er hätte das nie getan!

Sei da mal nicht so sicher. Hat deine Mutter dich nicht auch dazu nötigen wollen und das obwohl sie schon Kinder verloren hat. Wäre sie nicht auch die letzte gewesen, von der du das erwartet hättest. Hättest du nicht erwarten, dass sie dich unterstützt, dass sie dich versteht? Hat sie dich nicht auch enttäuscht? Woher willst du wissen, dass der das nicht auch getan hätte.

Ich wusste das die Stimme sehr wohl recht hatte. In Gabriel hätte ich mich genauso täuschen können wie in so vielen Menschen, die ich im laufe meines Lebens getroffen hatte. Was sollte bei ihm also anders sein? Warum sollte er mich nicht enttäuschen?
 
Auf diese Frage sollte ich zunächst noch keine Antwort finden, da meine Mutter soeben in unsere Einfahrt einbog. 
Mit einer imaginären Gewitterwolke über meinem Kopf stieg ich aus dem Auto und schmiss die Tür nur wenig enthusiastisch zu. Meine Mutter schien meine zunehmend schlechte Laune allerdings nicht wirklich zu bemerken, zumindest äußerte sie sich nicht dazu. 

Pregnant Where stories live. Discover now