Erwachen II

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Ich zuckte zusammen. Der Körper vor mir begann sich langsam zu bewegen. Die Bewegungen waren noch etwas steif und taub, als hätte er sehr lange und tief geschlafen. Langsam hob sich sein Kopf und die Arme sanken von dem Schreibtisch. Ich konnte sein Gesicht immer noch nicht so recht erkennen, doch er schien wirklich sehr verschlafen. Seine Hände strichen sein Gesicht nach oben und die vielen losen Strähnen aus seinem Gesicht. Türkise Augen waren, dass erste das ich sah von seinem Gesicht. Ich wusste sofort wer da auf dem Tisch geschlafen hatte. 


„Du hast länger gebraucht, als ich gedacht hatte." Seine Haut war blass, doch wirkte etwas fahler, als sonst. Auch seine Augen schienen matt und erschöpft. Sein Körper steckte in einer schmalen, schwarzen Jogginghose und einem relativ eng ansitzenden schwarzen Leibchen. An seinen Armen schimmerten leichte beinahe nicht erkennbare Linien. Hätten sie mich nicht so an seiner Erscheinung gestört, dann hätte ich sie gar nicht bemerkt. Gabriel hatte sich in den Stuhl zurück sinken lassen und sah mich nun mit seitlich liegenden Kopf an. Sein Blick begann mich zu sondieren und schien nach etwas zu .
„Wie fühlt es sich an, seine Erinnerungen wieder zu haben?" Die Frage stellte er ernst und schien nicht zu viel Emotion in sie fließen zu lassen, doch ich so etwas wie Trauer heraus hören. Ich wich einen Schritt zurück, als ich begann darüber nachzudenken. 

„Ich bin verwirrt." Meine Stimme war leise und klang etwas unsicher, zudem kratzte meine Stimme an meinem Hals.

„Das wundert mich nicht." Er ließ den Kopf in den Nacken fallen und schloss für einen Moment wieder die Augen. Ich nahm mir währenddessen Zeit sein Gesicht ganz genau zu betrachten. Ich versuchte es mit meinen Erinnerungen abzugleichen. Irgendwie musste er einfach in das Bild passen. Ich wusste genau, dass er da gewesen war.
„Gabriel!"

Es war meine eigene kindliche Stimme und dieser leichte Geruch diesen wiederwertigen Blutes, der in meine Nase aufstieg, der weitere fetzten meiner Erinnerung herbei beschwor. 

Lus Körper wurde fest gegen den Stamm gepresst. Das Gesicht von Gabriel konnte ich nicht sehen, doch Lus Gesicht war etwas zu sehen, so dass ich sehen konnte wie sich sein Gesicht vor schmerz verzog. Ein schriller Schrei drang aus seiner Kehle. Mein Körper begann wie wild zu zittern.

„Du kannst sie auch sehen, oder? Diese Bilder, die mich wie Geister verfolgen." Gabriel hatte seine Augen wieder geöffnet. Er sah mich wieder an und in seinen Augen schienen sich noch mehr meiner Erinnerungen wieder zu spiegeln. 

Wie Tiere fielen sie übereinander her. Um mich herum wurde alle rot. Ein ekelhafter saurer Geruch wurde vom Wind zu mir getragen. Ich kannte diesen Geruch. Uriels Blut hatte an Lus Hand genau so gerochen. Mir wurde schlecht und ich drückte mir meine Hände fest gegen meinen Mund. Er tut Lu weh! Warum tut er ihm weh?! Er war doch immer so nett zu mir.

So gerne hätte ich geschrien, doch ich konnte meine Hände nicht von meinem Mund und Nase nehmen, sonst wäre ich vielleicht an diesem Gestank erstickt. Plötzlich spürte ich allerdings etwas hinter mir. Eine Hand legte sich von hinten an meinem Stirn und eine andere an meine Brust. Mit einem starken Ruck zog sich mich nach hinten. Ich schrie.

„Wahhh!" Gabriel war aufgestanden und hatte sich einen Schritt auf mich zu bewegt. Immer mehr blutige Szenerien begannen sich vor meinen Augen abzuspielen. Immer leicht überschatten von Gabriel Türkisen Augen. Ich kenne diese Augen. An jenem Abend hab ich das Verlangen in ihnen gesehen.

Wie ein verängstigtes Kind wich ich weiter zurück. Aus dem Jungen den ich als große Liebe angesehen hatte und dessen kleinere Ausgabe ich in meinem Körper um jeden Preis beschützen wollte, wurde mit einem mal zur Personifizierung meiner schlimmsten Albträume. Alles schlechte, böse und grausame in dieser Welt schien nur noch auf ihn zurück zu führen zu sein. Auf den Mann, der den Namen eines Engels trägt.

„In einer gewissen weise ist es wirklich töricht, oder etwa nicht?" Mein Körper begann zu zittern. Ich liebte diese Stimme immer noch, doch gleichzeitig machte sie mir nun angst.

„Als Engel betitle, doch am liebsten hätte ich ihn in meinen ewigen Flammen brennen lassen." Bei diesen Worten begann er zu lächeln. Schon allein der Gedanke daran schien ihn zu erfreuen, doch ich begriff in diesem Moment nicht einmal annähernd, was er da von sich gab. Zu sehr war ich noch von den unfertigen Erinnerungen geplagt. Ereignisse mischten sich in meinem Kopf und boten mir eine neue Realität.

„Du..." Ich konnte nicht glauben, wer nun vor mir stand. Der Mann hatte mir etwas genommen. Er hat mir jemanden genommen und ich hatte mich in dieses Monster verliebt. Ich trug in mir sogar sein Kind. 

„Du hast ihn umgebracht!" Erbarmungslos schrie ich ihm die Worte entgegen, ohne auch nur den Hauch einer Wahrheit zu kennen. Die Zeit und die Angst hatten mich blind gemacht und nun erkannte ich ihn nicht mal mehr, obwohl er direkt vor mir stand.

„Du hast deine Finger wie Klauen in seinen Körper geschlagen. Sein Herz hast du ihm aus der Brust gerissen und gefressen. Ich kann immer noch sehen, wie deine Zähne im schein der untergehenden Sonne aufblitzen." 

„Sag! Wen habe ich umgebracht!" Die letzten Worte schrie er. Sein Körper war angespannt und alles Matte war aus seinen Augen gewichen. Er kann sie ebenfalls sehen. Meine Erinnerungen.

„Lu! Du hast Lu umgebracht. Der Mann der mich tröstete, mich schützte, der sich die entgegen stellte. Für deinen Meister hast du ihn umgebracht! Eine willenlose Marionette, die an den Strängen des Puppenspielers hängt." Statt geschockt zu sein, über die Sachen, die ich ihm an den Kopf warf begann er nur zu lachen. Es war eine schrecklich entstellte Lache. So verzweifelt. 

„Los sag es! Ich weis, dass da noch viel mehr ist. Wirf mir all deinen Hass an den Kopf. LOS!" Ich achtete beinahe schon gar nicht mehr auf seine Worte, dennoch schienen sie mich unterbewusst zu beeinflussen.

„Nichts ist edel an dir! Du verdienst es nicht als Engel bezeichnet zu werden. Du bist der Teufel! Fahr zur Hölle, Gabriel!" Sein Lachen wurde lauter. 

Aber nur wenn ich dich mitnehmen kann, meine kleine Prinzessin." Mit einem mal kam alles in mir zum stillstand. Komplett paralysiert trat ich noch etwas zurück. Gabriels Stimme hatte sich verändert und zu einer gewandelt, die mir noch mehr angst machte. Obwohl sie im Endeffekt genau die Selbe war. 

„Nein...das kann nicht sein." Meine Stimme war nur noch ein Hauch.

Du hast es dir doch von mir gewünscht. Es war dein Wunsch alles zu erfahren. Ich sollte ehrlich zu dir sein."
Ich sah Gabriel tief in die Augen und konnte beobachten, wie seine Augen begannen wild zu funkeln. Der Nachthimmel und einzelne Sterne.

„Doch ich muss dich enttäuschen. Dein Hass gebührt nicht mir." Elender Lügner!

„Warum sollte ich dir glauben? Ich habe selbst gesehen, wie du ihn auseinander gerissen hast!" Er begann wieder so überheblich zu lächeln.

Das Stimmt. Ich habe einen Körper auseinander gerissen und ich habe es genossen. In dem selben Maße, wie ich es bereue. Allerdings war es nicht Lu der zerrissen wurde. Es war der Erzengel, den ich meine Finger in die Brust rammte." Seine Worte lagen schwer in der Luft. Ich wusste was dass nun hieß, doch ich wollte es einfach nicht. Es war mir viel lieber zu glauben, dass er alles schlechte war und mich einfach nur getäuscht hatte, doch ich konnte an diesem Glauben nicht länger fest hallten.

„Wieso sagst du mir das? Wenn du nicht Gabriel bist wer...." Weiter kam ich nicht, da sich in meinem Kopf alles langsam begann zusammen zu fügen. Gesichter aus meiner Erinnerung wurden klarer.

Kannst du es nun sehen? Erkennst mich nun endlich wieder, Prinzessin?" Nein..das kann nicht... das war nicht!

„Du lügst mich doch an!" Es klang viel verängstigter als beabsichtigt.

„Verschließ deine Augen nicht vor der Wahrheit." Er kam näher und ich stolperte weiter nach hinten.

„Du kannst unmöglich Lu sein. Du bist ein Monster! Deine Seele sollte im Höllenfeuer zu Asche verbrennen!" 

Du solltest lieber langsam beginnen dich zu erinnern, Prinzessin. Erinnere dich an meinen Namen und was du damals zu mir gesagt hast."
 
„Sollte ein kleines Mädchen wie du nicht lieber mit Puppen spielen." Es war die Stimme des Mannes von Gestern. Ich sprang von der Schaukel und sah nach oben. Er saß in den Ästen der Trauerweide und ließ ein Bein baumeln. Er trug eine schwarze Hose und ein schwarzes Shirt mit engen schwarzen Ärmeln und etwas tiefer sitzenden V-Ausschnitt. Seine silbernen, beinahe schon weißen Haare lagen sangt auf seinen Schultern. Die Spitzen wirkten wie vom Feuer angesengt. Sein Blick wirkte kalt, als er zu mir hinab sah.

„Warum lächelst du Mädchen?"

„War mir nicht sicher, ob du wieder kommst." Ich konnte das Lachen nicht so recht unterdrücken.

„Und deshalb lächelst du? Da bist du vielleicht die Einzige." Sein Blick wirkte schwer und er wand ihn ab von mir.

„Hast du auch keine Freunde?" Meine Worte schienen seine Aufmerksamkeit nicht zurück zu bringen. Er schien in seine Gedanken versunken.

„Mir sagen immer aller ich sei komisch. Ich wurde sogar schon zu einem Therapeuten geschickt." Ich spürte wie er mich langsam wieder begann anzusehen.

„Kinder sind irgendwie komisch, genauso wie Erwachsene. Ich verstehe sie nicht wirklich." 

„Da gibt es nicht viel zu verstehen. Menschen sind egoistische Wesen. Andere sind ihnen egal." Er begann sich etwas umzusetzen und mich nun genauer zu betrachten. 

„Dann bist du kein Mensch?" Überrascht zog er eine Augenbraue nach oben.

„Warum glaubst du das?" 

„Naja, weil du gesagt hast Menschen wären andere egal." Er schien immer noch nicht zu verstehen.

„Deshalb kannst du kein Mensch sein, sonst währst du jetzt nicht hier." 

„Du bist nicht ganz so dumm, wie man auf den ersten Blick glauben könnte." Ich nahm das einfach mal als Kompliment.

„Leider bist du schrecklich naiv." Sein Körper stieß sich von dem Baum ab und sein Körper sank auf den Boden. Nur knapp vor mir berührten sein Füße den Boden. Er glitt in die Hocke und sah mich an.

„Ich könnte genauso ein schrecklich böses Wesen sein, dass bemerkt hat, dass du schwach bist und dich nun verschlingen möchte." Komischer Mann.



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